Leitsatz (amtlich)
Zur Abgrenzung zwischen einem Strohmanngeschäft und einem - nichtigen - Scheingeschäft kommt es maßgeblich darauf an, wer aus dem abgeschlossenen Geschäft berechtigt und verpflichtet werden soll. Ein Strohmanngeschäft und kein Scheingeschäft ist bei einem Pachtvertrag über eine Gaststätte anzunehmen, wenn die im Pachtvertrag als Pächter bezeichnete Person, nicht aber die tatsächlichen Betreiber, eine Schankerlaubnis erhalten kann.
Verfahrensgang
LG Stendal (Urteil vom 11.05.2004; Aktenzeichen 24 O 22/04) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 11.5.2004 verkündete Urteil des LG Stendal (24 O 22/04) wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beklagte schloss mit der Klägerin einen Mietvertrag über den Betrieb einer Tanzbar. Das Mietverhältnis begann am 15.5.1998 und war auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Die Beklagte war im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Geschäftsführerin der Klägerin. Gesellschafter waren ihr Sohn A.M. und R.H. Der Mietzins von monatlich ursprünglich 10.000 DM wurde mehrfach reduziert. Auf einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 18.9.1999 (Bl. 64 I) wurde der Beklagten ein Zahlungsrückstand für die Zeit von April bis September 1999 erlassen. Gleichzeitig wurde der laufende Mietzins auf 6.500 DM reduziert. Mietzinszahlungen wurden von einem Konto der Beklagten geleistet, für das R.H. eine Vollmacht besaß. Die Beklagte zahlte zuletzt für den Monat Oktober 1999 einen Betrag von 1.200 DM; für die Zeit danach erfolgten keine Zahlungen mehr. Gegenstand der vorliegenden Klage ist Mietzins für die Zeit von November 1999 bis Februar 2000 sowie der Restbetrag für den Monat Oktober 1999 in einer (rechnerisch unstreitigen) Gesamthöhe von 16.003,45 Euro.
Die Beklagte wendet ein, dass es sich bei dem Mietvertrag um ein Scheingeschäft gehandelt habe. Der Beklagten und den Gesellschaftern der Klägerin sei bekannt gewesen, dass Mietzahlungen durch die Beklagte nicht geleistet werden sollten, es sei insb. vereinbart worden, dass die Beklagte von sämtlichen Forderungen ggü. der Klägerin freigestellt werden sollte (Bl. 38 I). Der Vertrag sei vielmehr abgeschlossen worden, weil A.M. und R.H. keine Gaststättenkonzession hätten beantragen und auch nicht Geschäftsführer der GmbH hätten werden können. Aus diesem Grund sei die Beklagte als Strohfrau eingesetzt worden.
Die Klägerin bestreitet, dass es sich bei dem Mietvertrag um ein Scheingeschäft gehandelt habe.
Das LG hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und das Vorliegen eines Scheingeschäftes verneint. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.
Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gem. § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.
II. Die Berufung ist zulässig, insb. form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Zutreffend hat das LG die Beklagte zur Zahlung restlichen Mietzinses verurteilt und das Vorliegen eines Scheingeschäfts verneint. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine abweichende Bewertung. Der Senat schließt sich insb. der Ansicht des LG an, dass zwar ein Strohmanngeschäft vorliegen mag, dass daraus aber keine Nichtigkeit des Vertrages gem. § 117 BGB folgt.
Als Strohmann wird eine vorgeschobene Person bezeichnet, durch die ein Dritter einen Gegenstand erwirbt oder veräußert (vorliegend Anmietung eines Gewerbeobjekts). Der Strohmann ist echter Treuhänder. Aus den von ihm abgeschlossenen Geschäften wird er allein berechtigt und verpflichtet. Strohmanngeschäfte sind in der Regel keine Scheingeschäfte nach § 117 BGB, sondern ernstlich gemeint, weil sich der bezweckte Erfolg nur durch wirklichen Abschluss des Geschäfts erreichen lässt. Die Geschäfte sind auch dann nicht unwirksam, wenn der Strohmann kein eigenes Interesse am Abschluss hat (Erman/Palm, BGB, 11. Aufl., Vor § 164 Rz. 21) und der Dritte, mit dem er sein Geschäft tätigt, von der Strohmanneigenschaft Kenntnis hat (Kramer in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 117 Rz. 14). Charakteristisch für das Strohmanngeschäft ist, dass der Mittelsmann die Rechte und Pflichten des Geschäfts auch im Außenverhältnis ernstlich übernehmen soll. Dagegen ist ein Scheingeschäft anzunehmen, wenn die Beteiligten zur Erreichung ihrer Zwecke einen Scheinvertrag für genügend erachten und sich darüber einig sind, dass der Mittelsmann nur seinen Namen abgibt, nicht aber selbst (vorliegend) Mieter werden soll (OLG Köln v. 13.11.1992 - 3 U 31/92, NJW 1993, 2623). Ob die Vertragsschließenden einen solchen Willen hatten, ist eine Frage, die der Tatrichter unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Falles zu entscheiden hat (BGH v. 12.11.1992 - IX ZR 236/91, MDR 1993, 528 = NJW-RR 1993, 238). Der Annahme eines Strohmanngeschäfts steht nicht entgegen, dass nach dem Vortrag der Beklagten tatsächlich A.M. und R.H. das Lokal betreiben...