Leitsatz (amtlich)
Beim Ankauf eines gebrauchten Kraftfahrzeuges durch einen gewerblichen Autohändler von einem privaten Verkäufer trifft den Händler jedenfalls dann eine Pflicht zur näheren eigenen Untersuchung, wenn er die nach Mitteilung des Verkäufers behobene Vorschädigung des Fahrzeuges kennt, das er weiter zu veräußern beabsichtigt.
Verfahrensgang
LG Dessau-Roßlau (Urteil vom 20.11.2023; Aktenzeichen 4 O 88/23) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 20. November 2023 verkündete Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin, eine gewerbliche Kfz-Händlerin mit angeschlossener Fachwerkstatt, begehrt die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein gebrauchtes, aus ihrer Sicht mangelbehaftetes Kraftfahrzeug, einen K..
Der Beklagte, ein Privatverkäufer, kaufte das Fahrzeug mit Kaufvertrag vom 29. März 2022 von einer gewerblichen Verkäuferin unter Hinweis auf Unfallschäden vorne links, im Heckbereich, Trittbrett, Scheinwerfer links und Motorhaube (Anlage B1, Anlagenband). Der Beklage ließ an dem Fahrzeug Reparaturen im Gesamtumfang von 4.952,48 EUR vornehmen (Anlage B2, Anlagenband). Im Anschluss fuhr der Beklagte mit dem Fahrzeug ca. 8.000 km.
Im August 2022 traten die Parteien in Verkaufsverhandlungen. Die Klägerin ließ sich im Rahmen der Verkaufsverhandlungen Fotos des Fahrzeuges übersenden; der Beklagte holte zum Zustand des Fahrzeuges eine Einschätzung der GTÜ-Prüfstelle E. ein, die erkennbare Nachlackierungen, im Übrigen aber einen verkehrssicheren Zustand bestätigte (Anlage B 3, Anlagenband). Im Rahmen dieser Verhandlungen wies die Beklagte darauf hin, dass es sich um ein Unfallfahrzeug handele. Die Parteien schlossen am 17. August 2022 einen Kaufvertrag über das Kraftfahrzeug zu einem Kaufpreis von 28.000,00 EUR (Anlage K1). Im Kaufvertrag findet sich der Hinweis: "Fahrzeug wird als Unfallwagen verkauft (siehe Prüfbericht) repariert".
Am 16. Dezember 2022 forderte die Klägerin den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 30. Dezember 2022 auf, den Unfallschaden zu reparieren. Der Beklagte lehnte eine Reparatur mit Schreiben vom 4. Januar 2023 ab. Am 13. Januar 2023 inserierte die Klägerin das Fahrzeug ohne Hinweis auf die Unfalleigenschaft. Die Klägerin erklärte mit Schreiben vom 27. Januar 2023 den Rücktritt vom Vertrag und forderte die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Der Beklagte lehnte eine Rückabwicklung ab. Bis Juni 2023 legte das Fahrzeug eine Strecke von 500 km zurück.
Die Klägerin hat im ersten Rechtszug behauptet, der Beklagte habe im Rahmen der Vertragsverhandlungen bestätigt, dass der Unfallschaden vollständig und fachgerecht repariert worden sei. Hierin liege eine Beschaffenheitsvereinbarung. Anlässlich der Vorbereitung des Fahrzeuges für den Weiterverkauf habe sie jedoch festgestellt, dass der Unfallschaden nicht repariert worden sei; insbesondere sei der hintere linke Schweller eingerissen und korrodiert, im Heckbereich sei die Lackierung in großen Teilen mangelhaft und die Unterbodenverkleidung sei gebrochen. Die Unterbodenverkleidung müsse ausgetauscht werden. Die vom Kläger vorgenommene Reparatur habe die Unfallschäden lediglich kaschiert. Ihrer Ansicht nach habe sie einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages sowohl nach Gewährleitungsrecht gemäß § 434 Abs. 3 Nr. 2 BGB als auch aufgrund der Beschaffenheitsvereinbarung (fachgerecht reparierter Unfallschaden). Da der Unfallschaden entgegen der Zusicherung des Beklagten nicht repariert worden sei, habe der Beklagte sie arglistig getäuscht. Offenbar handele es sich bei dem GTÜ-Prüfzeugnis um eine Gefälligkeitsbescheinigung.
Tatsächlich würde eine fachgerechte Reparatur des Unfallschadens, der die Verkehrssicherheit des Fahrzeuges beeinträchtigte, ca. 15.000,00 EUR kosten, wofür sie sich auf ein Gutachten des Sachverständigen N. vom 8. Juni 2023 bezieht, welcher Reparaturkosten von ca. 10.000,00 EUR schätzt (vgl. Anlagenband).
Der Beklagte hat behauptet, die Klägerin habe ca. 2 Wochen nach Übergabe bestätigt, dass mit dem Fahrzeug alles in Ordnung sei. Dass daher bei Übergabe die behaupteten Mängel vorlagen, bestreite er. Jedenfalls seien diese nicht erheblich i.S.d. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB. Die im Gutachten vom 8. Juni 2023, Bilder 7 bis 33, dokumentierten Lackmängel stammten nicht aus der von ihm veranlassten Reparaturmaßnahme bzw. hätten nicht bei Gefahrübergang vorgelegen. Gleiches gelte für den Unterfahrschutz und den Seitenschweller.
Wegen des weiteren Tatsachenvortrages der Parteien einschließlich der genauen Fassung der erstinstanzlich gestellten Sachanträge nimmt der S...