Leitsatz (amtlich)
Es kann einen schuldhaften Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht darstellen, wenn die Gemeinde nach dem Fällen eines Baumes auf einem unbefestigten Parkstreifen neben einer städtischen Straße und nach dem Abfräsen des Stubbens das entstehende Loch ausschließlich mit dem angefallenen Fräsmaterial verfüllt, ohne in den folgenden Jahren zu kontrollieren, ob das Fräsmaterial nachgibt und absinkt, oder sonstige Sicherungen des verfüllten Lochs vornimmt, um ein Parken dort zu verhindern.
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 25.09.2014; Aktenzeichen 10 O 311/14) |
Tenor
Unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten im Übrigen wird das am 25.9.2014 verkündete Einzelrichterurteil der 10. Zivilkammer des LG Magdeburg teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.188,86 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.11.2013 zu zahlen.
Die Beklagte wird ferner verurteilt, auf die der Klägerin von Seiten der Rechtsanwälte E. + L., A. -Straße 34, S., erteilten Rechnung vom 18.12.2013 den Betrag von 201,71 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.1.2014 an die Klägerin zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 5/8 und die Beklagte zu 3/8.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Gebührensstreitwert für das Berufungsverfahren beträgt 3.284,24 EUR.
Gründe
I. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Die Beklagte wendet sich gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz und rügt, dass keine Aufklärung des Sachverhalts zu dem Unfallgeschehen erfolgt sei und die angefochtene Entscheidung keine ausreichende Beweiswürdigung enthalte. Dem LG hätte bereits auffallen müssen, dass die abgerechneten Fahrzeugschäden nicht mit dem vom Zeugen Dr. K. geschilderten Geschehensablauf in Übereinstimmung zu bringen seien.
Ihr könne auch nicht vorgeworfen werden, dass sie nach dem Fällen des Baumes das im Boden verbliebenes Wurzelwerk nicht entfernt und die später entstandene Vertiefung nicht mit Kies oder anderem unverrottbarem Material verfüllt habe, weil dies dem Charakter des Seitenstreifens als Grünfläche widersprochen hätte. Auch könne ihr nicht vorgehalten werden, dass sie die Grünfläche in der Folgezeit nicht mehr kontrolliert habe, weil die Vertiefung mit zumutbarem Aufwand nicht rechtzeitig hätte erkannt werden können, da diese kurzfristig entstanden sei.
Ihre Haftung scheide zudem auch deshalb aus, weil den Fahrer des Klägerfahrzeuges ein ganz überwiegendes Eigenverschulden treffe. Hätte der Zeuge K. beim Einparken darauf geachtet, ob sich auf der fraglichen Fläche Hindernisse oder Unebenheiten befinden, hätte er diese bei der gebotenen Sorgfalt wahrnehmen können. Wer auf einer Grünfläche parke, dürfe nicht blind darauf vertrauen, dass sich dort keine Hindernisse und Vertiefungen befinden. Außerdem habe das LG die Betriebsgefahr des Fahrzeuges der Klägerin nicht berücksichtigt.
Im Zusammenhang mit der Nutzungsausfallentschädigung stelle das LG hinsichtlich der Postlaufzeiten unzulässige Spekulationen an. Es gebe keinen Grund zu der Annahme, dass das Gutachten, das die Werkstatt am 18.10.2013 per Email erhalten habe, der Klägerin nicht auf gleichem Wege und damit ohne Zeitverzug übermittelt worden sei. Die Klägerin habe nie vorgetragen, dass sie Bedenkzeit gebraucht habe und daher die Reparatur erst Tage später in Auftrag gegeben habe. Vielmehr habe sie vorgetragen gehabt, es sei heute nicht mehr nachvollziehbar, weshalb die Werkstatt die Ersatzteile erst am 28.10.2013 bestellt habe.
Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie räumt allerdings ein, dass ein Teil der im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Beschädigungen nicht vorfallsbedingt sei, und legt hierzu ein korrigiertes Schadensgutachten des Sachverständigen F. vom 19.2.2015 vor, wonach sich die auf dem Vorfall basierenden Reparaturkosten auf 1.183,31 EUR (netto) belaufen würden.
II. Die Berufung der Beklagten hat in der Sache teilweise Erfolg.
Die angefochtene Entscheidung beruht zwar nicht auf einem Rechtsfehler (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO), die gemäß § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen allerdings eine abweichende Beurteilung.
Der Klägerin steht gegen die beklagte Stadt aus § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 1.188,86 EUR wegen einer schuldhaften Amtspflichtverletzung zu.
Sie hat auf das zulässige Bestreiten der Beklagten im Ergebnis der vom LG verfahrensfehlerfrei durchgeführten Beweisaufnahme bewiesen, dass es am 11.10.2013 gegen 7.10 Uhr in dem Bereich des D. Weges i...