Leitsatz (amtlich)
Das Gericht kann sich gem. § 242 BGB nicht auf ein Erlöschen des Vergütungsanspruchs nach § 2 Satz 1 VBVG berufen, wenn es dem Berufsnachlasspfleger zur Einreichung des Vergütungsantrages zuvor eine Frist von drei Monaten nach Aufhebung der Nachlasspflegschaft eingeräumt hat.
Verfahrensgang
AG Halle (Saale) (Beschluss vom 13.02.2014; Aktenzeichen 40 VI 1493/11) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des AG Halle vom 13.2.2014 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 31.3.2014 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das AG Halle zurückverwiesen.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1. ist mit Beschluss des AG Halle - Nachlassgericht - vom 6.7.2011 zum berufsmäßigen Nachlasspfleger für die unbekannten Erben der am 13.7.2009 verstorbenen I. P. bestellt worden. Mit Schreiben vom 28.3.2013 hat er beantragt, seine Vergütung für den Zeitraum ab seiner Bestellung bis zum 26.3.2013 auf insgesamt 4.148,82 EUR festzusetzen. Mit Beschluss vom 13.2.2014 hat das AG ihm für den Zeitraum vom 2.1.2012 bis 27.3.2013 aus dem Nachlass einen Erstattungsanspruch i.H.v. 1.436,93 EUR zuerkannt. Zur Begründung der Ablehnung im Übrigen wurde ausgeführt, dass der Anspruch für die Zeit vom 8.7.2011 bis 1.1.2012 erloschen sei, weil er nicht binnen 15 Monaten nach seiner Entstehung beim Nachlassgericht geltend gemacht wurde. Einen notwendigen Antrag auf Fristverlängerung habe der Nachlasspfleger nicht gestellt.
Mit Beschluss vom 13.2.2014 hat das AG Halle die Nachlasspflegschaft aufgehoben, weil durch Beschluss des AG Halle vom 21.11.2013 das Erbrecht des Fiskus festgestellt worden ist.
Gegen den teilweise zurückweisenden Vergütungsbeschluss hat der Beteiligte zu 1. mit Schreiben vom 20.2.2014 - eingegangen beim AG am 24.2.2014 - Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass ihm das AG am 8.11.2011 die Frist zur Einreichung des Vergütungsantrages auf bis zu drei Monate nach Aufhebung der Nachlasspflegschaft verlängert habe.
Das AG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 31.3.2014 nur teilweise abgeholfen und die Vergütung des Beteiligten zu 1. auf nunmehr 1.506,34 EUR festgesetzt. Der weiter gehenden Beschwerde hat es nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung ist ausgeführt worden, dass im vorliegenden Fall die Frist zur Einreichung des Vergütungsantrages von Amts wegen und damit unzulässig verlängert worden sei, weshalb diese als gegenstandslos gewertet werden müsse.
II. Das nach §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG als befristete Beschwerde zulässige Rechtsmittel des Beteiligten zu 1. ist begründet.
Der Vergütungsanspruch ist nicht erloschen. Bei einem berufsmäßigen Nachlasspfleger richtet dieser sich nach den Regelungen der §§ 1915 Abs. 1 Satz 1 und 2, 1836 Abs. 1 Satz 2, 1836 Abs. 1 Satz 3 BGB i.V.m. den Vorschriften des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes (VBVG). Er erlischt nach § 2 Satz 1 Halbs. 1 VBVG, wenn er nicht binnen 15 Monaten nach seiner Entstehung bei Gericht geltend gemacht wird. Nach dem Inhalt und Zweck der Regelung handelt es sich dabei um eine Ausschlussfrist, deren Versäumung unmittelbar den Rechtsverlust zur Folge hat. Allerdings ist auch insoweit der sich aus § 242 BGB ergebende Grundsatz von Treu und Glauben anwendbar (z.B. OLG Frankfurt FamRZ 2002, 193). Danach kann die Berufung auf einen solchen Ausschluss wegen unzulässiger Rechtsausübung dann ausgeschlossen sein, wenn der Schuldner dem Gläubiger gerade durch sein Verhalten von der rechtzeitigen Geltendmachung seines Anspruchs abgehalten hat.
Diese Voraussetzungen liegen hier zweifelsfrei vor. Das Nachlassgericht hat mit Beschluss vom 8.11.2011 die Frist zur Einreichung des Vergütungsantrages auf bis zu drei Monaten nach Aufhebung der Nachlasspflegschaft verlängert. Innerhalb der verlängerten Frist hat der Beteiligte zu 1. seinen Vergütungsantrag eingereicht. Grundsätzlich ist das Nachlassgericht - entgegen der Annahme in dem Nichtabhilfebeschluss - auch berechtigt, die Frist des § 2 Satz 1 VBVG zu verlängern (z.B. OLG München FamRZ 2008, 1632; OLG Schleswig FGPrax 2006, 119). Durch diese Entscheidung hat es aber zumindest bei dem Beteiligten zu 1. zurechenbar einen Vertrauenstatbestand gesetzt, auf den er sich zu Recht berufen hat.
Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das AG zurückzuverweisen. Der Senat hat von einer Entscheidung in der Sache abgesehen, weil der Sachverhalt in dem erstinstanzlichen Verfahren bislang nicht hinreichend aufgeklärt worden ist und dem Beteiligten zu 1. eine Instanz genommen wäre, würde der Senat nunmehr erstmalig den Sachverhalt ermitteln, insbesondere erstmals Ermittlungen zur Angemessenheit der Vergütung durchführen wollte (z.B. BGH NJW 1982, 520). Es ist auch nicht Aufgabe des Beschwerdesenats, die insoweit notwendigen Ermittlungen zur Sachaufklärung im Rechtsmittelverfahren selbst vorzunehmen.
Eine Kostenentscheid...