Leitsatz (amtlich)
1. Eine Teilidentität zwischen dem Verpächter und dem Veräußerer eines landwirtschaftlichen Grundstücks genügt im Hinblick auf den Bestand des Landpachtvertrages nicht für eine unmittelbare Anwendung der Grundsätze nach §§ 593b i.V.m. 566 Abs. 1 BGB; eine entsprechende Anwendung findet nur unter besonderen Voraussetzungen statt.
2. Der Pächter ist vor dem Herausgabeverlangen des neuen Eigentümers nach § 985 BGB auch dann nicht geschützt, wenn im Kaufvertrag auf das Landpachtverhältnis hingewiesen worden ist und der Erwerber gegenüber dem Veräußerer erklärt hat, dass er das Pachtverhältnis übernehmen werde.
Verfahrensgang
AG Halle (Saale) (Urteil vom 02.01.2020; Aktenzeichen 121 Lw 10/18) |
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das am 02.01.2020 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Halle (Saale) wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
III. Dieses Urteil und das in Ziffer I genannte Urteil des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Halle (Saale) sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
und beschlossen:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.849,75 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Der Kläger verlangt die Herausgabe eines landwirtschaftlichen Grundstücks, das er zu Eigentum erworben hat und das zuvor an den Beklagten verpachtet worden war.
Eigentümerin des streitgegenständlichen Grundstücks in N., eingetragen im Grundbuch von N., Blatt 989, und belegen in der Gemarkung N., Flur 1, Flurstück 38/5, war schon vor dem 02.07.2002 R. H..
Das Grundstück war bereits im Jahr 2001 an J. R. verpachtet. Mit Schreiben vom 09.07.2002 (Anl. B2, Bl. 57) forderte R. H. (noch unter ihrem damaligen Namen B.) J. R. auf, die noch offenen Pachtzahlungen für die Jahre 2001 und 2002 auf ein Konto von R. D. zu zahlen. Dabei nahm sie Bezug auf einen bestehenden Pachtvertrag zwischen einer Erbengemeinschaft, bestehend aus R. B., L. Dl. und R. D., und J. R..
Mit Pachtvertrag vom 15.03.2013 wurde das streitgegenständliche Grundstück von der genannten "Erbengemeinschaft D." an den Beklagten verpachtet. Der Pachtvertrag wurde auf Verpächterseite von allen drei Mitgliedern der Erbengemeinschaft unterschrieben. Die Pachtzahlungen sollten wiederum auf das bereits im Schreiben vom 09.07.2002 genannte Konto des R. D. gezahlt werden. Die Pachtzeit wurde auf 12 Jahre vom 01.10.2012 bis zum 30.09.2025 vereinbart. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Pachtvertrag (Anl. B1, Bl. 53 ff.) Bezug genommen.
Mit notariellem Grundstückskaufvertrag des Notars D. Bk. in H. vom 11.12.2017, UR Nr. 995/2017, Anlage K 1 (Bl. 10 ff.), verkaufte die Eigentümerin R. H. das Grundstück an den Kläger. In Ziff. V. des Vertrages heißt es unter anderem:
"Dem Käufer ist bekannt, dass das kaufgegenständliche Grundstück an G. R., A. Straße, L., verpachtet ist.
Die vorstehenden Daten des Pächters wurden der Kopie des dem Käufer vorliegenden und damit inhaltlich bekannten aktuellen Pachtvertrages entnommen.
Dieses Pachtverhältnis wird seinerseits übernommen, unbeschadet des Anspruches, diesen Pachtvertrag auf seine Rechtmäßigkeit - hier insbesondere dessen Laufzeit über 12 Jahre - überprüfen zu lassen.
Vorsorglich werden diesbezüglich eventuell der Verkäuferin noch zustehende Ansprüche an den dies annehmenden Käufer abgetreten.
Die Anzeige über den Wechsel in der Person des Verpächters nimmt er zum Übergabetermin vor."
Der Kläger wurde am 13.03.2018 als Eigentümer des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass zwischen dem Kläger und dem Beklagten kein wirksamer Pachtvertrag über das Grundstück Grundbuch von N., Blatt 989, Gemarkung N., Flur 1, Flurstück 38/5 besteht,
2. den Beklagten zur Räumung und Herausgabe des Grundstücks Grundbuch von N., Blatt 989, Gemarkung N., Flur 1, Flurstück 38/5 an den Kläger zu verurteilen,
3. den Beklagten zur Zahlung von 201,71 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu verurteilen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).
Mit Urteil vom 02.01.2020 hat das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - der Klage hinsichtlich des Räumungs- und Herausgabeanspruchs stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Gegen das ihm am 14.01.2020 zugestellte Urteil richtet sich die am 10.02.2020 eingelegte und sogleich begründete Berufung des Beklagten.
Der Beklagte meint, dass der Kläger in den Pachtvertrag gemäß § 566 Abs. 1 BGB eingetreten sei. Jedenfalls sei diese Vorschrift analog anzuwenden. Außerdem sei der Notarvertrag ein Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter, so dass sich der Beklagte darauf berufen könne, dass der Kläger sich von dem Pachtvertrag, den er ausweislich des Notarvertrages übernommen habe, ...