Leitsatz (amtlich)
Nach § 25 StVG kann das Gericht nur eine bestimmte Art von Kraftfahrzeugen von dem Fahrverbot ausnehmen. Eine Differenzierung nach Halter, hier Fahrzeuge der Bundeswehr, ist deshalb unzulässig.
Verfahrensgang
AG Bernburg (Entscheidung vom 28.09.2021; Aktenzeichen 5 OWi 402/21) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Bernburg vom 28. September 2021 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Bernburg hat den Betroffenen mit Urteil vom 28. September 2021 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 41 km/h zu einer Geldbuße von 320,00 € verurteilt. Gleichzeitig wurde ihm für die Dauer eines Monats verboten, Kraftfahrzeuge aller Art zu führen, wobei Fahrzeuge der Bundeswehr hiervon ausgenommen wurden. Das Fahrverbot sollte wirksam werden, sobald der Führerschein in amtliche Verwahrung gelangte, spätestens jedoch nach Ablauf von vier Monaten seit Rechtskraft des Urteils.
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Sachrüge erhebt und in der er das Verfahren beanstandet.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
II.
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist zulässig und hat zumindest vorläufig teilweise Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen sowie insoweit zur Zurückweisung der Sache an das Amtsgericht Bernburg.
Die Verfahrensrügen sind aus den Gründen der Zuschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom 8. Dezember 2021 bereits unzulässig.
Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen den Schuldspruch des angefochtenen Urteils richtet, ist sie offensichtlich unbegründet. Insoweit hat die Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben, §§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO. Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 41 km/h.
Demgegenüber kann der Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand haben.
Dass das Amtsgericht ein dem Regelfahrverbot entsprechendes Fahrverbot von einem Monat verhängt hat, ist vorliegend nicht zu beanstanden. Jedoch hat das Amtsgericht rechtsfehlerhaft Fahrzeuge der Bundeswehr hiervon ausgenommen.
Nach § 25 StVG, der insoweit mit § 44 StGB übereinstimmt, kann das Gericht nur eine bestimmte Art von Kraftfahrzeugen von dem Fahrverbot ausnehmen.
Der Begriff der Kraftfahrzeugart ist dabei nicht identisch mit der Fahrerlaubnisklasse. Zu einer "Fahrzeugart" im Sinne der hier interessierenden Bestimmungen gehören zunächst alle Fahrzeuge, auf die die Fahrerlaubnis gem. § 6 Abs. 1 S. 2 FeV beschränkt werden kann.
Daraus folgt, dass eine Fahrerlaubnisklasse mehrere "Kraftfahrzeugarten" umfassen kann. Verschiedene Kraftfahrzeugarten sind z.B. auch Lkws und Pkws, und zwar auch dann, wenn es sich um Fahrzeuge handelt, für die eine Fahrerlaubnis der Klasse B ausreicht. Denkbar ist es auch, dass alle Fahrzeuge einer bestimmten Fahrerlaubnisklasse als Kraftfahrzeugart von der Sperre ausgenommen werden. Eine Unterscheidung ist auch möglich danach, ob die Fahrzeugart überhaupt einer Fahrerlaubnis bedarf.
Eine weitere Differenzierung ist möglich nach dem Verwendungszweck, soweit dieser durch eine bestimmte Bauart bedingt ist.
Es ist hingegen unzulässig, eine Ausnahme nach Fabrikat, Fahrzweck, Halter, Benutzungszeit oder Benutzungsart eines Kraftfahrzeuges zu bestimmen oder ein bestimmtes Fahrzeug vom Fahrverbot auszunehmen (OLG Celle, Beschl. v. 11. Oktober 1995 (5 Ss (Owi) 182/95, DAR, 1996, 64 f.; Hentschel/König/Bauer StVG 46. Auflage § 69 a RdNr. 6; OLG Hamm, Urt. v. 10. Februar 1971, 4 Ss 1208/70 NJW 1971, 1193).
Der gegenteiligen Auffassung des AG Lüdinghausen (Urt. v. 8.4.2003 - 9 Ds 612 Js 7/03 - 45/03, NStZ-RR 2003, 248 = DAR 2003, 328 = BA 2004, 361), die ein Ausnahme für "dienstlich genutzte Fahrzeuge der Bundeswehr" als für zulässig erachtet, ist vereinzelt geblieben. Ihr folgt der Senat nicht.
Der Fehler bei der Verhängung des Fahrverbotes führt wegen der Wechselwirkung zwischen der Bemessung des Bußgeldes und dem Fahrverbot zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruches insgesamt und zur Zurückverweisung an das Amtsgericht.
Die Entscheidung über die Zurückverweisung folgt aus § 79 Abs. 6 OWiG.
Fundstellen
Haufe-Index 15139035 |
DAR 2022, 644 |
NJ 2022, 327 |
ZfS 2022, 412 |