Entscheidungsstichwort (Thema)

Nutzungsentschädigung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Geltendmachung einer Nutzungsentschädigung für sogenannte Separationsflächen durch die Gemeinschaft der Separationsinteressenten.

 

Normenkette

EGBGB Art. 233 § 10 Abs. 1 S. 1; BGB §§ 812, 988

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 26.01.1999; Aktenzeichen 12 Lw 28/98)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 26.01.1999 verkündete Urteil des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgerichts – Magdeburg abgeändert.

Der Klageanspruch wird dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.

Der Rechtsstreit wird zur Verhandlung und Entscheidung über die Höhe des Klageanspruchs an das Landwirtschaftsgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens vorbehalten bleibt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht für sogenannte „Separationsflächen” eine Nutzungsentschädigung geltend.

Die Beklagten führen einen landwirtschaftlichen Betrieb. Sie nutzen unter anderem einige Grundstücke in der Gemarkung W. als Ackerflächen, die ursprünglich die Funktion von Wegen hatten, jedoch zu DDR-Zeiten im Rahmen der Schaffung arrondierter landwirtschaftlicher Flächen umgebrochen wurden. Als Eigentümer dieser Flurstücke sind sogenannte „Separationsinteressenten” bzw. die „Gesamtheit der Separationsbeteiligten in W.” im Grundbuch eingetragen. Es handelt sich um altrechtliche Personenzusammenschlüsse. Diese Gemeinschaften wurden bisher weder auseinandergesetzt, noch werden ihre Mitglieder im Grundbuch genannt.

Einen Teil der Separationsgrundstücke, nämlich 12,9482 ha, haben die Beklagten am 27.03.1997 von der Klägerin zu einem jährlichen Pachtzins von 5.826,70 DM gepachtet. Unstreitig waren zumindest die Pachtgrundstücke schon zuvor, seit 1990 von den Beklagten bewirtschaftet worden, ohne daß hierfür ein Entgelt vereinbart noch entrichtet worden war.

Die Klägerin hat unter Berufung auf Art. 233 § 10 EGBGB die Ansicht vertreten, sie sei als gesetzliche Vertreterin der Separationsinteressenten berechtigt und verpflichtet, die sich aus dem Grundeigentum ergebenden Rechte geltend zu machen. In dieser Funktion hat sie von den Beklagten für die Zeit vom 03.10.1990 bis 30.03.1997 die Zahlung einer Entschädigung von 46.757,75 DM für die Nutzung der Separationsflächen verlangt.

Sie hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 46.757,75 DM nebst 4% Zinsen seit dem 05.03.1998 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben gemeint, ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung der Separationsinteressenten sei schon deshalb ausgeschlossen, weil die streitgegenständlichen Grundstücke nicht mehr entsprechend ihrer alten Zweckbestimmung als Wege genutzt würden.

Ferner haben die Beklagten vorgetragen, die Bodeneigentümer der Separationsflächen seien ohne weiteres feststellbar. Deshalb, so haben sie gemeint, komme Art. 233 § 10 EGBGB nicht zur Anwendung. Jedenfalls aber gewähre Art. 233 § 10 EGBGB der Klägerin nur die Befugnis, über die Grundstücke zu verfügen, nicht aber, eine Nutzungsentschädigung oder Pacht zu verlangen. Außerdem könne die Klägerin eine solche allenfalls für die Zeit ab Inkrafttreten der genannten Vorschrift geltend machen, weil sie zuvor nicht zur Vertretung der Separationsinteressenten berechtigt gewesen sei.

Des weiteren müsse sich die Klägerin entgegenhalten lassen, daß die Beklagten ihrerseits auf anderen Grundstücken neue, öffentlich genutzte Wege unterhielten, obgleich dies Aufgabe des Trägers der öffentlichen Straßenbaulast sei. Müßten sie für die Separationsgrundstücke ein Entgelt zahlen, führte dies zu einer Doppelbelastung, die nicht hinnehmbar sei. Die Klägerin könne nicht einerseits für die Nutzung der Separationsflächen ein Entgelt verlangen, sich aber andererseits ihrer Verantwortung für die öffentlichen Wege entziehen.

Die Beklagten haben ferner behauptet, nicht alle streitgegenständlichen Grundstücke benutzt zu haben. Die Höhe der geltend gemachten Nutzungsentschädigung sei auch unangemessen, zumal die ehemaligen Wege als Ackerflächen eine wesentlich geringere Ertragsfähigkeit aufwiesen. Schließlich haben sie die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landwirtschaftsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, Art. 233 § 10 EGBGB berechtige die Gemeinden lediglich zu einer Verfügung über die Grundstücke, etwa zu deren Veräußerung, nicht aber zur Geltendmachung von Nutzungsentschädigungen oder Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie greift die Rechtsansicht des Landwirtschaftsgerichts an und meint, die Auslegung des Art. 233 § 10 EGBGB ergebe nicht nur ein Verfügungsrecht der Gemeinden im sachenrechtlichen Sinne, sondern eine umfassende Vertretungsbefugnis.

Sie beantragt,

die Beklagten unter Abänderung des Urteil des Amtsgerichts Magdeburg vom 26.01.1999, Geschäftsnummer: 12 Lw 28/98,als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 46.757,75 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 05.03.1998 zu zahlen.

Die Beklag...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge