Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 24.03.2022; Aktenzeichen 10 O 1193/21) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 24.03.2022 verkündete Urteil des Landgerichts Magdeburg wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Zudem hat der Senat beschlossen:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 43.358,57 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger macht im Zusammenhang mit dem sogenannten "Dieselskandal" gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch geltend. Seit 2016 untersuchte die Beklagte alle Diesel-Konzepte auf etwaige Unregelmäßigkeiten. Sie arbeitete eng mit dem Kraftfahrtbundesamt (KBA) und dem Bundesverkehrsministerium zusammen. Im Dezember 2017 informierte die Beklagte die Vertragshändler und Servicepartner, dass die Fahrzeuge des streitgegenständlichen Typs Audi SQ5 vor Aufspielen des Software-Typs nur nach entsprechendem Hinweis über die Beanstandungen und die erforderliche Software-Aktualisierung verkauft werden dürften. Mit einer Pressemitteilung vom 21.07.2017 informierte die Beklagte darüber, dass sie bis zu 850.000 Fahrzeuge für die Halter kostenlos mit einem Software-Update ausstatten werde, um das Emissionsverhalten im realen Fahrbetrieb weiter zu verbessern (Anlage B 5). Im Rahmen einer Pressemitteilung vom 23.01.2018 informierte das KBA über den Rückruf unter anderem des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps (B 6). Auch Medien berichteten zum Rückruf des gegenständlichen Fahrzeugtyps.
Der Kläger erwarb am 27.02.2018 bei der Autohaus ... in ... das Fahrzeug Audi SQ5, Erstzulassung 23.09.2016, mit der Fahrzeug-Ident.-Nr. ... zu einem Kaufpreis von 54.880,00 EUR; der Kilometerstand betrug 19.680 km (Anlagenband Kläger). Das Fahrzeug ist nach dem Klagevorbringen mit einem 3,0 Liter Dieselmotor vom Typ EA897 der Norm Euro 6 ausgestattet, der von der Beklagten entwickelt und hergestellt wurde; nach dem Beklagtenvorbringen ist ein Motor EA 896Gen2BiT eingebaut. Das Softwareupdate für Fahrzeuge des Typs SQ5 3.0 V6 TDl wurde vom KBA mit Bestätigung vom 26.11.2018 freigegeben.
In dem Fahrzeug wird ein sogenanntes Thermofenster verwendet.
Das Fahrzeug ist von einem Rückruf des Kraftfahrbundesamtes (KBA) betroffen. Nach dem nicht bestrittenen Beklagtenvorbringen sei die Bedatung der vom KBA beanstandeten Softwarebestandteile aufzuweiten gewesen, um einen breiteren Anwendungsbereich im Straßenbetrieb zu gewährleisten.
Der Kilometerstand betrug am 27.03.2023 87.489 km.
Der Kläger hat behauptet, bei den betroffenen Motoren springe im Prüfzyklus NEFZ eine sogenannte schadstoffmindernde Aufwärmstrategie an, die überwiegend im realen Verkehr nicht aktiviert werde. Die Aufwärmstrategie werde vom KBA als unzulässige Abschalteinrichtung angesehen. Durch die Verwendung der beschriebenen Strategien würden auf dem Prüfstand geringere NOx-Werte erzielt als im normalen Straßenbetrieb. Außerhalb des Prüfstand-Modus würden die Werte um Vielfaches überschritten.
Die Temperaturschwelle reiche wegen des Thermofensters von 20 Grad Celsius bis 30 Grad Celsius. Unterhalb der Temperaturschwelle sei die Abgasreinigung unzulässig vermindert.
Nach einem Update seien Schäden zu befürchten wie deutlich erhöhter Kraftstoffverbrauch, drohender außerplanmäßiger Tausch des Abgasrückführ-Kühlers und des Abgasrückführ-Ventils sowie eine verkürzte Lebensdauer des Rußpartikelfilters.
Die Beklagte habe bei der Beantragung der Typgenehmigung für den streitgegenständlichen Motor den Genehmigungsbehörden die unzulässige Abschalteinrichtung verschwiegen.
Die klagende Partei hätte das Fahrzeug nicht erworben, wenn sie von der Manipulationssoftware, der nur durch Täuschung der Behörden erlangten Typengenehmigung, der drohenden Betriebsuntersagung oder dem mit der Täuschung einhergehenden Wertverlust des Fahrzeugs und möglichen negativen Folgen für den Kraftstoffverbrauch oder die Lebensdauer bestimmter Bauteile gewusst hätte.
Der Kläger hat gemeint, er habe gemäß bzw. analog §§ 826, 831, 31 BGB einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte. Er lässt sich Nutzungsentschädigung auf der Grundlage einer Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von 300.000 km anrechnen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat behauptet, durch Anpassung der Motorsteuerungssoftware werde sichergestellt, dass ein breiterer Anwendungsbereich gewährleistet sei. In Anbetracht der Maßnahmen, die die Beklagte ergriffen habe, fehle es an einem sittenwidrigen Verhalten zum Zeitpunkt des Erwerbs des streitgegenständlichen Fahrzeugs im Februar 2018. Die Beklagte habe alles Zumutbare unternommen, um sicherzustellen, dass die Klagepartei vor dem Erwerb Kenntnis...