Leitsatz (amtlich)

Eine Rechtsanwaltsgesellschaft mbH nach §§ 59cff. BRAO kann im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung einer Partei gem. § 121 Abs. 1 ZPO im Scheidungsverfahren beigeordnet werden.

 

Normenkette

ZPO §§ 78, 121; BRAO § 59cff

 

Verfahrensgang

AG Schwandorf (Aktenzeichen 2 F 87/02)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin werden die Beschlüsse des AG – FamG – Schwandorf vom 5. und 13.3.2002 (2 F 87/02) abgeändert.

2. Der Antragstellerin wird im Rahmen der mit Beschluss vom 5.3.2002 bewilligten Prozesskostenhilfe die „… & Kollegen, Rechtsanwaltsgesellschaft mbH”, beigeordnet.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin beantragte für das Scheidungsverfahren Prozesskostenhilfe und die Beiordnung der „… & Kollegen, Rechtsanwaltsgesellschaft mbH”. Mit Beschluss vom 5.3.2002 bewilligte das FamG Prozesskostenhilfe, ordnete der Antragstellerin jedoch Rechtsanwalt …, Prokurist der genannten Rechtsanwalts-GmbH, bei.

Den Antrag vom 7.3.2002, den Prozesskostenhilfebeschluss dahin gehend zu ändern, dass die oben genannte Rechtsanwalts-GmbH beigeordnet wird, lehnte das FamG mit Beschluss vom 12.3.2002 ab, da eine Anwaltsgesellschaft nicht beigeordnet werden könne, vielmehr nur der einzelne Anwalt der Sozietät. Gegen diesen am 18.3.2002 zugestellten Beschluss legte die Antragstellerin sofortige Beschwerde ein mit Schriftsatz der sie vertretenden Rechtsanwalts-GmbH vom 19.3.2002, der am 21.3.2002 beim FamG eingegangen ist und dem das FamG nicht abgeholfen hat. Die Antragstellerin verfolgt weiterhin das Ziel, der Beiordnung der „… & Kollegen, Rechtsanwaltsgesellschaft mbH”.

Mit Beschluss vom 8.4.2002 wurde die Beschwerdesache vom Einzelrichter auf den Senat übertragen. Es wurde die Stellungnahme der Rechtsanwaltskammer Nürnberg vom 3.6.2002 eingeholt.

II. Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde wurde form- und fristgerecht eingelegt und ist daher zulässig. Sie ist auch begründet, denn es kann einer Partei gem. § 121 Abs. 1 ZPO eine Rechtsanwalts-GmbH beigeordnet werden.

Gesellschaften mit beschränkter Haftung können unter den Voraussetzungen der §§ 59cff. BRAO als Rechtsanwaltsgesellschaften zugelassen werden. Eine solche Rechtsanwalts-GmbH kann laut ausdrücklicher Regelung in § 59 Abs. 1 BRAO als Prozess- und Verfahrensbevollmächtigte einer Partei beauftragt werden. Sie hat nach dieser Vorschrift die Rechte und Pflichten eines Rechtsanwaltes. Daraus folgt, dass die Rechtsanwalts-GmbH prozess- und postulationsfähig ist (Feurig/Braun, 5. Aufl. § 59 BRAO Rz. 1 ff.; Zöller/Vollkommer, 23. Aufl., § 50 ZPO Rz. 16). Diese Auffassung wird ebenfalls von der Rechtsanwaltskammer Nürnberg in ihrer Stellungnahme vom 3.6.2002 geteilt.

Dagegen spricht nicht, dass gem. § 78 ZPO nur ein bei einem AG oder LG zugelassener Rechtsanwalt die Vertretung der Partei übernehmen kann, die Rechtsanwalts-GmbH jedoch keine Zulassung bei einem bestimmten Gericht besitzt. Diese Zulassung bei einem bestimmten Gericht sieht das Gesetz ausschließlich für Rechtsanwälte als natürliche Personen vor (§ 18 ff. BRAO), nicht jedoch für berufliche Zusammenschlüsse i.S.d. § 59a BRAO und nicht für Rechtsanwaltsgesellschaften i.S.d. § 59c BRAO (vgl. gutachtliche Stellungnahme der Rechtsanwaltskammer Nürnberg). Die Rechtsanwaltsgesellschaft handelt durch ihre Organe und Vertreter. Diese nehmen die erforderlichen Prozesshandlungen vor. In deren Person müssen daher im Einzelfall die gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen vorliegen (§ 59 Abs. 1 Satz 3 BRAO). Die Rechtsanwaltsgesellschaft hat daher zu bestimmen, durch welches Organ oder durch welchen qualifizierten Vertreter sie im konkreten Fall ggü. dem Gericht auftritt. Dessen rechtsbesorgende Leistungen sind wiederum der Rechtsanwalts-GmbH zuzurechnen, so dass die Gesellschaft als juristische Person selbst Erbringer der Dienstleistungen ist (Feurig/Braun, 5. Aufl., § 59 Abs. 1 BRAO Rz. 3). Sie kann daher der Antragstellerin als Prozessvertreterin gem. §§ 121 Abs. 1, 78 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 59 Abs. 1 BRAO beigeordnet werden.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Kleinknecht Dr. Söllner Hoffmann

VorsRiOLG RiOLG RiOLG

 

Fundstellen

Haufe-Index 1108397

NJW 2002, 3715

FamRZ 2003, 106

ZAP 2002, 977

EzFamR aktuell 2002, 380

MDR 2002, 1219

Rpfleger 2002, 628

KammerForum 2003, 74

OLGR-MBN 2002, 479

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