Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen für Leistungen aus einem Krankentagegeldversicherungsvertrag.
Verfahrensgang
LG Stendal (Urteil vom 01.11.2004; Aktenzeichen 21 O 184/03) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 1.11.2004 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Stendal wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Verzugszinsen erst ab dem 12.7.2003 zu zahlen sind.
II. Die Kosten des Berufungsrechtszuges hat die Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
und beschlossen:
IV. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 6.900 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Krankentagegeld für den Zeitraum vom 14.12.2002 (fälschlich in der Akte als vom 13.12.2002 beginnend bezeichnet) bis zum 30.4.2003 (138 Kalendertage) aus einem Krankenversicherungsvertrag, aus dem dem Kläger nach Ablauf einer Karenzzeit von 42 Tagen ein kalendertägliches Krankentagegeld i.H.v. 100 DM (51,13 EUR) zustand. Bis zum 13.12.2002 einschließlich zahlte die Beklagte das vereinbarte Krankentagegeld aus. Der Kläger erlitt Ende 2001 einen Bandscheibenvorfall und befand sich vom 2. bis zum 14.12.2001 in stationärer Behandlung im Kreiskrankenhaus S.. Am 23.1.2002 wurde im O. kreis-Klinikum H. eine operative Revision des Bandscheibenvorfalles im Segment L 4/5 in mikrochirurgischer Technik durchgeführt. Seit dem 1.5.2003 ist der Kläger wieder ununterbrochen in seinem Beruf als Viehhändler und Viehtransporteur tätig. Die Beklagte wendet gegen den der Höhe nach unstreitigen Anspruch ein, dass bei dem Kläger entweder schon keine Arbeitsunfähigkeit im versicherungsvertragsrechtlichen Sinne bestanden habe oder bei dem Kläger bereits am 13.9.2002 eine vertragsbeendende Berufsunfähigkeit vorgelegen habe. Die zum Bestandteil des Versicherungsvertrages gemachten Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Musterbedingungen 1994 des Verbandes der privaten Krankenversicherung [MB/KT 1994]) für die Krankentagegeldversicherung lauten auszugsweise:
§ 1 Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes
(1) Der Versicherer bietet Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfällen, soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit verursacht wird. Er gewährt im Versicherungsfall für die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit ein Krankentagegeld in vertraglichem Umfang.
(2) Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Der Versicherungsfall beginnt mit der Heilbehandlung; er endet, wenn nach medizinischem Befund keine Arbeitsunfähigkeit und keine Behandlungsbedürftigkeit mehr bestehen ....
(3) Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht.
§ 4 Umfang der Leistungspflicht
(7) Eintritt und Dauer der Arbeitsunfähigkeit sind durch Bescheinigung des behandelnden Arztes oder Zahnarztes nachzuweisen. Etwaige Kosten derartiger Nachweise hat der Versicherungsnehmer zu tragen. Bescheinigungen von Ehegatten, Eltern oder Kindern reichen zum Nachweis der Arbeitsunfähigkeit nicht aus.
§ 9 Obliegenheiten
(1) Die ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit ist dem Versicherer unverzüglich, spätestens aber innerhalb der im Tarif festgesetzten Frist, durch Vorlage eines Nachweises (§ 4 Abs. 7) anzuzeigen ....
(2)...
(3) Auf Verlangen des Versicherers ist die versicherte Person verpflichtet, sich durch einen vom Versicherer beauftragten Arzt untersuchen zu lassen.
§ 15 Sonstige Beendigungsgründe
(1) Das Versicherungsverhältnis endet hinsichtlich der betroffenen versicherten Person
a)b) mit Eintritt der Berufsunfähigkeit. Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50 % erwerbsunfähig ist. Besteht jedoch zu diesem Zeitpunkt in einem bereits eingetretenen Versicherungsfall Arbeitsunfähigkeit, so endet das Versicherungsverhältnis nicht vor dem Zeitpunkt, bis zu dem der Versicherer seine im Tarif aufgeführten Leistungen für diese Arbeitsunfähigkeit zu erbringen hat, spätestens aber drei Monate nach Eintritt der Berufsunfähigkeit;
c) Wegen des Sachverhaltes wird im Übrigen gem. § 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteiles Bezug genommen.
Die 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Stendal hat die Beklagte durch das am 1.11.2004 verkündete Urteil zur Zahlung von 6.900 EUR nebst Zinsen seit dem 11.7.2003 verurteilt. Das LG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass dem Kläger Krankentagegeld für den Zeitraum vom 13.12.2002 bis zum 30.4.2003 zustehe. Der Kläger sei in diesem Zeitraum arbeitsunfähig i.S.v. § 1 Abs. 3 MB/KT 1994 gewesen. Nach dem Gutachten des Dr. med. Sp. vom 31.7.2002 (Bl. I/36-41 d.A.) sei der Kläger aufgrund eines degener...