Leitsatz (amtlich)
1. Eine Berufung kann auch nach dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27.7.2001 (BGBl. I 2001, 1887) darauf gestützt werden, dass das untere Gericht zu Unrecht seine internationale Zuständigkeit angenommen oder verneint hat.
2. Eine von zwei Parteien vertraglich vereinbarte Rechtswahl setzt das Zustandekommen eines Vertrages gerade zwischen diesen Parteien voraus. Im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung reicht hierfür jedoch bereits die Feststellung, dass Tatsachen vorliegen, die auf einen entsprechenden Vertragsabschluss hindeuten. Dies ist bereits dann zu bejahen, wenn der Kläger nachvollziehbar behauptet, es habe ein Vertragsschluss stattgefunden.
3. Das Zustandekommen und die Wirksamkeit einer Rechtswahlvereinbarung beurteilt sich nach dem Recht, das anzuwenden wäre, wenn der Vertrag oder die Bestimmung wirksam wäre.
4. Eine ausdrückliche Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist ggü. einem Unternehmer auch dann wirksam, wenn die AGB dem für den Vertragsschluss maßgeblichen Schreiben nicht beigefügt waren und der Unternehmer ihren Inhalt nicht kennt. Erforderlich ist lediglich, dass dem Vertragspartner des Verwenders in zumutbarer Weise die Möglichkeit der Kenntnisnahme eingeräumt wird, wofür der Hinweis genügt, dass die Geschäftsbedingungen auf Wunsch übersandt werden.
5. Den Text von Allgemeinen Geschäftsbedingungen braucht der Verwender allenfalls dann in der Verhandlungssprache oder in einer Weltsprache vorzulegen, wenn der Vertragspartner dies ausdrücklich von ihm verlangt hat.
6. Der Umstand, dass die internationale Zuständigkeit der Gerichte von Amts wegen zu prüfen ist, hindert die Anwendung der §§ 530, 531 ZPO nicht.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Urteil vom 12.08.2002; Aktenzeichen 12 O 60/01) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 12.8.2002 verkündete Zwischenurteil der 12. Zivilkammer – 3. Kammer für Handelssachen – des LG Halle wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Beschwer der Beklagten übersteigt 20.000 Euro.
Gründe
A. Die Klägerin verlangt von der Beklagten im Ausgangsverfahren Schadensersatz wegen Mängeln an den von der Beklagten gelieferten und installierten Silos für die Lagerung von petrochemischen Produkten (PET). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist ein Zwischenstreit der Parteien über die internationale Zuständigkeit des LG Halle.
Die Klägerin ist eine in Deutschland ansässige Tochterfirma der D.(T.), der Konzernobergesellschaft mit Sitz in den Vereinigten Staaten. Auch in anderen Europäischen Ländern existieren Tochterfirmen dieses Konzerns. In Rotterdam unterhält die D. eine rechtlich unselbständige Einkaufsabteilung, deren Aufgabe es ist, für die Europäischen Tochterfirmen Ausschreibungen vorzunehmen und Verträge vorzubereiten. Die Beklagte ist ein niederländisches Unternehmen mit Sitz in Zaandam, Niederlande.
Im Rahmen der Ausschreibung eines Auftrags zur Errichtung von Silos für die Lagerung von petrochemischen Produkten auf dem Betriebsgelände der Klägerin in Sch. wurden der Beklagten mit Schreiben vom 11.6.1997 (Anlage K 37 = Bd. II Bl. 80 d.A.) die im Rechtsstreit als Anlagen K 1 und K 2 vorgelegten Materialspezifikationen aus Dezember 1996 und Juni 1997 jeweils in englischer Sprache übermittelt. Das Schreiben vom 11.6.1997 enthält auf S. 1 den Hinweis, dass die Ausschreibung „for and on behalf of the B. GmbH” („für und im Namen von B. GmbH”) erfolge. Die Beklagte reichte daraufhin mit Schreiben vom 8.7.1997 unter Bezugnahme auf die Ausschreibungsunterlagen ein Angebot ein.
Nach weiterem Schriftverkehr und mündlichen Verhandlungen, die auf Seiten des Bestellers durch einen Mitarbeiter der Einkaufsabteilung der T., Herrn P.H., und auf Seiten der Beklagten durch Herrn B.F. geführt wurden, übermittelte Herr H. der Beklagten das als Anlage K 4 vorgelegte Bestellschreiben vom 19.8.1997. Das wiederum in englischer Sprache abgefasste Schreiben endete mit der Bitte, „die Annahme dieser Bestellung zu obigen Bedingungen per Antwortfax zu bestätigen”. Nach Eingang dieser Bestätigung werde „eine bestätigende Bestellung ausgestellt.” Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf die Anlage K 4 sowie deren Übersetzung in die deutsche Sprache Bezug genommen.
Die Beklagte bestätigte ggü. „D. Europe” – mit Faxschreiben vom 20.8.1997 (Anlage K 38 = Bd. II Bl. 89/90 d.A.) – ebenfalls in englischer Sprache – den Erhalt der „Absichtserklärung vom gestrigen Tage”.
Mit Schreiben vom 11.9.1997 (Anlage K 5) übersandte die Klägerin der Beklagten die angekündigte bestätigende Bestellung. Dieses Schreiben enthält in englischer Sprache auf S. 1 folgenden Hinweis:
„Diese Bestellung wird vorbehaltlich der beigefügten Kaufbedingungen oder anderweitiger Vereinbarungen und Festlegungen in dieser ...