Leitsatz (amtlich)
1. Dem Versicherungsmakler obliegt es, nach § 61 Abs. 1 VVG bei einer Maschinenversicherung u.a. einen auskömmlichen Versicherungswert zu ermitteln und den Versicherungsnehmer über die Bedeutung des jeweils gültigen Listenpreises in § A 5 Nr. 1 lit. a ABMG 2008 aufzuklären und auf die in diesem Zusammenhang bestehenden Risiken einer Unterversicherung hinzuweisen.
2. Der wegen eines Beratungsverschuldens in Anspruch genommene Versicherungsmakler kann sich nicht auf die Ausschlussklausel in § A 2 Nr. 5 lit. i ABMG 2008 berufen, wenn der Versicherer seine Entschädigungsleistung nur wegen einer bestehenden Unterversicherung gekürzt hat.
3. Für eine unberechtigt zu gering ausgefallene Versicherungsleistung hat der Versicherungsmakler hingegen nicht einzustehen.
4. Fehlt eine aussagekräftige Herstellerpreisliste oder bestehen für den Versicherungsnehmer zumindest besondere Schwierigkeiten an eine solche zu gelangen, erscheint zweifelhaft, ob die an dem jeweils gültigen Listenpreis anknüpfende Regelung in § A 5 Nr. 1 lit. a ABMG 2008 auch im Zusammenhang mit einer Unterversicherung die gebotene Transparenz aufweist und zudem ob ein Herstellerlistenpreis noch in einem ausgewogenem Verhältnis zum tatsächlichen Wert der versicherten Sache steht.
Verfahrensgang
LG Dessau-Roßlau (Urteil vom 22.03.2013; Aktenzeichen 2 O 197/12) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels - das Urteil des LG Dessau-Roßlau vom 22.3.2013 - 2 O 197/12, nebst dem zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben.
2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung an das LG Dessau-Roßlau zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten der Berufungsinstanz, zurückverwiesen.
3. Gerichtskosten für die Berufungsinstanz werden nicht erhoben.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte, eine Versicherungsmaklerin, nach Eintritt eines Versicherungsfalls am 25.11.2011 in der vermittelten, bei der Streithelferin abgeschlossenen Maschinenversicherung wegen eines Beratungsverschuldens auf Schadensersatz i.H.v. 33.664 EUR in Anspruch, um welchen Betrag die Versicherungsleistung infolge einer von der Beklagten zu vertretenden Unterversicherung um ca. 40 % gekürzt worden sei.
Der Kläger bestellte Anfang August 2010 (Anlage B 1 = Bl. 26/27 d.A.) bei der Z. Baugeräte GmbH in T. einen neuen Radlader der Marke N. nebst Zubehör für insgesamt 138.000 EUR netto, wovon 101.985 EUR auf den Radlader entfielen.
Anschließend wandte er sich an die Beklagte, die ihm durch ihren Mitarbeiter T. B. bei der Streithelferin eine Maschinen- und Kaskoversicherung für den erworbenen Radlader vermittelte, die im Versicherungsschein vom 15.10.2010 (Bl. 5 - 6 d.A.) u.a. mit den Angaben
Versicherungssumme 3/71: |
56.920 EUR |
Versicherungssumme aktuell: |
150.001 EUR |
Selbstbehalt Fix: |
1.000 EUR |
dokumentiert wurde.
Der Versicherungsschein enthält des Weiteren auf Seite 2 (= Bl. 5 Rs. d.A.) folgende
Besondere Vereinbarungen für die Maschinen- und Kaskoversicherung:
- Wichtiger Hinweis - zu § A5 ABE 2008, § A5 AMB 2008, § A5 ABMG 2008
Im Schadenfall kann eine Kürzung der Entschädigung erfolgen, wenn Unterversicherung vorliegt. Aus diesem Grund ist es erforderlich, dass die Versicherungssumme von Ihnen richtig ermittelt wird.
Maßgeblich für die Bildung der Versicherungssumme ist der jeweils gültige Listenpreis der versicherten Sachen im Neuzustand (Neuwert) zzgl. der Bezugskosten (z.B. Kosten für Verpackung, Fracht, Zölle, Montage). Rabatte und Preiszugeständnisse bleiben unberücksichtigt.
Bitte prüfen Sie, ob die im Maschinen-/Geräteverzeichnis dokumentierte Versicherungssumme (für jede Position) die oben genannten Voraussetzungen erfüllt. Ist die Versicherungssumme niedriger als der Versicherungswert (Abs. 2), so besteht
Unterversicherung gem. § A5 Nr. 3 ABE 2008, § A5 Nr. 3 AMB 2008, § A5 Nr. 3 ABMG 2008.
Die Entschädigungsberechnung ergibt sich dann aus § A7 Nr. 7 ABE 2008, § A7 Nr. 6 AMB 2008, § A7 Nr. 6 ABMG 2008.
In den ebenfalls Vertragsbestandteil gewordenen Allgemeinen Versicherungsbedingungen, den ABMG 2008 (Bl. 28 - 33 d.A.), finden sich namentlich folgende Regelungen:
§ A1 Versicherte und nicht versicherte Sachen
1. Versicherte Sachen
...
2. Zusätzlich versicherbare Sachen
Nur soweit im Versicherungsvertrag gesondert vereinbart, sind zusätzlich versichert Zusatzgeräte und Reserveteile.
3. Nicht versicherte Sachen
...
§ A2 Versicherte und nicht versicherte Gefahren und Schäden
1. Versicherte Gefahren und Schäden
Der Versicherer leistet Entschädigung für unvorhergesehen eintretende Beschädigungen oder Zerstörungen an versicherten Sachen (Sachschäden)...
2 ...
3 ...
4 ...
5. Nicht versicherte Gefahren und Schäden
Der Versicherer leistet ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen keine Entschädigung für Schäden
a)...
i) soweit für sie ein Dritter als Lieferant (Hersteller oder Händler), Werkunternehmer oder aus Reparaturauftrag einzutreten hat.
Bestreitet der Dritte seine Eintrittspflicht, so le...