Leitsatz (amtlich)

Der Mieter kann sich ggü. dem Zwangsverwalter nicht auf eine mit dem Vermieter im Mietvertrag getroffene Aufrechnungsvereinbarung berufen, die zum Anwendungsbereich von § 566c BGB zu rechnen ist.

Dies ergibt sich aus § 57b ZVG, der in diesem Zusammenhang auch auf den Zwangsverwalter anzuwenden ist. Zwar könnte der Wortlaut von § 152 Abs. 2 ZVG dafür sprechen, dass ein im Mietvertrag vereinbartes Rechtsgeschäft über den Mietzins gegen den Zwangsverwalter wirkt, weil der Zwangsverwalter den Inhalt des Mietvertrages grundsätzlich gegen sich gelten lassen muss. Die §§ 57b ZVG, § 566c BGB schützen jedoch den Erwerber und den Zwangsverwalter auch gegen eine schon im Mietvertrag enthaltene Vorausverfügung. Ist der Mietzins periodisch zu zahlen, so ist zu gewährleisten, dass auch der Zwangsverwalter den Mietzins für die Zeitspanne erhält, während der er die Vermieterpflichten zu erfüllen hat (OLG Rostock v. 20.12.1999 – 3 U 25/98, OLGReport Rostock 2000, 214 [216]).

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Urteil vom 28.03.2002; Aktenzeichen 9 O 480/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28.3.2002 verkündete Urteil des LG Halle (9 O 480/01) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die von ihnen genutzten Gewerbeflächen im Objekt P.-Straße 85, H., 2. Etage, mit einer Gesamtfläche von ca. 124 qm zu räumen und geräumt an den Kläger herauszugeben.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 15.116,86 Euro (= 29.566 DM) nebst 5 % Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 5.12.2001 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten 89 % und der Kläger 11 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 25.000 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 400 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger ist seit dem 9.2.2000 Zwangsverwalter des Objekts P.-Straße 85 in H.. Die Beklagten nutzen in dem Objekt Räumlichkeiten. Ob sie dies auf vertraglicher Grundlage tun (und falls ja, auf welcher), ist zwischen den Parteien streitig. Der Kläger verlangt Zahlung restlichen Mietzinses (bzw. Nutzungsentschädigung) für die Zeit von April 2000 bis November 2001 sowie nach erfolgter Kündigung Räumung der von den Beklagten genutzten Räumlichkeiten.

Mit Datum vom 28.10.1996 schlossen die R. GmbH (als Vermieterin) und der Beklagte zu 1) einen Mietvertrag über die streitgegenständlichen Räumlichkeiten (Bl. 34–43 I). Der monatliche Mietzins betrug brutto (nach Erhöhung der Mehrwertsteuer) 1.856 DM. Ob dieser Vertrag von der Vermieterin wirksam gekündigt wurde, ist zwischen den Parteien streitig. Die R. GmbH richtete an die Beklagte zu 2) mit Datum vom 14.8.1998 ein Schreiben, mit dem sie das Mietverhältnis zum 15.8. fristgemäß kündigte (Bl. 29 II). Der Beklagte zu 1) widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 19.8.1998 (Bl. 125 I) insoweit, dass er diese erst zum 18.11.2000 für wirksam hielt.

In dem Schreiben heißt es abschließend: Bis dahin verbleibt es bei der vereinbarten Miete zzgl. Nebenkosten.

Unstreitig haben die Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum lediglich für den Monat April 2000 einen Betrag i.H.v. 1.290 DM gezahlt.

Mit Datum vom 29.6.1998 schloss (nach der Behauptung der Beklagten) P. Sch. (= Ehefrau des Beklagten zu 1)), vertreten durch die Beklagte zu 2) mit dem Beklagten zu 1) einen Mietvertrag über die streitgegenständlichen Räumlichkeiten (Bl. 79 – 83 I/Bl. 42 – 46 II). Nach § 4 Nr. 1 des Vertrages betrug der monatliche Mietzins 1.290 DM. Hinsichtlich der Vertretung durch die Beklagte zu 2) nehmen die Beklagten Bezug auf eine notarielle Vollmacht vom 21.8.1989 (Bl. 29 – 32 II), mit der P. Sch. den Beklagten zu 1) bevollmächtigt, sie in allen gesetzlich zulässigen Angelegenheiten gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Der Kläger bestreitet die Wirksamkeit dieses Vertrages. In erster Instanz hatten die Beklagten ein nicht unterzeichnetes Exemplar (Bl. 83 I) des genannten Mietvertrages zur Gerichtsakte gereicht. Nachdem das LG (LGU S. 5 – Bl. 143 I) im Urteil ausgeführt hatte, dass der Beklagte zu 1) sich nicht auf diesen Vertrag berufen könne, weil dieser keine Unterschriften trage, haben die Beklagten mit der Berufungsbegründung ein unterzeichnetes Exemplar zur Gerichtsakte gereicht (Bl. 46 II) und einen Verstoß des LG gem. § 139 ZPO gerügt. Der Kläger bestreitet (u.a.), dass das nunmehr vorgelegte unterzeichnete Exemplar bereits bei Vertragsabschluss unterschrieben war (Bl. 58 II).

Der Kläger hat mit Schreiben vom 20.6.2000 ggü. der Beklagten zu 2) (Bl. 26/27 I) und mit Schreiben vom 6.11.2001 ggü. dem Beklagten zu ...

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