Leitsatz (amtlich)
1. Nach Art. 59 EuGVVO ist für die Frage, ob in dem Mitgliedsstaat, dessen Gericht angerufen wird, ein Wohnsitz besteht, dessen Recht anzuwenden. Nach § 7 ZPO ist dafür entscheidend, ob dort der Mittelpunkt der gesamten Lebensverhältnisse der Person liegt. Hierfür genügte eine Meldeanschrift für sich allein nicht.
2. Art. 60 EuGVVO ist nicht dadurch erfüllt, dass aufgrund der Eintragung der Firma einer Partei im Handelsregister zumindest von einem Geschäftssitz in Deutschland auszugehen wäre, denn Art. 60 EuGVVO betrifft den Sitz von Gesellschaften und juristischen Personen, mithin rechtsfähige Vermögensmassen. Die Firma eines Kaufmanns ist jedoch nur der Name, unter welchem jener im Geschäftsverkehr auftritt.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 16.10.2012; Aktenzeichen 11 O 1750/11) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 16.10.2012 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 11. Zivilkammer des LG Magdeburg wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch eine Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzu-wenden, wenn die Beklagte nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Das am 16.10.2012 verkündete Urteil des LG Magdeburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren beträgt 62.666 EUR.
Gründe
I. Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen die Annahme des LG, die deutschen Gerichte seien für die Entscheidung des Rechtsstreits international nicht zu-ständig.
Der Kläger ist Landwirt. Die Beklagte ist einerseits unter der im Rubrum genannten Firma und Anschrift als Maklerin in A. tätig, andererseits aber in Polen wohnhaft. Zwischen dem Kläger, der in Polen investieren wollte, und der unter der Fa. B. e.K. firmierenden Vorgängerin der Beklagten als Maklerin in A. bestanden seit 1996 geschäftliche Kontakte. Die Beklagte war damals als Angestellte der Fa. B. e.K. tätig. Eine von dem Kläger vorgelegte Melderegisterauskunft vom 26.10.2011 weist seit 1999 eine Hauptwohnung der Beklagten in A. sowie seit 2002 eine Nebenwohnung in H. aus.
Die Parteien waren zudem Gesellschafter der polnischen Kapitalgesellschaft "N." (im Folgenden: "N."), welche in der Landwirtschaft tätig ist. Dabei hielt nach dem erstinstanzlichen Vortrag die Beklagte 51 % der Anteile und der Kläger 49 %. Nach dem unbestritten gebliebenen Vorbringen der Beklagten in der Berufungsinstanz ist diese nunmehr Alleingesellschafterin der "N.". Der Kläger war zumindest bis 2007 Geschäftsführer der "N."; nunmehr ist dies der Ehemann der Beklagten, F. B.. Die Beklagte war außerdem Eigentümerin von landwirtschaftlich genutzten Grundstücken in einer Größe von 182 ha, welche in der polnischen Gemeinde R. M. (deutscher Ortsname: R., welchen der Senat entsprechend der Diktion der Parteien im Folgenden verwendet) belegen sind. Die Beklagte hat diesen Grundbesitz im Jahr 2006 an einen Dritten verkauft.
Die Parteien hatten im Jahr 2004 zunächst vor einem deutschen Notar eine Vereinbarung dahin getroffen, dass der Kläger der Beklagten ein Darlehen über 700.000 EUR gewährt, welches in der Weise zurückgeführt werden sollte, dass die Beklagte, die damals sämt-liche Anteile der "N." hielt, dieser zunächst den vorbezeichneten Grundbesitz in R. überträgt und dann die Geschäftsanteile auf den Kläger übertragen sollte. Diese Verein-barung ist dann in Polen dahin geändert worden, dass das Darlehen nicht der Beklagten, sondern der "N." gewährt und durch jährliche Zahlungen von 70.000 EUR zurückgeführt werden sollte.
Der Kläger fordert von der Beklagten die Rückzahlung von 50.000 EUR, welche er ihr am 22.4.2005 in Deutschland in bar ausgezahlt hat, sowie vorgerichtlicher Zinsen auf diesen Betrag für die Zeit vom 1.7.2005 bis zum 31.10.2011 i.H.v. 4 % bzw. beziffert i.H.v. 12.666 EUR. Der Anlass dieser Zahlung sowie die dabei getroffenen Abspra-chen sind streitig. Die über die Auszahlung des Betrages von 50.000 EUR errichtete Quittung besagt: "Für Ankauf R. am 22.4.2005 gezahlt".
Der Kläger meint, er habe einen Rückzahlungsanspruch aus einem mit der Beklagten geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag, hilfsweise aus ungerechtfertigter Bereiche-rung und weiter hilfsweise aufgrund deliktischer Haftung der Beklagten.
Der Kläger hat hierzu im Wesentlichen folgendes vorgetragen:
Der vormals im Eigentum der Beklagten stehende Grundbesitz in R. habe durch die "N." bewirtschaftet werden sollen. Da die Flächen jedoch an den Zeugen Bn. verpachtet gewesen seien, habe die Beklagte für die 50.000 EUR Austauschflächen in der Nähe von K. erwerben sollen, die sodann dem Zeugen Bn. zum Tausch an-geboten werden sollten. Als dieses Geschäft nicht zustande gekommen sei, sei er davon ausgegangen, dass die Beklagte den Geldbetrag als Darlehen in die "N." eingebracht habe. Erst als er die "N." wegen der hierauf entfallenden Zinsen vor einem Gericht in ...