Leitsatz (amtlich)
Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kreditinstituts, derzufolge ein die Kündigung eines Darlehens zur sofortigen Rückzahlung rechtfertigender wichtiger Grund insb. dann vorliegt, "wenn der mitfinanzierte Betrieb ganz oder in wesentlichen Teilen eingestellt, verkauft, vermietet, verpachtet oder aus den neuen Bundesländern oder Berlin (Ost) verlagert wird oder der Förderzweck - Gründung und Erhaltung einer selbständigen gewerblichen oder freiberuflichen Existenz - auf andere Weise entfällt", ist nicht zweifelsfrei dahin auszulegen, dass der Förderzweck des Darlehens ausschließlich an die Geschäftsführertätigkeit des Darlehensnehmers in dem Betrieb geknüpft ist und mit der Abberufung des Darlehensnehmers als Geschäftsführer des als GmbH betriebenen Betriebs entfällt; die Klausel lässt auch die Auslegung zu, dass der Darlehensgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund nur dann berechtigt sein soll, wenn der Darlehensnehmer nicht nur als Geschäftsführer abberufen wird, sondern auch seine Gesellschaftsbeteiligung als Mehrheitsgesellschafter nicht mehr innehat.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 08.07.2004; Aktenzeichen 4 O 2312/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 8.7.2004 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Magdeburg abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Beschwer der Klägerin übersteigt 20.000 Euro.
Gründe
A. Die Klägerin nimmt als Rechtsnachfolgerin der Deutschen Ausgleichsbank die Beklagte im Wege der Teilklage auf Rückzahlung eines vorzeitig gekündigten Sonderkredites in Anspruch.
Die Klägerin hat gem. Art. 1 § 1 des Gesetzes zur Neustrukturierung der Förderbanken des Bundes v. 15.8.2003 (BGBl. I 2003, 1653 ff.) das Vermögen der Deutschen Ausgleichsbank einschließlich aller Rechte und Pflichten im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übernommen.
Die Klägerin sowie zuvor ihre Rechtsvorgängerin, die Deutsche Ausgleichbank, sind Förderinstitute des Bundes für den unternehmerischen Mittelstand. Die Klägerin vergibt als Anstalt des öffentlichen Rechts entsprechend ihren Förderrichtlinien auf Antrag u.a. zweckgebundene Sonderkredite an Existenzgründer mit dem Förderungszweck, die Eigenkapitalbasis für angemessene und erfolgversprechende Vorhaben im Bereich der mittelständischen und gewerblichen Wirtschaft und der freien Berufe in den neuen Bundesländern und Berlin (Ost) zu stärken. Der Darlehensantrag wird dabei jeweils über die Hausbank des Antragsstellers gestellt und im Falle der Bewilligung des Darlehens durch die Hausbank im Namen und für Rechnung des Klägers verwaltet.
Die Beklagte ist mit einem Geschäftsanteil von 52 % neben Herrn W.F., der den restlichen Anteil von 48 % als Mitgesellschafter der GmbH hält, Gesellschafterin der im Jahre 1990 gegründeten Firma S. Automobile GmbH, zu deren Geschäftsführerin sie gemeinsam mit Herrn W.F. bestellt war. Die im Jahre 1990 gegründete S. Automobilie GmbH betreibt einen Handel mit Pkw und eine Reparaturwerkstatt, wobei sie ursprünglich zu den Vertragshändlern des Automobilherstellers H. gehörte. Daneben hat die Beklagte zusammen mit Herrn W.F. und Frau K.F. eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet, die die Gewerbeimmobilie, auf der sich das Geschäftsgebäude der S. GmbH befindet, mit über die D. Bank AG finanzierte Kreditmitteln zu Eigentum erworben und an die S. Automobile GmbH vermietet hat. Nach den beiden Gesellschaften zugrunde liegenden Konzept sind die GbR einerseits und die GmbH andererseits dergestalt miteinander verbunden, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Besitzgesellschaft fungiert und der GmbH als werbend tätigen Betriebsgesellschaft die Immobilie zum Betrieb des Autohauses mit Werkstatt zur Verfügung stellt.
Mit Darlehensvertrag v. 23.10.1995 gewährte die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die Deutsche Ausgleichsbank, der Beklagten unter Berücksichtigung der entsprechenden Förderrichtlinien des Bundesministeriums für Wirtschaft ein Eigenkapitalhilfedarlehen zu einem Nennbetrag von 563.500 DM über eine Laufzeit von 20 Jahren, das der Beklagten über deren Hausbank, die D. Bank AG, zur Verfügung gestellt wurde. Unter Ziff. 1.1 des Darlehensvertrages war bestimmt, dass das Eigenkapitalhilfedarlehen zweckgebunden sein sollte und nur zur Finanzierung desjenigen Vorhabens eingesetzt werden durfte, zu dessen Mitfinanzierung die Eigenkapitalhilfe beantragt wurde. Unter Ziff. 5.1. der dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Rechtsvorgängerin der Klägerin wurde dieser das Recht eingeräumt, das Darlehen aus wichtigem Grund zur sofortigen Rückzahlung zu kündigen. Ziff. 5.1. lautet auszugsweise weiter wie folg...