Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausländische Anrechte im Versorgungsausgleich
Leitsatz (amtlich)
Verfügt der ausgleichsberechtigte Ehegatte über Anrechte im Ausland muss das FamG von Amts wegen diese ermitteln und bewerten. Wird dies unterlassen, erhöht sich unzulässig der Ausgleichswert und der ausgleichspflichtige Ehegatte ist beschwert.
Die Bewertung der ausländischen Anwartschaft und ggf. die Berücksichtigung von ausländischen Rentenversicherungszeiten durch eine inländische Rentenversicherung hat grundsätzlich durch einen zu beauftragenden Sachverständigen zu erfolgen.
Normenkette
BGB §§ 1587, 1587a; FGG § 12; VAHRG § 11; ZPO § 621a
Verfahrensgang
AG Halle-Saalkreis (Beschluss vom 19.04.2005; Aktenzeichen 26 F 2110/99 S) |
Tenor
Der Beschluss des AG Halle/Saalkreis vom 19.4.2005 wird aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Ermittlung und Entscheidung an das FamG Halle/Saalkreis zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Rechtsmittels zu entscheiden hat.
Gründe
Das FamG Halle/Saalkreis hat durch Verbundurteil die Ehe geschieden und den Versorgungsausgleich abgetrennt. Mit Beschluss vom 19.4.2005 wurde der Versorgungsausgleich durchgeführt. Auf diesen Beschluss und seine Begründung nimmt der Senat Bezug.
Die Ehefrau hat durch ihre Prozessbevollmächtigte form- und fristgerecht Rechtsmittel nach § 621e ZPO eingelegt und dies damit begründet, dass der Ehemann eine Rente in Ungarn bezieht, die vom FamG nicht berücksichtigt worden sei.
Die zulässige Beschwerde ist begründet, insb. ist die Ehefrau durch die Entscheidung beschwert, denn durch die Nichtberücksichtigung von Anrechten auf der Seite des ausgleichsberechtigten Ehemannes erhöht sich der Ausgleichsbetrag (§ 1587a Abs. 1 BGB). Das ausländische Anrecht auf Seiten des Ausgleichsberechtigten ist zu ermitteln und zu bewerten. Dies auch dann, wenn die Ausgleichsrichtung dadurch nicht beeinträchtigt wird, da die Gesamthöhe des Ausgleichs beeinflusst wird.
Die in die Ehezeit fallenden Anwartschaften und Aussichten auf eine Versorgung muss das FamG nach §§ 621a ZPO, 12 FGG von Amts wegen ermitteln. Es besteht für die Parteien und die sonstigen Beteiligten eine Mitwirkungspflicht (§§ 1587e BGB., 11 VAHRG). In seiner persönlichen Auskunft hat der Ehemann zu ausländischen Anrechten keine Angaben gemacht (Bl. 8 ff. VA-SH). Die Ehefrau hat erstmals mit Schriftsatz vom 5.3.2002 (Bl. 38 d.A.) darauf hingewiesen, dass Anrechte in Ungarn bestehen. In dem weiteren Verfahren bis zur Entscheidung konnte die Rente in Ungarn der Höhe nach nicht festgestellt werden. Erstmals im Rechtsmittelverfahren hat der Ehemann, nachdem zur Aufklärung sein persönliches Erscheinen angeordnet worden war, Unterlagen über seinen Rentenbezug in Ungarn vorgelegt. Die Rente in Ungarn ist nicht geringfügig, denn nach den Berechnungen des Senates beläuft sie sich derzeit auf monatlich rd. 179 EUR. Auch erfolgte eine Nachzahlung i.H.v. über 6000 EUR.
Aus den dem Senat inzwischen vorliegenden Unterlagen und dem Versicherungsverlauf der deutschen Rentenversicherung ergibt sich nicht mit der notwendigen Konkretisierung, ob die ungarischen Zeiten voll oder nur teilweise in die Ehezeit fallen, welchen Einfluss die teilweise Berücksichtigung ausländischer Zeiten auf die Höhe der deutschen Rente hat und auch bezüglich der Höhe der ggf. in der Ehezeit in Ungarn erworbenen Rente, deren Höhe nicht aus dem reinen Zeitverhältnis bestimmt werden kann wenn man davon ausgeht, dass - vergleichbar dem deutschen Rentenrecht - die Höhe auch von der Beitragsleistung abhängig ist.
Da die ausländische Rentenzeit dem Grunde nach bekannt war, jedoch keine weiteren konkreten Ermittlungen diesbezüglich angestellt wurden, wird das FamG dies jetzt nachzuholen haben. Da das ungarische Rentenrecht dem deutschen Gericht nicht als bekannt vorausgesetzt werden kann ist es sicherlich erforderlich, einen Sachverständigen zu beauftragen, der sowohl den Ehezeitanteil der ungarischen Rente dem Grunde und der Höhe nach festzustellen hat als auch dem Gericht behilflich sein muss hinsichtlich der Entscheidung, ob die ungarische Rente in ihrer Dynamik mit der deutschen Rentenanwartschaft vergleichbar ist oder aber eine Bewertung mit Hilfe der BarwertVO erforderlich ist. Diese notwendigen Ermittlungen könnten entfallen, wenn die Parteien durch eine Vereinbarung nach § 1587o Abs. 2 BGB diese Beauftragung eines Sachverständigen gegenstandlos machen würden, wenn sie in der Vereinbarung die Höhe des Ausgleichs insgesamt unter Berücksichtigung ausländischer Anrechte zum Gegenstand ihrer Vereinbarung machen. Hierbei könnte in der Vereinbarung auch der Tatsache des beharrlichen Verschweigens der ausländischen Rente Rechnung getragen werden (§ 1587c BGB).
Fundstellen
Haufe-Index 1509239 |
FamRZ 2006, 1453 |
OLGR-Ost 2006, 614 |