Verfahrensgang
LG Stendal (Aktenzeichen 21 O 214/98) |
Tenor
Auf die sofortigen Beschwerden der Beklagten werden die Kostenfestsetzungsbeschlüsse des LG Stendal vom 21.3.2001 – 21 O 214/98 – teilweise dahin abgeändert, dass die auf Grund des Urteils des LG Stendal vom 8.11.2000 von den Klägern an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf jeweils 847,94 DM nebst jeweils 4 % Zinsen seit dem 20.11.2000 festgesetzt werden. Im Übrigen wird der Antrag der Kläger auf Kostenausgleichung abgewiesen.
Die weitergehenden Beschwerden werden zurückgewiesen.
Die von der Beklagten zu tragenden Gerichtskosten der Beschwerdeverfahren berechnen sich nach einem Wert von jeweils 54,30 DM; die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeverfahren tragen die Kläger jeweils zu 84 % und der Beklagte jeweils zu 16 %.
Wert der Beschwerde bzgl. der Klägerin zu 1) (13 W 213/01) und bzgl. des Klägers zu 2) (13 W 214/01): jeweils 329,30 DM
Gründe
Mit der Beschwerde wendet sich die Beklagte dagegen, dass das LG im Kostenfestsetzungsverfahren die von den Klägern geltend gemachten Kosten für einen Verkehrsanwalt i.H.v. insgesamt 2.195,30 DM einschließlich einer 3/10 Erhöhungsgebühr und Mehrwertsteuer als erstattungsfähige Kosten in Ansatz gebracht hat.
Die gem. §§ 104 Abs. 3, 567, 577 Abs. 1 und 2 ZPO, § 11 RPflG zulässigen sofortigen Beschwerden haben in der Sache weitgehend Erfolg. Das LG hat zu Unrecht neben den Gebühren des Hauptbevollmächtigten die Auslagen für den Verkehrsanwalt der Kläger als erstattungsfähig angesehen. Die durch die Inanspruchnahme des Verkehrsanwalts entstandenen Kosten muss die Beklagte lediglich i.H.d. (fiktiven) Kosten einer Informationsreise erstatten.
Nach der eindeutigen Regelung in § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO sind die Kosten mehrerer Anwälte, abgesehen von den in dieser Vorschrift genannten Ausnahmen, die hier nicht vorliegen, grundsätzlich nicht zu erstatten. Ausnahmsweise sind die Kosten eines Verkehrsanwalts nach § 91 Abs. 1 ZPO erstattungsfähig, wenn die Partei aus persönlichen Gründen außerstande war, ihren Hauptprozessbevollmächtigten persönlich oder schriftlich zu informieren oder wenn ihr diese Information nicht zugemutet werden konnte (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 91 Rz. 13 „Verkehrsanwalt” m.w.N.). Dafür ist hier nichts ersichtlich. Ebensowenig kann entgegen der Ansicht der Kläger die Unzumutbarkeit einer Informationsreise festgestellt werden. Soweit in der Rechtsprechung teilweise die Auffassung vertreten wird, ein Verkehrsanwalt dürfe mit der Folge der Erstattungsfähigkeit eingeschaltet werden, wenn die Entfernung zwischen Wohnort der Partei und dem Ort des Prozessgerichts bzw. des dort ansässigen Rechtsanwalts mehr als 40 km oder 50 km betrage, da dann mehr als ein halber Arbeitstag für die Information des Rechtsanwalts aufgewandt werden müsse (OLG Frankfurt v. 10.11.1999 – 1 WF 110/99, OLGReport Frankfurt 2000, 123; OLG Köln v. 3.11.1999 – 17 W 201/99, MDR 2000, 234), kann der Senat dem aufgrund der formalistischen und einschränkenden Betrachtungsweise nicht folgen; vielmehr ist die Entscheidung der Erstattungsfähigkeit in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, wie beispielsweise persönliche Eigenschaften und Fähigkeiten der Partei, Umfang und Dauer des Rechtsstreits, zu treffen. Auch ist zu beachten, dass die Partei unter mehreren zumutbaren und gleich sicheren Möglichkeiten aufgrund der allgemeinen Pflicht, die Kosten des Verfahrens möglichst gering zu halten, die voraussichtlich billigere wählen muss.
Entgegen der Ansicht des LG und der Kläger sind die Kosten des Verkehrsanwalts hier nicht deshalb erstattungsfähig, weil den Klägern mit Beschluss des LG vom 19.3.1999 im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren ein Verkehrsanwalt beigeordnet worden ist, denn diese Beiordnung entfaltet keine bindende Wirkung für die im Kostenfestsetzungsverfahren vorzunehmende Prüfung der Notwendigkeit der Kosten gem. § 91 Abs. 1 ZPO (vgl. OLG Koblenz v. 27.4.1998 – 14 W 282/98, MDR 1999, 444 f. = OLGReport Koblenz 1999, 144 m.w.N.; OLG Hamm Rpfleger 1983, 328; Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 91 Rz. 13 „Verkehrsanwalt” dort Ziff. 2 „Prozesskostenhilfe”; a.A. Baumbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 91 Rz. 247 „Prozesskostenhilfe” und OLG Nürnberg NJW-RR 1987, 1202 f.). Die Beiordnung gem. § 121 Abs. 4 ZPO hat für den beigeordneten Rechtsanwalt lediglich zur Folge, dass er seine Auslagen von der Staatskasse ersetzt verlangen kann, wobei auch hier gem. § 126 Abs. 1 BRAGO eine Prüfung hinsichtlich der Erforderlichkeit vorzunehmen ist. Keinesfalls betrifft die Beiordnung das Verhältnis zwischen den Parteien – mit der hier nicht entscheidungserheblichen Ausnahme in § 122 Abs. 2 ZPO – und insbesondere nicht die Notwendigkeit der zu erstattenden Kosten. Dies würde eine Umgehung der Vorschrift des § 91 ZPO bewirken, für die es keine gesetzliche Grundlage gibt und dem Kostenfestsetzungsverfahren zugleich die Selbständigkeit nehmen. Auch stünde einer Bindungswirkung des Beschlusses gem. § 121 ZPO der Wortlaut der Vorsch...