Leitsatz (amtlich)
Im Fall der Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO fällt weder eine Verhandlungsgebühr in Anwendung der §§ 35, 11 Abs. 1 S. 4, 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO an, noch eine halbe Verhandlungsgebühr in analoger Anwendung des § 114 Abs. 3 BRAGO i.V.m. § 130a VwGO.
Normenkette
ZPO § 522 Abs. 2; BRAGO § 35
Verfahrensgang
LG Ansbach (Aktenzeichen 2 O 76/02) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 16.1. 2003 gegen den Beschluss des LG Ansbach vom 12.12.2002 wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat die Kosten der sofortigen Beschwerde zu tragen.
III. Der Wert des Beschwerdegegenstands beträgt 735,80 Euro.
Gründe
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des LG Ansbach vom 17.6.2002 wurde durch einstimmigen Senatsbeschluss vom 25.10.2002 gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 30.10.2002 für das Berufungsverfahren die Festsetzung der 13/10 Prozessgebühr gem. §§ 11, 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO und der 13/10 Verhandlungsgebühr gem. §§ 11, 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO i.H.v. von jeweils 735,80 Euro und der Post- und Telekommunikationspauschale gem. § 26 BRAGO i.H.v. 20 Euro beantragt. Das LG Ansbach hat die vom Kläger an den Beklagten zu erstattenden Kosten des Berufungsverfahrens durch Beschluss vom 12.12.2002 auf 755,80 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 4.11.2002 festgesetzt; die Verhandlungsgebühr hat es für nicht erstattungsfähig angesehen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten.
2. Die gem. § 104 Abs. 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten ist unbegründet. Der Beklagte hat keinen Anspruch darauf, dass ihm in entspr. Anwendung des § 35 BRAGO für das Berufungsverfahren neben der 13/10 Prozessgebühr (§§ 11 Abs. 1 S. 4, 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO) die 13/10 Verhandlungsgebühr (§§ 11 Abs. 1 S. 4, 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO) erstattet wird.
Nach § 35 BRAGO entstehen in einem Verfahren, in dem keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, die gleichen Gebühren wie in einem Verfahren mit mündlicher Verhandlung, wenn in einem Verfahren, für das die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien nach § 128 Abs. 2 ZPO oder gem. § 307 Abs. 2, § 331 Abs. 3 oder § 495a Abs. 1 ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden wird.
Ein damit vergleichbarer Sachverhalt, der eine analoge Anwendung des § 35 BRAGO rechtfertigen würde, liegt nicht vor, weil § 522 Abs. 2 ZPO vorschreibt, die Berufung durch einstimmigen Senatsbeschluss ohne mündliche Verhandlung unverzüglich zurückzuweisen, wenn sie keine Aussicht auf Erfolg hat und die Voraussetzungen für die Zulassung des Rechtsmittels der Revision nicht vorliegen. Erst wenn die Berufung nicht nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen worden ist, ist Termin zur mündlichen Verhandlung über die Berufung zu bestimmen, § 523 Abs. 1 S. 2 ZPO.
Folglich kann in einem Fall, in dem die Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen worden ist, neben der 13/10 Prozessgebühr keine Verhandlungsgebühr entstehen (ebenso Enders, Verhandlungsgebühr über § 35 BRAGO auch bei Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO, JurBüro 2003, 1 ff., unter Ziff. 7).
Die anwaltliche Leistung durch Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme im Rahmen des nach § 522 Abs. 2 ZPO zu gewährenden rechtlichen Gehörs bzw. durch die Prüfung, ob eine Stellungnahme erforderlich ist, ist durch die Prozessgebühr abgegolten.
Dem Beklagten steht auch nicht die hilfsweise geltend gemachte halbe Verhandlungsgebühr in analoger Anwendung des § 114 Abs. 3 BRAGO zu. Dabei handelt es sich im Verhältnis zu den §§ 31 ff. BRAGO um eine Sondervorschrift, die nur die Rechtsanwaltsgebühr im Fall der Zurückweisung der Berufung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach § 130a i.V.m. § 125 Abs. 2 S. 3 VwGO betrifft. Eine analoge Anwendung für die Zurückweisung der Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO ist deshalb nicht möglich.
Im Übrigen stimmt das Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO auch nicht in vollem Umfang mit dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren in § 130a VwGO überein, da bei Letzterem nicht zwingend ein Zurückweisungsbeschluss ohne mündliche Verhandlung erfolgen muss, sondern im Ermessen des Gerichtes steht.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen gem. § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
4. Kosten: § 97 Abs. 1 ZPO.
5. Beschwerdewert: § 3 ZPO.
Gehr
RiOLG
Fundstellen
Haufe-Index 1108436 |
NJW-RR 2003, 1295 |
EzFamR aktuell 2003, 175 |
MDR 2003, 718 |
Rpfleger 2003, 385 |
BRAGOreport 2003, 90 |
KammerForum 2003, 410 |
OLGR-MBN 2003, 297 |