Leitsatz (amtlich)

Die gerichtliche Geltendmachung von Gebührenansprüchen eines Patentanwalts auf Grund seiner Tätigkeit in Patentsachen ist zugleich eine Patentstreitigkeit i.S.v. § 143 Abs. 1 PatG.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Beschluss vom 11.06.2010; Aktenzeichen 7 O 47/10)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Magdeburg vom 11.6.2010 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

 

Gründe

I. Die Klägerin, eine Sozietät aus Rechtsanwälten und Patentanwälten, hat im vorliegenden Rechtsstreit gegen den Beklagten Ansprüche auf Honorar für diverse außergerichtliche patentanwaltliche Tätigkeiten geltend gemacht. Sie hat ihre Klage bei dem für Patentstreitigkeiten zuständigen Gericht eingereicht und sich wegen der Abweichung vom allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten auf § 143 Abs. 1 PatG i.V.m. VO v. 5.12.1995 (GVBl. LSA 1995, 360) gestützt. Sie hat die Mitwirkung eines Patentanwalts angezeigt. Der Beklagte hat den Anspruch - ohne Rüge der örtlichen oder sachlichen Zuständigkeit - anerkannt. Das LG hat am 11.3.2010 ein Anerkenntnisurteil in Höhe der Klageforderungen erlassen.

Auf Antrag der Klägerin hat die Rechtspflegerin durch Beschluss vom 11.6.2010 die vom Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten i.H.v. 2.889 EUR festgesetzt. Der Ausgleichsbetrag beinhaltet u.a. eine 1,3-fache Verfahrensgebühr nach § 143 Abs. 3 PatG i.V.m. §§ 2 und 13 RVG und Nr. 3100 RVG-VV zzgl. Auslagenpauschale nach Nr. 7002 RVG-VV sowie eine 1,2-fache Terminsgebühr nach § 143 Abs. 3 i.V.m. §§ 2 und 13 RVG und Nr. 3104 RVG-VV für die Mitwirkung eines Patentanwalts am Rechtsstreit. Die Kosten der Mitwirkung des Patentanwalts betragen insgesamt 1.335 EUR.

Gegen diesen, ihm am 17.6.2010 zugestellten Beschluss wendet sich der Beklagte mit seiner sofortigen Beschwerde vom 1.7.2010, soweit die Kosten des Patentanwalts für erstattungsfähig angesehen worden sind. Die Beschwerdeschrift ist vorab per Fax beim LG am 1.7.2010 eingegangen; beim OLG Naumburg mit einfacher Post am 2.7.2010. Der Beklagte meint, dass die Angelegenheit keine Patentstreitigkeit i.S.v. § 143 PatG sei. Daher sei § 143 Abs. 3 PatG, der die Erstattungsfähigkeit der Patentanwaltsgebühren unabhängig von der Notwendigkeit der Hinzuziehung des Patentanwalts anordne, hier nicht einschlägig. Die Hinzuziehung des Patentanwalts sei hier zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung von Honoraransprüchen nicht erforderlich gewesen.

Die Sache ist dem OLG Naumburg zur Entscheidung vorgelegt worden; eine Entscheidung im Abhilfeverfahren ist nicht ergangen.

II. Das Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde nach §§ 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zulässig, es ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Zur Wahrung der Beschwerdefrist genügte auch der Eingang der Beschwerdeschrift beim LG (§ 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die sofortige Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Der Senat kann in der Sache selbst bereits entscheiden. Zwar ist das Abhilfeverfahren noch nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Anhörung insbesondere der Klägerin im Abhilfeverfahren und die Übersendung der Akten an das OLG haben sich zeitlich überschnitten. Eine Rückgabe der Akten an das LG zur Nachholung der Entscheidung im Abhilfeverfahren ist zwar üblich, aber nicht erforderlich i. S. einer Verfahrensvoraussetzung für die Entscheidung des Senats (vgl. Heßler in Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 572 Rz. 4). Im vorliegenden Fall ist eine Abhilfe nicht zu erwarten, so dass dem Zweck der Prozessökonomie ausnahmsweise besser durch eine unmittelbare Entscheidung des Beschwerdegerichts Rechnung getragen wird.

Die gerichtliche Geltendmachung von Gebührenansprüchen eines Patentanwalts auf Grund seiner Tätigkeit in Patentsachen ist zugleich eine Patentstreitigkeit i.S.v. § 143 Abs. 1 PatG.

Allerdings ist es in Literatur und Rechtsprechung umstritten, ob eine solche Honorarklage vom Begriff der Patentstreitigkeit erfasst wird. Einigkeit besteht jedoch darüber, dass der Begriff der Patentstreitigkeit weit auszulegen ist (vgl. Kühnen in: Schulte, PatG, 7. Aufl. 2005, § 143 Rz. 8 m.w.N.; Rogge/Grabinski in: Benkard, PatG, 10. Aufl. 2006, § 143 Rz. 1). Anerkannt ist weiter, dass eine Patentstreitigkeit auch dann vorliegt, wenn sich ein selbst nicht patentrechtlicher Anspruch zumindest auf patentrechtliche Erwägungen stützt (vgl. Kühnen, a.a.O., § 143 Rz. 9). Denn auch in einer solchen Konstellation ist die Zuweisung der Angelegenheit an einen auf patentrechtliche Sachverhalte spezialisierten Spruchkörper sowie die Mitwirkung eines Patentanwaltes ohne erhöhte Kostenrisiken zweckdienlich.

Diese Voraussetzung ist bei Honoraransprüchen aus patentanwaltlicher Tätigkeit erfüllt (so auch Kühnen, a.a.O., § 143 Rz. 10, dort Ziff. 20; Anschluss an OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.12.1996 - 6 U 163/96, NJW-RR 1997, 1016 - hier zitiert nach juris, insb. Rz. 26). Gerade die vorliegende Angelegenheit zeig...

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