Leitsatz (amtlich)
Ein Rechtsanwalt, dessen Zulassung im Laufe des Rechtsstreites erlischt (hier wegen Übernahme in den Staatsdienst), kann die bei ihm wegen der nachfolgenden neuerlichen Entstehung der Gebühren nutzlos angefallenen Gebühren nicht von seinem Mandanten verlangen (a.A. die herrschende Auffassung).
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Beschluss vom 20.08.2004; Aktenzeichen 5 O 432/02) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin vom 20.8.2004 abgeändert und ihr Antrag auf Kostenfestsetzung vom 23.9.2003 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Gründe
I. Die Parteien sind durch einen vor dem LG Halle geführten Rechtsstreit verbunden, in dem die zum damaligen Zeitpunkt noch als Rechtsanwältin tätige Klägerin einen ihr abgetretenen Anspruch auf Darlehensrückzahlung ggü. dem Beklagten geltend machte. Nach Einleitung des Mahnverfahrens im Juni 2002 erhob sie im September 2002 vor dem LG Klage auf Rückzahlung des Darlehens.
Im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.3.2003 wurde das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Mit einem beim LG eingehenden Schriftsatz vom 2.4.2003 bestellte sich für die Klägerin eine neue Prozessbevollmächtigte, da die Klägerin mit Wirkung zum 1.4.2003 in den Staatsdienst übergetreten war. Mit Teilanerkenntnis- und Endurteil vom 15.8.2003 gab das LG der Klage im Wesentlichen statt und legte die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten auf.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 23.9.2003 beantragte die Klägerin aus eigenem Liquidationsrecht die Festsetzung der bis zum 31.3.2003 angefallenen Rechtsanwaltsgebühren. Wegen des Inhaltes des Kostenfestsetzungsantrages wird auf Bl. 110 d.A. verwiesen. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20.8.2004 setzte die Rechtspflegerin die der Klägerin zu erstattenden Kosten auf 966,80 EUR fest.
Der Kostenfestsetzungsantrag wurde den Bevollmächtigten des Beklagten am 16.9.2004 zugestellt. Mit einem beim LG eingegangenen Schriftsatz vom 27.9.2004 haben sie gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20.8.2004 und gegen einen weiteren Kostenfestsetzungsbeschluss vom gleichen Tage, mit dem die Kosten des ab dem 2.4.2003 tätigen Bevollmächtigten festgesetzt worden waren, sofortige Beschwerde eingelegt und die Festsetzung doppelter Rechtsanwaltskosten beanstandet. Mit Beschl. v. 5.11.2004 hat die Rechtspflegerin den sofortigen Beschwerden nicht abgeholfen.
Die gegen den weiteren Kostenfestsetzungsbeschluss eingelegte Beschwerde hat der Beklagte zwischenzeitlich zurückgenommen.
II. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Halle vom 23.9.2004, über die gem. § 568 S. 1 ZPO der Einzelrichter zu befinden hat, weil die angefochtene Entscheidung von einer Rechtspflegerin erlassen wurde, ist zulässig (§§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 2, 569 Abs. 1 und 2 ZPO) und begründet.
Der Klägerin stehen für die Vertretung in dem Rechtsstreit vor dem LG nur die Kosten für die Einschaltung eines Rechtsanwaltes zu. Diese sind mit dem nicht mehr gegenständlichen Beschl. v. gleichen Tage vollumfänglich festgesetzt worden; weitere festsetzbare Kosten stehen der Klägerin nicht zu.
Nach § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO sind die durch die Inanspruchnahme mehrerer Anwälte entfallenden Kosten nur insoweit zu erstatten, "als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste". Der auf dem Veranlassungsprinzip (§ 22 Abs. 1 S. 1 GKG) und dem Unterliegensprinzip (§ 91 Abs. 1 S. 1 ZPO) beruhende Anspruch wird von der Rechtsprechung im Rahmen der Notwendigkeitsprüfung gleichwohl im Hinblick auf ein Verschulden bezüglich der Entstehung weiterer Kosten überprüft (Schneider, MDR 1981, 451; Lappe/von Eicken, Kostenfestsetzung, B 549; Mümmler, JurBüro 1983, 651; alle m.w.N.).
Zwar entspricht es derzeit, ausgehend von zwei Entscheidungen des Reichsgerichts (RGZ 33, 369) und des BGH (BGH NJW 1957, 1152), der weitgehend herrschenden Meinung, dass die Aufgabe der Zulassung grundsätzlich nicht zum Verlust des Vergütungsanspruches eines Rechtsanwaltes führen soll, wenn der Rechtsanwalt aus "achtenswerten Gründen" die Zulassung aufgibt (OLG Frankfurt v. 23.9.1985 - 2 W 200/85, Rpfleger 1986, 66; OLG Hamburg JurBüro 1993, 351; OLG Hamm v. 15.5.1996 - 23 W 62/96, NJW-RR 1996, 1343; OLG Koblenz v. 14.3.1991 - 14 W 116/91, BRAK 1992, 63 = MDR 1991, 1098; Gerold/Schmidt/Madert, BRAGO, § 13 Rz. 79; Zöller/Herget, ZPO, § 91 Rz. 13, "Anwaltswechsel"), da davon auszugehen sei, dass ein Rechtsanwalt den Auftrag regelmäßig nur für die Dauer seiner Zulassung bei dem betreffenden Gericht übernommen hat und er seinem Mandanten ggü. nicht verpflichtet sei, diese Stellung bis zum Ende des Prozesses beizubehalten. Eine Erstattungsfähigkeit wird von den Vertretern dieser Ansicht nur dann verneint, wenn der Rechtsanwalt - wofür vorliegend aber keine Anhaltspunkte bestehen - schon bei Übernahme des Mandats weiß, dass er in absehbarer Zeit seine Zulassung aufgeben wird (O...