Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 15.12.2022; Aktenzeichen 10 O 899/22)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 15. Dezember 2022 verkündete Einzelrichterurteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil und das angefochtene Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 15. Dezember 2022 sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

und beschlossen:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 18.270,02 Euro festgesetzt

 

Gründe

A. Der Kläger nimmt die Beklagte als Herstellerin seines Fahrzeugs Opel Astra 1.6 CDTi und des darin verbauten Dieselmotors vom Typ B16DTR Euro 6 wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger erwarb am 06. September 2019 den von der Beklagten hergestellten Pkw Opel Astra 1.6 CDTI der Emissionsklasse Euro 6 als Gebrauchtfahrzeug zu einem Kaufpreis von 15.000,00 Euro. Das Fahrzeug, das am 03. Mai 2016 erstzugelassen worden war, wies zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses einen km-Stand von 103.800 km auf. Der Kläger finanzierte den Fahrzeugkauf durch ein Darlehen.

Der Pkw ist mit einem von der Beklagten entwickeltem und hergestellten Dieselmotor vom Typ B16DTR ausgestattet. Für den Fahrzeugtyp wurde eine Typengenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 2007 über die Typengenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (im Folgenden: VO (EG) 715/2007) mit der Schadstoffklasse Euro 6 erteilt. Der Pkw verfügt werkseitig über eine temperaturabhängige Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster), bei der ein Teil der Abgase wieder zurück in das Ansaugsystem des Motors geführt wird und dort erneut an der Verbrennung teilnimmt, was zu einer Verringerung der Stickoxidemissionen führt. Die Abgasrückführung wird bei kühleren Temperaturen zurückgefahren (sog. "Thermofenster"), wobei zwischen den Parteien streitig ist, bei welchen Außentemperaturen die Abgasrückführung reduziert wird. Außerdem ist der Pkw zur Abgasnachbehandlung mit einem NOx-Speicherkatalysator ausgestattet.

Die Beklagte entwickelte im Jahr 2017 mit dem Ziel der Verbesserung der Emissionsminderungsleistung ein Software-Update, das das Kraftfahrtbundesamt eingehend prüfte und mit Bescheid vom 25. Februar 2021 gegenüber der O. A. GmbH als nunmehrige Inhaberin der Typengenehmigung für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp freigab. Der Kläger ließ sein Fahrzeug im September 2021 im Rahmen einer freiwilligen Service-Aktion mit dem Software Update nachrüsten. Mit Bescheid vom 02. Dezember 2021 ordnete das Kraftfahrtbundesamt die verpflichtende Installation des Software-Updates an. Die O. A. GmbH focht den Bescheid des Kraftfahrtbundesamtes an,

Mit dem als Anlage K 4 vorgelegten anwaltlichem Schreiben vom 29. Juni 2022 ließ der Kläger die Beklagte zur Rückerstattung des gezahlten Kaufpreises unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung, Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw auffordern.

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe durch den Einbau unzulässiger Abschalteinrichtungen in die Motorsteuerung des streitgegenständlichen Fahrzeuges in verbotener Weise Einfluss auf dessen Emissionsverhalten genommen und so im Rahmen des Typgengenehmigungsverfahrens unter Vorspiegelung der Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte die Erlangung der EG-Übereinstimmungsbescheinigung und die damit einhergehende Erteilung der Betriebserlaubnis erwirkt. In der Motorsteuerung des Fahrzeugs sei eine temperaturgesteuerte Abschaltvorrichtung (Thermofenster) verbaut, die schon bei Außentemperaturen unter 15° Celsius die Abgasrückführung reduziere und schließlich gänzlich abschalte. Das in dem Fahrzeug implementierte Thermofenster sei so programmiert, dass im Ergebnis nur auf dem Prüfstand eine den gesetzlichen Vorgaben entsprechende Abgasrückführung erreicht werde, im realen Straßenverkehr sei dies dagegen ganz überwiegend nicht möglich. Die Beklagte habe die Funktion des sog. Thermofensters, das als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der VO (EG) 715/2007 zu qualifizieren sei, dem Kraftfahrtbundesamt nicht offenbart. Durch die von der Beklagten veranlasste freiwillige Service-Maßnahme, mittels derer ein Software-Update habe aufgespielt werden sollen, sei die Beklagte dem verpflichtenden Rückruf des Kraftfahrtbundesamtes nur zuvorgekommen. Auch nach dem Software-Update enthalte das Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 der Verordnung EG Nr. 715/2007. Er ist der Ansicht, dass die Beklagte wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus §§ 826, 31 BGB hafte. Jedenfalls sei die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um Zug gegen Übergabe und Übereignung d...

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