Verfahrensgang
AG Regensburg (Aktenzeichen UR III 17/19) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Beschwerde d. Betr. gegen den Beschluss des Amtsgerichts Regensburg vom 21. Mai 2019 wird zurückgewiesen
2. D. Betr. trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. D. Betr. wurde am .... in ... geboren und zunächst als "männlich" mit dem Vornamen N... und dem Geburtsnamen L... unter Registernummer ... in das Geburtenbuch des dortigen Standesamts eingetragen. Er ist verheiratet.
Die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität e. V. stellte ihm am 20. März 2013 einen "Ergänzungsausweis" aus, in dem als "Zusatz-/Vorname" S... eingetragen ist.
Mit nicht unterzeichnetem Schreiben vom 8. April 2019 wandte sich d. Betr. an das Standesamt Bogen (Bet. zu 1) und erklärte, er wolle künftig im Geburtsregister unter der Geschlechtsangabe "weiblich" und mit dem Vornamen "S..." geführt werden. Dem Schreiben war ein Attest der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie L... K... vom 3. April 2019 beigefügt, in dem bescheinigt wird, dass d. Betr. seit 9. Februar 1999 in ambulanter Behandlung der Arztpraxis sei, "aus psychiatrischer Sicht eine Variante der Geschlechtsentwicklung vorliege und ausdrücklicher Wunsch bestehe, fortan rechtlich unter der Geschlechtsangabe weiblich und unter entsprechendem Vornamen (S...) geführt zu werden".
D. Bet. zu 1) legte das Schreiben am 10. Mai 2019 über die Standesamtsaufsicht (Bet. zu 2) als Zweifelsvorlage nach § 49 Abs. 2 PStG dem Amtsgericht vor. Die begehrte Amtshandlung werde abgelehnt, weil kein Fall des § 45 b PStG (intersexuelle Personen), sondern ein vom TSG geregelter Fall einer Geschlechtsänderung vorliege.
Mit Beschluss vom 21. Mai 2019, auf den Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht Regensburg d. Bet. zu 1) angewiesen, die Angaben zum Geschlecht und zum Vornamen nicht zu ändern. § 45 b PStG gelte ausweislich der Gesetzesmaterialien nur für Personen, bei denen die Geschlechtschromosomen, das Genitale oder Gonaden inkongruent sind (BT - Drucks.19/4559, 7); ein Änderungsantrag, der darauf abzielte, statt "Varianten der Geschlechtsentwicklung" im Gesetzestext "Varianten der Geschlechtsentwicklung sowie Personen, die sich einem anderen als dem eingetragenen oder keinem Geschlecht zugehörig fühlen" zu schreiben, sei abgelehnt worden (BT-Drucks. 19/6467, 10). Eine Variante der Geschlechtsentwicklung im Sinne des Gesetzes liege nicht vor. Gegen diesen ihm am 28. Mai 2019 zugestellten Beschluss hat d. Bet. mit Schreiben vom 3. Juni, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, beim Amtsgericht Regensburg eingegangen am 4. Juni 2019 Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht Regensburg hat mit Beschluss vom 5. Juni 2019 der Beschwerde nicht abgeholfen und das Rechtsmittel dem Senat vorgelegt.
D. Betr. vertritt die Auffassung, § 45 b PStG gelte auch für Personen, die sich ernsthaft einem anderen oder keinem Geschlecht zugehörig fühlen, auch wenn sie keine körperlichen Abweichungen aufweisen. Es komme allein auf die ärztliche Bescheinigung an, die das Standesamt nicht überprüfen dürfe. Der im Gesetz enthaltene Begriff "Variante der Geschlechtsentwicklung" erfasse nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch psychische und selbst empfundene Varianten der Geschlechtlichkeit. Nur die Sexualwissenschaft verstehe darunter lediglich solche Fälle, in denen Geschlechtschromosomen, Gonaden und Genitale inkongruent sind. Da der Gesetzgeber den Anwendungsbereich der Vorschrift nicht in deren Text festgelegt habe, könnten Ärzte den Begriff "Variante der Geschlechtsentwicklung" auch weiter fassen als vom (historischen) Gesetzgeber gewollt. Am 22. Juni 2019 ist der verfahrensgegenständliche Antrag in öffentlich beglaubigter Form vorgelegt worden.
D. Bet. zu 1) und 2) verteidigen den angefochtenen Beschluss.
II. Die Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für eine Änderung der Angaben zum Geschlecht und zum Vornamen durch bloße Erklärung liegen nicht vor. Nach § 45 b Abs. 1 Satz 1 PStG können nur Personen mit "Varianten der Geschlechtsentwicklung" von der mit Wirkung ab 22. Dezember 2018 geschaffenen Möglichkeit Gebrauch machen. D. Betr. gehört nicht zu diesem Personenkreis. Das Amtsgericht hat die fragliche Norm zutreffend ausgelegt.
1. Ein Gesetz auslegen heißt, seinen Sinn erforschen. Dabei kommt es nicht auf den subjektiven Willen des historischen Gesetzgebers bzw. der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder an. Maßgebend ist der im Gesetzeswortlaut objektivierte Wille des Gesetzgebers - sog. objektive Theorie - wie er sich aus dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (BVerfGE 1, 299/312; 133,168/205; BGHZ 214, 235 Rn. 19; Würdinger, JuS 2016, 1; Burghart, FamRZ 2019, 1029/1034). Der Entstehungsgeschichte einer Vorschri...