Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Beschluss vom 18.11.1998; Aktenzeichen 14 O 186/98) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluß der 14. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 18.11.1998 abgeändert:
Die Kosten des Rechtsstreits – einschließlich der sofortigen Beschwerde – hat der Beklagte zu tragen.
Der Wert der Beschwerde beträgt 7.311,05 DM.
Gründe
Der Kläger hat den Beklagten mit Schriftsatz vom 07.08.1998 zunächst im Wege des Urkundenprozesses auf Räumung und Herausgabe von Gewerberäumen in Anspruch genommen. Am 11.11.1998 gab der Beklagte die gemieteten Räume an den Kläger heraus. Mit Schriftsatz vom selben Tage hat der Kläger vom Urkundenprozeß Abstand genommen und sodann den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt (Bl. 39 GA). Mit Schriftsatz vom 12.11.1998 hat sich der Beklagte der Erledigungserklärung angeschlossen (Bl. 41 GA). Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Landgericht die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei unzulässig, da im Urkundenprozeß nur ein Anspruch auf Zahlung oder die Leistung einer bestimmten Menge anderer vertretbaren Sachen oder Wertpapiere geltend gemacht werden könne, § 592 ZPO. Der Kläger habe mit Schriftsatz vom 11.11.1998 nicht mehr wirksam vom Urkundenprozeß Abstand nehmen können, da es sich bei der Abstandnahme um eine prozessuale Willenserklärung handele, die nur in der mündlichen Verhandlung abgegeben werden könne (Bl. 49 GA).
Gegen diesen Beschluß, der an die Parteien am 24.11.1998 formlos abgesandt worden ist (Bl. 46 Rs GA), hat der Kläger mit Schriftsatz vom 27.11.1998, der am 30.11.1998 beim Landgericht eingegangen ist, das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde eingelegt (Bl. 57 GA).
Nachdem der Beklagte Verfristung des Rechtsmittels gerügt hat, da die Beschwerdeschrift vom 27.11.1998 unter einem fehlerhaften Aktenzeichen und einer falschen Parteibezeichnung eingelegt worden ist, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 21.01.1999 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und erneut das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde eingelegt (Bl. 77 ff. GA).
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, sie ist insbesondere statthaft (§ 91 a Abs. 2 ZPO) sowie form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 569, 577 Abs. 2 ZPO.
Das Rechtsmittel ist spätestens mit Schriftsatz vom 21.01.1999, der am selben Tag beim Landgericht eingegangen ist (Bl. 77 GA), wirksam und fristgerecht eingelegt worden. Dies folgt daraus, daß der Beschluß vom 18.11.1998 den Parteien bis zu diesem Zeitpunkt nicht zugestellt, sondern lediglich formlos übersandt worden war (Bl. 46 Rs). Die Rechtsmittelfrist war deshalb zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirksam in Gang gesetzt worden. Ebenso wie bei der Berufung und Revision (§§ 516, 552 ZPO) beginnt die Frist des § 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur bei Zustellung eines mit Gründen versehenen Beschlusses zu laufen. Eine formlose Mitteilung des Beschlusses setzt die Notfrist nicht in Gang. Bei unterbliebener oder unwirksamer Zustellung beginnt die Frist in entsprechender Anwendung der §§ 516, 552 ZPO fünf Monate nach Verkündung bzw. Bekanntgabe (Baumbach/Lauterbach usw. – Albers, ZPO, 57. Aufl., § 577, Rn. 4; Münchener Kommentar – Braun, ZPO, § 577 Rn. 3 f.; Stein/Jonas-Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 577, Rn. 3.; Zöller-Gummer, ZPO, 21. Aufl., § 577, Rn. 9). Auch der Nachweis des tatsächlichen Zugangs des Beschlusses beim Rechtsmittelführer vermag die Frist nicht in Gang zu setzen, § 187 Satz 2 ZPO (Zöller-Stöber, ZPO, 21. Aufl., § 187, Rn. 9; Baumbach/ Lauterbach-Hartmann, ZPO, 57. Aufl., § 187, Rn. 15). Nachdem festzustellen war, daß die sofortige Beschwerde fristgerecht eingelegt ist, war über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht mehr zu entscheiden.
In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg. Erklären die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen (§ 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO). Diese Entscheidung führt vorliegend dazu, dem Beklagten die Kosten aufzuerlegen. Maßstab dabei ist, wer die Kosten hätte tragen müssen, wenn sich die Hauptsache nicht erledigt hätte (Stein-Jonas-Bork, ZPO, 21. Aufl., § 91 a Rn. 29; Münchener Kommentar – Lindacher, ZPO, § 91 a Rn. 43). Hiernach ist zu prüfen, ob die Klage Erfolg gehabt hätte, wäre das erledigende Ereignis, die Räumung, nicht eingetreten.
Entgegen der Ansicht des Landgerichts war die Klage zuletzt nicht unzulässig. Zwar hat der Kläger zunächst in unzulässiger Weise im Wege des Urkundenprozesses auf Räumung geklagt, § 592 ZPO. Er hat jedoch bei Abgabe seiner Erledigungserklärung wirksam vom Urkundenprozeß Abstand genommen, § 596 ZPO. Eine solche Erklärung, die Prozeßhandlung ist, bedarf zu ihrer Wirksamkeit nicht der Verlesung in einer mündlichen Verhandlung gemäß § 297 ZPO. Der Auffassung, die Abstandnahme könne außerhalb des schriftlichen Verfahrens (§ 128 Abs. 2 und 3 ZPO) oder des Verfahrens n...