Leitsatz (amtlich)
Wenn auf mehreren Grundbuchblättern verschiedene Eigentümer desselben Grundstücks eingetragen sind (Doppelbuchung), kann sich ein vermeintlich gutgläubiger Erwerber nicht auf den Inhalt des Grundbuchs berufen, da für die sich widersprechenden Eintragungen die Vermutung des § 891 BGB in gleichem Umfang gilt. Dies hat zur Folge, dass sich die Vermutungen gegenseitig aufheben.
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird das Grundbuchamt angewiesen, den am 21. Februar 2003 unter lfd. Nr. 1 in Abteilung II des Grundbuchs von Sch. Blatt 520 eingetragenen Amtswiderspruch zu löschen.
Der Beschwerdewert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das Flurstück 94 (1894 m2 Gartenland) der Flur 3 in der Gemarkung Sch. war ursprünglich im Grundbuch von Sch. Blatt 90, Bestandsblatt 211, mit einem Eigentümer R. Fn. eingetragen. Es wurde 1962 auf das Bestandsblatt 241 in die Rechtsträgerschaft der LPG "V." Sch. für das Eigentum des Volkes laut Rechtsträgernachweis vom 14. Oktober 1961 übertragen. Später wurde das Flurstück aufgrund des Ersuchens des Rates des Kreises B. vom 19. Dezember 1980 auf das Grundbuch von Sch. Blatt 476 abgeschrieben. Dort wurden am 5. November 1982 J. F. und A. F. je zur Hälfte als Eigentümer eingetragen.
Im Zusammenhang mit der Übertragung der ursprünglich ebenfalls in das Grundbuch von Sch. Blatt 90, Bestandsblatt 211, eingetragenen Flurstücke 240 und 244 (aufgrund Ersuchens des Rates des Kreises B. vom 16. Oktober 1961) wurde das Flurstück 94 in 1962 mit auf das Grundbuch von Sch. Blatt 228 übertragen. Hier war O. L. als Eigentümer eingetragen. Dessen Erbin veräußerte die Flurstücke 240, 244 und 94 im Jahre 1994 an den Beteiligten zu 1). Im Anschluss wurden die drei Flurstücke am 1. März 1995 auf das Grundbuch von Sch. Blatt 520 übertragen, der Beteiligte zu 1) wurde zugleich als Eigentümer eingetragen.
Das Grundbuchamt teilte dem Beteiligten zu 1) mit Verfügung vom 11. November 1996 mit, dass es beabsichtige, im Grundbuch von Sch. Blatt 520 von Amts wegen einen Widerspruch wegen der Doppelbuchung des Flurstücks 94 einzutragen. Der Beteiligte zu 1) trat dem entgegen. Gleichwohl trug das Grundbuchamt am 21. Februar 2003 zu Gunsten der Eheleute F. einen Widerspruch bezüglich der Eigentümereintragung des Beteiligten zu 1) in Abteilung II unter lfd. Nr. 1 des Grundbuchs von Sch. Blatt 520 ein.
Mit Schriftsatz vom 20. September 2017 hat der Beteiligte zu 1) gegen die Eintragung eines Widerspruches bezüglich seiner Eigentümereintragung Beschwerde eingelegt und dies damit begründet, dass der Widerspruch entgegen § 899 Abs. 2 BGB weder aufgrund einer einstweiligen Verfügung noch aufgrund einer Bewilligung des eingetragenen Eigentümers eingetragen worden sei. Er sei auch nicht von Amts wegen eingetragen worden. Die Urkunden beinhalteten ebenfalls kein Ersuchen auf Eintragung eines Widerspruches.
Das Grundbuchamt hat den Antrag des Beteiligten zu 1) auf Löschung des Amtswiderspruches mit Beschluss vom 16. Oktober 2017 zurückgewiesen und das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass ein Amtswiderspruch aufgrund der Doppelbuchung eingetragen worden sei. Insofern lägen die Voraussetzungen für eine Löschung des Amtswiderspruches nicht vor.
II. Die Beschwerde ist nach §§ 71, 53 GBO als unbeschränkte Beschwerde mit dem Ziel der Löschung des Amtswiderspruchs zulässig und in der Sache auch begründet.
Die Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs im Grundbuch von Sch. Blatt 570 liegen nicht vor. Denn hierzu hätte das Grundbuch durch eine Eintragung unrichtig sein müssen, die das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen hat (z. B. Schöner/Stöber, Rdn. 395; OLG Frankfurt, Beschluss vom 18. März 2010, 20 W 360/09). Ferner muss sich dadurch die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs eröffnen.
Im vorliegenden Fall ist es zwar zu einer Doppelbuchung gekommen, weil das Flurstück 94 sowohl im Grundbuch von Sch. Blatt 476 (Eigentümer Eheleute F.) als auch im Grundbuch von Sch. Blatt 520 (Eigentümer der Beteiligte zu 1)) mit unterschiedlichen Eigentümern gebucht ist. Bei einer solchen widersprüchlichen Doppelbuchung ist ein gutgläubigen Erwerb aber faktisch ausgeschlossen (z. B. BGHZ 174, 61; Streck, in: Meikel, GBO, Rdn. 12 zu § 53 GBO). Denn wenn auf mehreren Grundbuchblättern - wie vorliegend - verschiedene Eigentümer desselben Grundstücks eingetragen sind, kann sich ein vermeintlich gutgläubiger Erwerber nicht auf den Inhalt des Grundbuchs berufen, da für die sich widersprechenden Eintragungen die Vermutung des § 891 BGB in gleichem Umfang gilt. Dies hat zur Folge, dass sich die Vermutungen gegenseitig aufheben (z. B. OLG Naumburg, ZfSch 2002, 275; Demharter, Rdn. 25 zu § 3 GBO).
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die bislang versäumte Beseitigung der fortbestehenden Doppelbuchung von Amts wegen in dem von § 38 GBV vorgeschriebenen Verfahren erfolgen muss. Auch wenn die wirkliche...