Leitsatz (amtlich)
Auch wenn bei einem Werkvertrag das Werk am Firmensitz des ausländischen Auftragnehmers hergestellt werden soll, kann durch allgemeine Geschäftsbedingungen der inländische Firmensitz des Auftraggebers als Erfüllungsort vereinbart werden.
Normenkette
EuGVVO Art. 5 Nr. 1a
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 12.04.2012; Aktenzeichen 2 HK O 121/11) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Zwischenurteil der 2. Kammer für Handelssachen des LG Frankenthal (Pfalz) vom 12.4.2012 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 5.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin stellt u.a. Siebmaschinen her. Die Beklagte, welche ihren Sitz in B. hat, bietet Werkleistungen im Bereich der Oberflächenbehandlung von Industrieanlagen durch Keramik- und Kunststoffe an. Mit E-Mail-Schreiben vom 5.10.2010 bat die Klägerin die Beklagte um ein Angebot für die komplette Auskleidung von vier Stück "Trichter zum Siebtrog" aus Edelstahl mit Alu-Keramik-Fliesen. Mit E-Mail-Schreiben vom 12.10.2010 unterbreitete die Beklagte der Klägerin ihr Angebot. Das Schreiben endete mit dem Hinweis: "Es gelten unsere allgemeinen Verkaufsbedingungen." Am 27.10.2010 bestellte die Klägerin "aufgrund unserer Einkaufsbedingungen" bei der Beklagten die "Auskleidung von angelieferten Auslauftrichtern". Sowohl dem E-Mail-Schreiben der Beklagten als auch der Bestellung der Klägerin waren die jeweiligen Geschäftsbedingungen nicht beigefügt. Nach Nr. 15 der Einkaufsbedingungen der Klägerin sollte Zahlungs- und Erfüllungsort L ... (R ...) und das deutsche Recht, "wie es unter deutschen Vertragspartnern angewendet wird", anwendbar sein. "Für etwaige Rechtsstreitigkeiten (sollte) L ... als ausschließlicher Gerichtsstand vereinbart" werden. Die viersprachig gehaltenen Geschäftsbedingungen der Beklagten (niederländisch, französisch, englisch und deutsch) sahen in der (auf einem Blatt abgedruckten) niederländischen und französischen Version (unter Ziff. 6.) eine Gerichtsstandsvereinbarung für D ... (B.) vor. In der englisch-und der deutschsprachigen Version fehlte dieser Hinweis.
Nachdem die Beklagte ihre Leistungen an ihrem Firmensitz in B. erbracht hatte, kam es zwischen den Parteien wegen (behaupteter) Mängel zum Streit. Die Klägerin begehrt mit ihrer zum LG Frankenthal (Pfalz) erhobenen Klage von der Beklagten Schadensersatz i.H.v. 79.221,84 EUR nebst Zinsen sowie Zahlung von 1.580 EUR vorprozessualer Rechtsanwaltskosten. Die Beklagte ist der Auffassung, dass wegen ihrer Geschäftsbedingungen eine Zuständigkeit der deutschen Gerichte schon nicht bestehe, andernfalls aber das AG L. zur Entscheidung des Rechtsstreits zuständig sei.
Durch das angefochtene Zwischenurteil, auf welches zur Ergänzung der Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat die Vorsitzende der 2. Kammer für Handelssachen des LG Frankenthal (Pfalz) das LG Frankenthal (Pfalz) als für die Entscheidung zuständig erklärt.
Mit ihrer Berufung bekämpft die Beklagte das Urteil in vollem Umfang. Sie rügt die Rechtsauffassung des LG, wobei sie im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt.
Sie beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage als unzulässig abzuweisen, hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das AG L. zu verweisen, hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das LG Frankenthal (Pfalz) zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung unter Vertiefung ihres dortigen Vorbringens.
Auf die gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
II. Die Berufung ist zulässig. Die Entscheidung des LG beinhaltet ein Zwischenurteil i.S.v. § 280 Abs. 1 ZPO, welches nach § 280 Abs. 2 ZPO in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen ist, gegen welches das Rechtsmittel der Berufung stattfindet.
Die zum LG Frankenthal (Pfalz) erhobene Schadensersatzklage wegen mangelhafter Werkleistung ist zulässig. Das LG Frankenthal (Pfalz) ist -wie das LG richtig angenommen hat -für die Entscheidung international, örtlich und sachlich zuständig.
Die Zuständigkeit des LG Frankenthal (Pfalz) ergibt sich allerdings nicht aus einer ausdrücklichen Gerichtsstandsvereinbarung i.S.v. Art. 23 EuGVVO, Verordnung EG Nr. 44/2001 vom 22.12.2000.
Nach Art. 23 Abs. 1 EuGVVO können Parteien, von denen mindestens eine ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hat, vereinbaren, dass ein Gericht eines Mitgliedstaates über eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entscheiden soll, wenn die Gerichtsstandsvereinbarung schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung (Art. 23 Abs. 1a E...