Leitsatz (amtlich)
1. Ein Anspruch eines Miterben nach § 2057a BGB bewirkt, dass der anspruchsberechtigte Miterbe über seinen Erbanteil hinaus den Betrag zusätzlich aus dem Nachlass verlangen kann, d.h., dass sein Anspruch im Voraus aus dem Nachlass zu befriedigen ist, bevor der verbleibende Nachlass entsprechend den Erbquoten unter sämtlichen Erben zu verteilen ist.
2. Nach § 2057a Abs. 1 Satz 2 BGB gehören zu den anspruchsbegründenden besonderen Leistungen insbesondere auch unentgeltlich erbrachte Pflegeleistungen gegenüber dem späteren Erblasser.
3. Zur gerichtlichen Schätzung des Umfangs der Pflegeleistungen sowie Festsetzung der Höhe des Ausgleichsbetrages.
Verfahrensgang
LG Stendal (Urteil vom 21.12.2020; Aktenzeichen 21 O 279/19) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das am 21. Dezember 2020 verkündete Urteil der Einzelrichterin der Zivilkammer 1 des Landgerichts Stendal wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil des Senats und das o.a. Urteil des Landgerichts sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Der Kläger begehrt vom Beklagten, seinem Bruder, die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft nach ihrer gemeinsamen Mutter I. S..
Die Prozessparteien sind Erben nach ihrer Mutter jeweils zu einem Anteil von 1/2. Die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft ist teilweise bereits erfolgt; offen ist noch die Aufteilung einer im Jahre 2007 an die Mutter gezahlten Abfindung in Höhe von 43.500,00 EUR.
Während des laufenden Rechtsstreites haben die Prozessparteien einen Vergleich über die Hauptforderung geschlossen, danach hat der Beklagte die Klageforderung in Höhe von 20.000,00 EUR anerkannt - insoweit ist am 05.10.2020 ein Teil-Anerkenntnisurteil des Landgerichts ergangen - und beide Prozessparteien haben den Rechtsstreit wegen der weitergehenden (Haupt-)Forderung übereinstimmend für erledigt erklärt.
Bei der Fortsetzung des Rechtsstreits und auch im Berufungsverfahren geht es um die Zinsforderung, welche der Kläger mit der am 23.01.2020 erhobenen Klage geltend gemacht hat, reduziert auf den anerkannten Betrag der Hauptforderung.
Von einer weiteren Darstellung der tatsächlichen Feststellungen i.S.v. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
Das Landgericht hat die Klage nach Anhörung der Prozessparteien und Übergang ins schriftliche Verfahren mit am 21.12.2020 verkündeten Schlussurteil (neben der deklaratorischen Feststellung der Erledigung hinsichtlich des Teilbetrages i.H.v. 1.750,00 EUR) abgewiesen.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er die Zinsforderung nunmehr als Hauptforderung weiterverfolgt.
Der Senat hat im Termin der mündlichen Verhandlung vom 08.09.2021 Hinweise zur Sach- und Rechtslage erteilt und dem Kläger eine Frist für eine ergänzende Stellungnahme eingeräumt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls Bezug genommen. Der Schriftsatz des Klägers vom 18.10.2021 hat Berücksichtigung gefunden.
B. Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
I. Der Berufungsantrag des Klägers, den Beklagten zur Zahlung von Verzugszinsen auf 20.000,00 EUR in gesetzlicher Höhe des § 288 Abs. 1 BGB seit dem 25.06.2007 zu zahlen, ist dahin auszulegen, dass der Kläger vom Beklagten einen pauschalierten Verzugsschaden wegen der verspäteten Zahlung in Höhe von 20.000,00 EUR im Zuge der Auseinandersetzung nach § 2042 Abs. 1 BGB geltend macht. Hieran ändert auch das Vorbringen des Klägers im nachgelassenen Schriftsatz vom 18.10.2021 nichts. Dieser Antrag ist jedenfalls unbegründet, soweit er auf Zeiträume bis zum 12.07.2019 gerichtet ist.
1. Die Zinsforderung ist von Anfang und auch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz als eine Nebenforderung zum Anspruch nach § 2042 Abs. 1 BGB geltend gemacht worden.
a) In der ursprünglichen Klageschrift ist die Hauptforderung in Höhe von 21.750,00 EUR als Restbetrag aus der teilweise erfolgten Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft geltend gemacht worden; hierauf - d.h. auf den Restauseinandersetzungsauszahlungsbetrag - sind Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.06.2007 verlangt worden. Angesichts des Umstandes, dass der vermeintlich zum Nachlass gehörende Auszahlungsbetrag des Abfindungsanspruchs der Erblasserin mit 43.500,00 EUR beziffert war, ist dieser Antrag dahin auszulegen gewesen, dass es sich bei der Zinsforderung nicht um eine zur Hauptforderung gehörige Teilposition handeln sollte, sondern um eine Nebenforderung zum Hauptanspruch nach § 2042 Abs. 1 BGB.
b) Nach dem Teilanerkenntnis des Beklagten und der übereinstimmenden Erledigterklärung beider Prozessparteien bezüglich der gesamten Hauptforderung hat der Kläger die Zinsforderung als Klageantrag aufrechterhalten. Aus diesem Verhalten ergibt sich unmittelbar, dass der Kläger...