Leitsatz (amtlich)

So wie ein Urteil, das nicht in dem zu diesem Zweck anberaumten Verkündungstermin, sondern in einem anderen, den Parteien nicht bekannt gegebenen Termin verkündet worden ist, Grundlage einer Sachentscheidung des Rechtsmittelgerichts sein kann, kann auch ein unter Verletzung von § 310 Abs. 1 S. 1 ZPO verkündetes Urteil, bei dem die Verlautbarung durch Zustellung erfolgt ist, Grundlage einer Sachentscheidung des Berufungsgerichts sein.

 

Verfahrensgang

LG Dessau-Roßlau (Urteil vom 09.03.2011; Aktenzeichen 4 O 250/10)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das nicht in öffentlicher Sitzung verkündete, auf die mündliche Verhandlung vom 9.3.2011ergangene und den Parteivertretern jeweils am 2.5.2011 zugestellte Urteil der 4. Zivilkammer des LG Dessau-Roßlau, Az: 4 O 250/10, wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist - wie auch das mit der Berufung angegriffene Urteil - ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Und beschlossen:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.850 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Hinsichtlich der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angegriffenen Urteils Bezug genommen. Ergänzend wird ausgeführt:

Die Parteien streiten über einen Maklerprovisionsanspruch der Klägerin.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 15.2.2010 kaufte der Beklagte von den in D. lebenden Eigentümern das Grundstück Flur 8, Flurstücke 16/31 und 16/26 in der Gemarkung R., Q. straße 12a, für 105.000 EUR, wovon 5.000 EUR auf mitverkauftes Mobiliar entfielen. Das Grundstück war dem Beklagten zuvor von der Klägerin vermittelt worden. Die erste Besichtigung erfolgte mit dem Geschäftsführer der Klägerin am 9.2.2010. Noch vor der Besichtigung unterschrieb der Beklagte, der Journalist ist, ein ihm von dem Geschäftsführer der Klägerin übergebenes Schriftstück. Darin heißt es u.a.:

"Maklervertrag

Nachweis- und Vermittlungsbestätigung sowie Provisionsvereinbarung

Kaufobjekt Haus EFH

Ort ...

Straße ...

Immo. Nr.

Kaufinteressenten 1. Name ...

2. Straße ...

3. Ort ...

4. Telefon ...

Hiermit bestätige ich/wir der Firma

... Makler GmbH

...

...

dass mir/uns das vorgenannte Kaufobjekt bis zum heutigen Tag unbekannt war und der Nachweis über die Käuflichkeit des Objektes sowie die Vermittlung durch die o.g. Firma erfolgte. Ich verpflichte mich/wir verpflichten uns, im Falle eines Ankaufs durch mich/uns oder Weitergeben der Adressen an Dritte, sie zu benennen und eine

Vermittlungsprovision i.H.v. 6.500 EUR inkl. gesetzl. Mehrwertsteuer an die vorgenannte Firma unverzüglich zu zahlen."

Eine Abschrift hiervon wurde dem Beklagten nicht übergeben. Die Klägerin verwendet regelmäßig ein solches Formular, das sie jeweils um die Daten der Kaufinteressenten, des Objektes, den Kaufpreis und die Höhe der Provision ergänzt. Auch der Beklagte hatte bereits am 1.2.2010 ein entsprechendes Schriftstück, eine Doppelhaushälfte in W. betreffend, unterzeichnet.

Nach Besichtigung des Hausgrundstückes Q. straße 12a beabsichtigte der Beklagte mit den Eigentümern über den Kaufpreis von 120.000 EUR in Verhandlungen zu treten. Er bat den Geschäftsführer der Klägerin um Mitteilung der Kontaktdaten. Der Geschäftsführer der Klägerin teilte ihm unter Hinweis darauf, dass er für Preisverhandlungen zuständig sei und sich sofort mit den Verkäufern, für die er ebenfalls tätig sei, ins Benehmen setzen würde, den Namen der Eigentümer mit. Er gab an, dieselben würden in München wohnen.

Am 10.2.2010 erklärte der Geschäftsführer der Klägerin den Beklagten gegenüber, dass es einen Verhandlungsspielraum bis 110.000 EUR gäbe. Die Parteien vereinbarten für denselben Tag eine weitere Besichtigung des Grundstücks. Der Geschäftsführer der Klägerin erklärte, es gäbe noch weitere Kaufinteressenten. Der Beklagte solle sich bis zum 12.2.2010 entscheiden. Er werde nochmals mit den Eigentümern sprechen. Die neuerliche Bitte um die Kontaktdaten schlug der Geschäftsführer der Klägerin erneut aus. Am 11.2.2010 informierte er den Beklagten, die Eigentümer würden für 105.000 EUR verkaufen. Am Folgetag erklärte der Beklagte, einverstanden zu sein. Er unterzeichnete selbigen Tags, nachdem der Geschäftsführer der Klägerin erneut auf weitere Interessenten hingewiesen hatte, eine Reservierungsvereinbarung. Darin heißt es:

"Auftrag zum Vorbehalten des Objektes

Die Maklerfirma :...

Straße :...

Ort :...

:...

Herr :...

geb. :...

Wohnhaft in :...

...

- nachstehend Auftraggeber genannt -

Frau :...

Wohnhaft in :...

...

... nachstehend Verkäufer genannt -

Kaufgegenstand : bebautes Grundstück mit einem EFH

Straße :...

PLZ/Ort :...

Flur: : 8

Flurstück : 16/31-16/28

Blatt : 1270

Kaufpreis : 105.000 EUR

Kaufpreis inkl. Courtage : 111.500 EUR

Maklergebühr : 6.500 EUR

inkl. 19 % MWSt.

Der Auftraggeber bestätigt, vom Auftragnehmer und dem Verkäufer über das Objekt die notwendigen Informationen erhalten zu haben; das Objekt wurde vom Auftraggeber besichtigt.

Der Auftragnehmer er...

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