Leitsatz (amtlich)

1. Weist der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers in einer Unterhaltssache unter fehlerhafter Bezugnahme auf § 65 FamFG darauf hin, dass die eingelegte Beschwerde noch begründet werden soll, ist darin kein stillschweigender Antrag auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist gemäß § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG i. V. mit § 120 Abs. 2 Satz 2 ZPO zu sehen.

2. Werden die Akten dem Beschwerdegericht erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist vorgelegt, ergibt sich hieraus regelmäßig kein Grund zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist, weil der Beschwerdeführer, wenn die Beschwerdebegründung nicht bereits mit der Beschwerdeschrift verbunden wurde, wegen des Fehlens des Aktenzeichens des Beschwerdeverfahrens nicht gehindert war, die Beschwerdebegründung rechtzeitig bei dem Beschwerdegericht anzubringen.

 

Normenkette

FamFG §§ 65, 117 Abs. 1 S. 4, § 68 Abs. 1 S. 2, § 68 2. Halbsatz; ZPO §§ 233, 520 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Nürnberg (Beschluss vom 05.04.2016; Aktenzeichen 107 F 3182/14)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Entscheidung zum nachehelichen Ehegattenunterhalt mit Beschluss des AG - Familiengericht - Nürnberg vom 5.4.2016 wird als unzulässig verworfen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.136,-- EUR festgesetzt.

4. Gegen diese Entscheidung findet die Rechtsbeschwerde statt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin schlossen am 24.5.2005 die Ehe. Aus der Ehe ist das noch minderjährige Kind L. M. hervorgegangen.

Das AG - Familiengericht - Nürnberg hat mit Endbeschluss vom 5.4.2016 die am 24.5.2005 geschlossene Ehe geschieden, den Versorgungsausgleich geregelt und den Antragsteller verpflichtet, an die Antragsgegnerin ab Rechtskraft der Scheidung einen nachehelichen Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 178,-- EUR zu bezahlen.

Gegen diese Entscheidung, welche seinem damaligen Bevollmächtigten am 7.4.2016 zugestellt worden ist, hat der Antragsteller, beschränkt auf die Folgesache nachehelicher Ehegattenunterhalt, mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 21.4.2016, eingegangen per Fax bei dem AG Nürnberg an diesem Tag, Beschwerde eingelegt. Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat zugleich Akteneinsicht beantragt und Folgendes erklärt:

"Eine Begründung der Beschwerde erfolgt ggf. innerhalb der Begründungsfrist."

Nach bewilligter Akteneinsicht erfolgte die Rückleitung der Akte an das AG mit Schriftsatz des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 6.5.2016.

Mit Schriftsatz vom 7.6.2016, gerichtet an das AG Nürnberg und dort per Fax eingegangen am 7.6.2016, hat der Bevollmächtigte des Antragstellers u.a. Folgendes mitgeteilt:

"Es wird bezugnehmend auf die Regelung des § 65 FamFG mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, die Beschwerde noch zu begründen. Zuvor möchte der Antragsteller der Antragsgegnerin ein Angebot zur einvernehmlichen Erledigung unterbreiten, welches derzeit gerade ausgearbeitet wird."

Mit Verfügung vom 10.6.2016 hat das AG - Familiengericht - Nürnberg die Vorlage der Akte zum Oberlandesgericht Nürnberg zur Entscheidung über die Beschwerde angeordnet. Bei dem Oberlandesgericht Nürnberg ist die Akte am 16.6.2016 eingegangen.

Mit Verfügung vom 20.6.2016 hat der Senat dem Antragsteller folgenden Hinweis erteilt:

Der Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt die Beschwerde des Antragstellers als unzulässig zu verwerfen (§ 117 Abs. 1 S. 4 FamFG, § 522 Abs. 1 S. 1, S. 2 ZPO), da die Beschwerde nicht innerhalb der 2-monatigen Beschwerdebegründungsfrist begründet worden ist (§ 117 Abs. 1 S. 3 FamFG). Die erstinstanzliche Entscheidung vom 5.4.2016 wurde dem damaligen Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 7.4.2016 zugestellt. Die Beschwerdebegründungsfrist endete somit mit Anlauf des 7.6.2016. Eine Beschwerdebegründung ist bis heute beim Oberlandesgericht Nürnberg nicht eingegangen.

Zur Stellungnahme wurde ihm eine Frist von 1 Woche gesetzt. Der Hinweis ist den Bevollmächtigten des Antragstellers am 23.6.2016 zugestellt worden.

Der Antragsteller macht geltend, der Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 7.6.2016 sei als Antrag auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist zu werten. Aus dem Schriftsatz gehe hervor, dass eine Begründung noch erfolgen werde, diese aber in der gesetzlichen Frist nicht erfolgen könne. Das AG habe das Verfahren fehlerhaft nicht zeitnah an das Beschwerdegericht abgegeben, sondern erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungfrist. In Ermangelung der Abgabe an das Beschwerdegericht sei dem Antragsteller ein Aktenzeichens des Beschwerdegerichts nicht bekannt gewesen, weshalb er dem AG mit Schriftsatz vom 7.6.2016 fristwahrend habe mitteilen können, dass die Beschwerde noch begründet werden soll. Zusätzlich habe das AG zeitlich überschneidend eine mit einem Rechtskraftvermerk versehene Ausfertigung des Beschluss vom 5.4.2016 an den Antragsteller persönlich übersandt. Eine telefonische Rückfrag...

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