Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Urteil vom 22.11.2022; Aktenzeichen 6 O 223/21) |
Tenor
Das am 22.11.2022 verkündete Versäumnisurteil des Senats wird aufrechterhalten, soweit es nicht bereits durch die mit Schriftsatz des Klägers vom 31.08.2023 teilweise erklärte Berufungsrücknahme wirkungslos geworden ist.
Die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Zudem hat der Senat beschlossen:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 35.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger macht im Zusammenhang mit dem sogenannten "Dieselskandal" gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch geltend; in erster Instanz hat er großen Schadensersatz geltend gemacht. Der Kläger erwarb am 17.05.2014 von dem Privatverkäufer ... das von der Beklagten hergestellte Fahrzeug Audi A6 (entsprechend dem als Anlage K 2 vorgelegten Zulassungsschein, entgegen der Behauptung der Beklagten, der Kläger habe einen Audi A 7 gekauft) AVANT 3.0 TDI, erstmals zugelassen am 13.06.2013, mit der Fahrzeug-Ident.-Nr. ... zu einem Kaufpreis von 51.500,00 EUR; der Kilometerstand betrug 14.500 km (Anlage K 1). Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor vom Typ EA 896 der zweiten Generation der Norm Euro 5 mit 3,0 Liter Hubraum ausgestattet, der von der Beklagten entwickelt und hergestellt wurde.
In dem Fahrzeug wird ein sogenanntes Thermofenster verwendet.
Die Abgasreinigung erfolgt ausschließlich innermotorisch durch Abgasrückführung (AGR). Das Fahrzeug hat nach dem nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten weder einen NOx-Speicherkatalysator noch einen SCR-Katalysator und benötigt kein AdBlue. Der streitgegenständliche Fahrzeugtyp ist nicht Gegenstand eines verbindlichen Rückrufbescheides des KBA in Bezug auf sein Emissionsverhalten. Der Kilometerstand betrug am 11. September 2023 143.904 km.
Der Kläger hat behauptet, das Fahrzeug verfüge über eine unzulässige Abschalteinrichtung, die dazu führe, dass das Fahrzeug einen wesentlich höheren NOx-Ausstoß aufweise, als die Typgenehmigung des Kraftfahrtbundesamts ausweise.
Durch das - unstreitig vorhandene - Thermofenster falle die Abgasreinigung bei Außentemperatur unter 17 Grad Celsius geringer aus als oberhalb der einprogrammierten Schwelle. Die NOx-Emissionen fielen durch ein Ausrampen der AGR-Raten unterhalb von 17 Grad Umgebungstemperatur hin zu sinkenden Temperaturen an. Im Schriftsatz vom 01.12.2021 ist unter Beweisantritt Sachverständigengutachten behauptet worden, das Thermofenster sei nur im Bereich zwischen 20 und 30 Grad vollwirksam (Bd. I Bl. 144 d.A.).
Nach einem Update seien negative Folgen für den Motor zu befürchten. Die enge Bedatung stehe dem Gesichtspunkt des Motorschutzes entgegen.
Die klagende Partei hätte das Fahrzeug nicht erworben, wenn sie von der Manipulationssoftware, der nur durch Täuschung der Behörden erlangten Typengenehmigung, der drohenden Betriebsuntersagung oder dem mit der Täuschung einhergehenden Wertverlust des Fahrzeugs und möglichen negativen Folgen für den Kraftstoffverbrauch oder die Lebensdauer bestimmter Bauteile gewusst hätte.
Der Kläger hat gemeint, er habe gemäß bzw. analog §§ 826, 831, 31 BGB einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte. Als Anspruchsgrundlagen hat er benannt §§ 823 Abs. 2, 31 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 823 Abs. 1 und 2 BGB, 31 BGB bzw. 166 BGB analog i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV. Er lässt sich Nutzungsentschädigung auf der Grundlage einer Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von 350.000 km anrechnen.
Die Auffassung in der Rechtsprechung, Art. 5 Abs. 2 VP 715/2007/EG habe vertretbar dahin ausgelegt werden können, dass Thermofenster zulässig seien, sei korrekturbedürftig. Akustikfunktion und Thermofenster arbeiteten im Prinzip gleich. Die verbindlichen Rückrufe betreffend Fahrzeuge mit V6-bzw. V8-TDI- Dieselmotoren (E 5) begründeten greifbare Anhaltspunkte dafür, dass das klägerische Fahrzeug über unzulässige Abschalteinrichtungen verfügen könne.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Eine Betriebsuntersagung sei nicht zu befürchten. Das Thermofenster sei keine unzulässige Abschalteinrichtung. Gerade für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp habe das KBA bestätigt, dass keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt worden sei (vgl. Anlage B2, Bd. I Bl. 110 d.A.).
Die Beklagte hat gemeint, ein Anspruch nach §§ 823, 826 BGB bestehe nicht.
Mit Urteil vom 25.01.2022 (Bd. II Bl. 2 ff. d.A.) hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil hat sich die Berufung des Klägers gerichtet.
Der Kläger beanstandet, zu Unrecht nehme das Landgericht an, das Thermofenster stelle keine unzulässige Abschalteinrichtung dar. §§ 6, 27 EG-FGV seien Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.
Am 22.11.2022 hat der erkennende Senat die Berufung des Klägers durch Versäumnisurteil zurückgewiesen (Bd. II Bl. 175 d.A. und Bd. III Bl. 1 f. d.A.). Hiergegen hat der Kläger Einspruch eingelegt mit dem Antrag,
das Versäumnisurteil vom 22.11.2022 aufzuheben und fü...