Leitsatz (amtlich)
1. Es stellt im Hinblick auf die Vorschrift des § 585a BGB keinen Verstoß gegen die Schriftform des Landpachtvertrages dar, wenn der Pachtgegenstand durch Verweis auf die "Anlage 1" bestimmt und der Vertragsurkunde eine "Anlage zum Pachtvertrag" mit der Auflistung aller verpachteten Grundstücke beigeheftet wird.
2. Der Pachtpreis in einem Landpachtvertrag ist hinreichend bestimmbar, wenn er als Jahrespachtzins und differenziert zwischen Ackerland und Grünland jeweils in Euro je Bodenpunkt und Hektar angegeben wird; das gilt auch dann, wenn in der Auflistung der verpachteten Grundstücke lediglich die Nutzungsart und die Flächengröße, nicht aber die jeweiligen Bodenpunktzahlen angegeben sind. Die Ermittlung der Bodenpunktzahl eines Grundstücks ist objektiv möglich und bedarf keiner weiteren Willensbetätigung der Vertragsparteien.
Verfahrensgang
AG Wernigerode (Urteil vom 13.11.2019; Aktenzeichen 10 Lw 8/18) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.11.2019 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Wernigerode wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil des Senats und das o.a. Urteil sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
und beschlossen:
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf eine Gebührenstufe bis zu 65.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
A. Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Rückgabe von 41 landwirtschaftlich genutzten Flächen mit einer Gesamtgröße von 382,3708 Hektar in den Gemarkungen H. und B. zum 10.11.2020. Sie beruft sich insoweit auf die Wirksamkeit einer auf die Beendigung zu diesem Zeitpunkt gerichteten ordentlichen Kündigung des seinem Wortlaut nach bis zum 10.11.2033 befristeten Landpachtverhältnisses im Hinblick auf die Regelung des § 585a BGB.
Im Einzelnen:
Die Klägerin verpachtete an den Beklagten mit Landpachtvertrag vom 22.03.1991 u.a. die streitgegenständlichen Flächen mit einer Pachtdauer vom 11.11.1991 bis zum 10.11.2021. Im Pachtvertrag war eine beiderseitige Verlängerungsoption um jeweils 10 Jahre für den Fall der Nichtkündigung vorgesehen. Die Höhe des Pachtzinses wurde mit 2,00 DM je Bodenpunkt, Hektar und Jahr für Grünland und mit 4,00 DM je Bodenpunkt, Hektar und Jahr für Ackerland vereinbart. Der Vertrag enthielt eine Klausel über ein beiderseitiges Preisanpassungsrecht in Relation zu einem konkret definierten Indexwert.
Im Zuge der Währungsumstellung von DM auf Euro verhandelten die Parteien über eine Vertragsanpassung.
Am 19.12.2003 schlossen die Prozessparteien den streitgegenständlichen, sehr weitgehend am vorgeschilderten Vertragstext orientierten Landpachtvertrag. In § 1 Ziffer 1.1 wurde wegen des Pachtgegenstandes auf eine "Anlage Nr. 1" verwiesen; diese "Anlage Nr. 1" wurde in § 14 Ziffer 14.3 des Vertrages ausdrücklich als dessen Bestandteil bezeichnet. An die Vertragsurkunde wurde (als einzige Anlage) eine "Anlage zum Pachtvertrag" geklammert, welche in tabellarischer Form 51 Flurstücke der Gemarkungen H. und B. jeweils mit Lagebezeichnung, Größe und Nutzungsart mit einer Gesamtgröße von 397,8602 Hektar aufführte und von den Vertragsparteien unterschrieben worden war. In § 2 wurde die Laufzeit des Landpachtvertrages auf 30 Jahre befristet, beginnend ab dem 11.11.2003. Gleichzeitig vereinbarten die Parteien die Aufhebung des bisher zwischen ihnen bestehenden Landpachtverhältnisses. In § 3 wurde der Pachtzins, wie folgt, bestimmt:
"3.1 Der Pachtzins beträgt für Grünland EUR 1,05/ Bodenpunkt, Hektar und Jahr. Für Ackerland beträgt er EUR 2,10/ Bodenpunkt, Hektar und Jahr. ..."
Es folgen Regelungen zur Fälligkeit, zu Verzugszinsen und zu einer Beschränkung des Rechts zur Aufrechnung gegen die Pachtzinsforderung. Unter Ziffer 3.3 wurde ein beiderseitiges Recht auf Preisanpassung im Falle einer Mindeststeigerung eines konkret bezifferten Indexwertes verabredet; der Referenzwert wurde auf den "Pachtbeginn (Nov. 1991)" festgelegt. Der Landpachtvertrag enthielt in § 12 Regelungen zur Reduzierung der Pachtflächen wegen anderweitiger Nutzung durch die Klägerin und in § 14, dort unter Ziffer 14.1, die Vereinbarung, dass Änderungen und Ergänzungen des Vertrages der Schriftform bedürften und mündliche Abreden daneben keine Gültigkeit hätten, auch nicht mündliche Abreden über die Aufhebung des Schriftformerfordernisses. Der vorgenannte Landpachtvertrag wurde beim Landkreis registriert; Änderungsvereinbarungen wurden hierzu nicht angezeigt.
Der Beklagte zahlte den Pachtzins auf der Grundlage jährlicher Abrechnungen, wobei die Pachtzinsbeträge in den Jahren 2004 bis 2010 zwischen 64.848,01 EUR und 67.649,75 EUR auf und ab schwankten und der Pachtzins ab 2011 jeweils in Höhe von 64.000,71 EUR abg...