Leitsatz (amtlich)
Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde. Mutwillig handelt deshalb, wer von zwei gleichwertigen prozessualen Wegen denjenigen beschreitet, von dem er von vornherein annehmen muss, dass er für ihn der kostspieligere ist.
Kann die beabsichtigte Rechtsverfolgung im Wege der Klageerweiterung in einem bereits anhängigen Rechtsstreit geltend gemacht werden, ist die Anstrengung eines neuen Prozesses statt einer Klageerweiterung regelmäßig mutwillig. Ausnahmsweise ist keine Mutwilligkeit anzunehmen, wenn für die Erhebung einer zweiten Klage nachvollziehbare Gründe bestehen.
Normenkette
ZPO § 114
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 13.09.2010; Aktenzeichen 12 O 2067/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 13.9.2010 (Az.: 12 O 2067/10), berichtigt mit Beschluss vom 29.10.2010, wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsteller - Insolvenzverwalter über das Vermögen einer D. Aktiengesellschaft - begehrt Prozesskostenhilfe für die gerichtliche Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs von 3 Mio. EUR wegen von ihm behaupteter Untreue bzw. Anstiftung und Beihilfe zur Untreue zu Lasten der Insolvenzschuldnerin seitens des Antragsgegners.
Dem liegt nach der Sachdarstellung des Antragstellers zugrunde, dass der Antragsgegner aufgrund eines einheitlichen Tatplans gemeinsam mit mindestens zwei weiteren Tatbeteiligten (mit seiner damaligen Lebensgefährtin K.S. sowie mit K.P.) der Insolvenzschuldnerin mit insgesamt drei verschiedenen Verträgen Gesellschaftsanteile an der d.de GmbH zu völlig überhöhten Preisen verkauft und diese dadurch geschädigt haben soll.
Hierzu trägt er vor, Gesellschafter der d.de GmbH mit einem Stammkapital von 50.000 EUR seien gewesen
- die J. GmbH mit einem Stammkapitalanteil von 20.000 EUR, deren Gesellschaftergeschäftsführer der Anträgsgegner war ("J" für J.S.)
- die K.L.- und V.-GmbH mit einem Stammkapitalanteil von 5.000 EUR, deren Geschäftsführerin die damalige Lebensgefährtin des Antragsgegners war ("K" für K.S.),
- die P. & F.S. GmbH mit einem Stammkapitalanteil von 22.500 EUR, deren Gesellschafter K.P. war,
- und S.K. mit einem Stammkapitalanteil von 2.500 EUR.
Aufgrund eines vorgefassten gemeinsamen Tatplans soll der Antragsgegner zusammen mit den weiteren Beteiligten diese Stammkapitalanteile an die Insolvenzschuldnerin wie folgt verkauft haben:
- mit notarieller Urkunde vom 31.12.2003 von der J. GmbH deren Anteil im Nennbetrag von 20.000 EUR zum Preis von 5.240.000 EUR,
- mit notarieller Urkunde vom 31.12.2003 von der K.L.- und V.-GmbH deren Anteil im Nennbetrag von 5.000 EUR zum Preis von 1.310.000 EUR
- mit notarieller Urkunde vom 8.11.2004 von der P. & F.S. GmbH einen Anteil im Nennwert von 12.500 EUR zu einem Preis von 3.000.000 EUR.
Diese Kaufpreise sollen betriebswirtschaftlich nicht zu rechtfertigen gewesen sein; in den notariellen Kaufverträgen sei jeweils zur Begründung des Kaufpreises auf ein und dasselbe Gutachten des Dipl.-Volkswirts G.R. vom 19.1.2004 zum Unternehmenswert den d.de GmbH Bezug genommen worden, das jedoch in keinster Weise belastbar sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Klageentwurf (Bl. 5 ff. d.A.).
Bezüglich des Verkaufs des Anteils der K. GmbH zu einem Preis von 1.310.000 EUR ist bereits eine Schadensersatzklage unter dem Aktenzeichen 8 O 7831/07 vor dem LG Nürnberg-Fürth anhängig, in der vom hiesigen Antragsteller - dem in genanntem Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt worden war - im Wege der Teilklage gegen den hiesigen Antragsgegner ein Betrag i.H.v. 655.000 EUR eingeklagt wird.
Mit der nunmehr beabsichtigten Klage will der Antragsteller den Gesamtschaden aus der Veräußerung des Anteils der P. & F.S. GmbH i.H.v. 3.000.000 EUR geltend machen.
Das LG Nürnberg-Fürth hat mit Beschluss vom 13.9.2010, berichtigt mit Beschluss vom 29.10.2010, den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung als mutwillig zu bewerten sei. Auch wenn es sich bei den in den beiden vor dem LG Nürnberg-Fürth anhängigen Verfahren 8 O 7831/07 und 12 O 2067/10 jeweils geltend gemachten Schadensersatzansprüchen um rechtlich getrennte Ansprüche handele, erscheine es wegen des engen Sachzusammenhangs der beiden Ansprüche mutwillig, hierüber getrennte Prozesse zu führen. Bei den zugrunde liegenden Sachverhalten handele es sich zwar um zwei getrennte notarielle Verträge, mit denen gesonderte Anteile an der d.de GmbH an die Insolvenzschuldnerin veräußert worden seien; allerdings solle diesen beiden - auch zeitlich auseinander fallenden - Veräußerungen nach dem Vorbringen des Antragstellers ein einheitlicher, vorgefasster Tatentschluss des Antragsgegners sowie der weiteren Tatbeteiligten zugrunde liegen, der dann lediglich mit den verschiedenen Anteilsverkäufen umgesetzt worden sein soll. Zudem sollten sämtliche - nach Darstellung des Antragstellers völlig überhö...