Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 20.02.2004; Aktenzeichen 5 O 323/02) |
Nachgehend
Tenor
Der Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung wird zurückgewiesen.
Die Berufung des Beklagten gegen das am 20.2.2004 verkündete Urteil des LG Magdeburg (5 O 323/02) wird als unzulässig verworfen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 50.725,97 EUR festgesetzt (Klage: 8.180,67/Widerklage: 42.545,30 EUR).
Gründe
I. Das streitgegenständliche Urteil des LG Magdeburg wurde der Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 1.3.2004 zugestellt (Bl. 91 III). Mit am 1.4.2004 beim OLG eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag wurde gegen das Urteil Berufung eingelegt (Bl. 1 IV). Mit Schriftsatz vom 29.4.2004 hat der Beklagte beantragt, die Frist zur Berufungsbegründung bis zum 1.6.2004 zu verlängern (Bl. 13 IV). Diesem Antrag wurde mit Verfügung vom 30.4.2004 (Bl. 13R IV) entsprochen. Mit weiterem Schriftsatz vom 1.6.2004 (Bl. 17 IV) beantragte der Beklagte eine weitere Fristverlängerung bis zum 3.6.2004. Mit Verfügung vom selben Tag (der Beklagtenvertreterin per Fax übermittelt) wurde der Beklagtenvertreterin mitgeteilt, dass eine Verlängerung der Frist nicht beabsichtigt sei, weil der Antrag nicht von einem/einer beim OLG zugelassenen Rechtsanwalt/Rechtsanwältin gestellt worden sei (Bl. 18 IV). Gleichzeitig wurde dem Klägervertreter Gelegenheit gegeben, zum Fristverlängerungsantrag bis zum 2.6.2004 Stellung zu nehmen (Bl. 20 IV). Mit weiterem Schriftsatz vom 1.6.2004 stellte die Beklagtenvertreterin klar, dass sie beim OLG Naumburg zugelassen sei (Bl. 22 IV). Mit Schriftsatz vom 2.6.2004 erklärte der Klägervertreter, dass keine Einwilligung zum Fristverlängerungsantrag erteilt werde (Bl. 24 IV). Mit Verfügung vom 2.6.2004 wurde der Fristverlängerungsantrag vom 1.6.2004 unter Hinweis auf die fehlende Zustimmung des Klägers zurückgewiesen (Bl. 25 IV). Mit Schriftsatz vom 3.6.2004 stimmte der Klägervertreter nunmehr dem Fristverlängerungsantrag vom 1.6.2004 zu (Bl. 27 IV). Mit Eingangsdatum vom 3.6.2004 gelangte eine Berufungsbegründung zur Gerichtsakte (Bl. 30 ff. IV). Mit Verfügung vom 4.6.2004 wurde der Beklagtenvertreterin mitgeteilt, dass auch unter Berücksichtigung der mit Schriftsatz vom 3.6.2004 nunmehr erklärten Zustimmung des Klägervertreters nicht beabsichtigt sei, die Berufungsbegründungsfrist zu verlängern. Mit Schriftsatz vom 15.6.2004 hat der Beklagte beantragt, ihm Widereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu gewähren.
Zur Begründung führt die Beklagtenvertreterin (u.a.) aus: Das Vertrauen auf die Gewährung der beantragten Fristverlängerung wurde bestärkt durch die gängige Gerichtspraxis beim OLG Naumburg, auch ohne Zustimmung des Gegners bei Krankheit einer beantragten 2. Fristverlängerung stattzugeben, weil eine Arbeitsunfähigkeit sowieso einen Wiedereinsetzungsgrund bzgl. der versäumten Handlung begründet (Bl. 69 IV).
Der Kläger beantragt, den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurükzuweisen.
Der Kläger trägt vor, dass der Beklagte gem. § 520 Abs. 2 S. 2 ZPO vor Stellung des zweiten Fristverlängerungsantrages seine Zustimmung hätte einholen müssen.
II. Die Berufung ist gem. § 522 Abs. 1 S. 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Innerhalb der - erstmals - bis zum 1.6.2004 verlängerten Frist zur Berufungsbegründung ist keine Berufungsbegründungsschrift beim OLG eingegangen (§ 520 Abs. 1 S. 1, S. 3 ZPO).
Der Beklagte war nicht ohne Verschulden verhindert, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten (§ 233 ZPO). Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist damit zurückzuweisen. Ein Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten muss er sich zurechnen lassen (§ 85 ZPO). Das Verschulden der Prozessbevollmächtigten liegt darin, dass sie bereits keinen korrekten Antrag hinsichtlich der zweiten Fristverlängerung gestellt hat. Bei unterstelltem Verlängerungsgrund (Arbeitsunfähigkeit) konnte sie nur dann darauf vertrauen, dass dem Antrag stattgegeben wurde, wenn dieser mit der - zutreffenden - Erklärung verbunden war, dass der Gegner dem Antrag zustimmt. Eine Praxis des 9. Zivilsenats des OLG Naumburg, bei Arbeitsunfähigkeit die zweite Verlängerung auch ohne Zustimmung des Gegners zu bewilligen, gibt es nicht. Ein Vertrauenstatbestand zugunsten des Beklagten konnte ab dem 1.1.2002 nicht mehr bestehen (der Senat hat im Übrigen auch in der Zeit vor dem 1.1.2002 im Hinblick auf § 225 Abs. 3 ZPO den Gegner vor einer zweiten Verlängerung stets angehört). Nach der Einführung von § 520 Abs. 1 S. 2 u. 3 ZPO wäre eine solche Praxis rechtswidrig. Eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist, die über einen Monat hinaus geht, kommt ohne Einwilligung des Gegners schon von Gesetzes wegen nicht in Betracht (BGH NJW 2004, 1742; OLG Zweibrücken NJW 2003, 3210, 3211; Musielak/Ball ZPO, 4. Auf...