Leitsatz (amtlich)
Die Telekommunikationspauschale (Nr. 7002 RVG-VV) des Beratungshilfeanwalts bemisst sich nicht nach der für die Beratungshilfe anfallenden Gebühr, sondern nach der (fiktiven) Gebühr, die ihm als Wahlanwalt zustehen würde.
Normenkette
RVG § 44; RVG-VV Nr. 7002
Verfahrensgang
LG Regensburg (Beschluss vom 19.07.2006; Aktenzeichen 7 T 258/06) |
Tenor
Die weitere Beschwerde des Vertreters der Staatskasse gegen den Beschluss des LG Regensburg vom 19.7.2006 in Verbindung mit dem Beschluss des AG Regensburg vom 15.5.2006 wird zurückgewiesen.
Gründe
Der Bezirksrevisor bei dem LG Regensburg wendet sich mit seiner - zugelassenen - weiteren Beschwerde gegen die Höhe einer Beratungshilfegebühr.
Die antragstellenden Rechtsanwälte beantragen Festsetzung ihrer Gebühren wegen Beratungshilfe i.H.v. 70 EUR und einer Telekommunikationspauschale i.H.v. 20 EUR jeweils zzgl. Umsatzsteuer.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des AG Regensburg hat die Telekommunikationspauschale auf lediglich 14 EUR festgesetzt, weil diese nach Nr. 7000 RVG-VV nur 20 % der Geschäftsgebühr nach Nr. 2603 RVG-VV (70 EUR) betrage und hat insgesamt Gebühren i.H.v. 97,44 EUR festgesetzt.
Auf Erinnerung der Anwälte hat das AG auf Grundlage einer Telekommunikationspauschale von 20 EUR zusätzliche Gebühren i.H.v. 6,96 EUR (6 EUR zzgl. Umsatzsteuer) festgesetzt.
Diese Entscheidung hat das LG auf - zugelassene - Beschwerde des Vertreters der Staatskasse bestätigt.
Der Vertreter der Staatskasse strebt unter Berufung auf Gerold/Schmidt, 17. Aufl., Anm. 34 zu RVG-VV 7001 eine Widerherstellung der Entscheidung des Urkundsbeamten an.
Die zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet. Nach Nr. 7002 RVG-VV steht dem Beratungshilfeanwalt eine Telekommunikationspauschale i.H.v. "20 % der Gebühr, höchstens 20 EUR" zu. Ob unter der "Gebühr" im Sinne der Nr. 7002 RVG-VV die konkrete Beratungshilfegebühr i.H.v. 70 EUR oder die (fiktive) Normalgebühr zu verstehen ist, lässt sich dem Wortlaut des RVG nicht eindeutig entnehmen. Zwar spricht der Wortlaut eher für eine Bemessung der, Pauschale nach der konkreten Gebühr, doch lässt die Formulierung auch eine andere Interpretation zu.
Dementsprechend geht ein Teil der Literatur davon aus, dass die Normalgebühr zugrunde zu legen ist. Begründet wird dies damit, dass eine dem § 133 Satz 2 BRAGO vergleichbare Regelung im RVG fehlt. Es sei daher davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Telekommunikationspauschale nicht auf die Beratungs-hilfegebühr habe beschränken wollen (Baumgärtel/Föller/Hergenröder, Kommentar zum RVG, 9. Aufl., Anm. 7 zu RVG-VV Nr. 7002; Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl., Rz. 8 zu RVG-VV 7001, 7002; Mock AGS 06, 26). Müller/Rabe in Gerold/Schmidt (a.a.O.) geht ohne nähere Begründung davon aus, dass die Telekommunikationspauschale aus der Gebühr RVG-VV 2601 f. zu berechnen ist.
Der Senat schließt sich der erstgenannten Ansicht an.
Der Entwurf eines Gesetzes, zur Modernisierung des Kostenrechts vom 11.11.2003 (BT-Drucks. 15/1971) ist in Bezug auf die Gebühren des Beratungshilfeanwalts (§ 44 RVG, RVG-VV Nrn. 7002 und 2603) unverändert ins Gesetz übernommen worden. In der Entwurfsbegründung ist mehrfach davon die Rede, dass neue RVG-Vorschriften den damals noch geltenden BRAGO-VorSchriften entsprächen, so insb. § 44 RVG dem § 131 BRAGO (BT-Drucks. 15/1971, 199), die RVG-VV Nrn. 7001 und 7002 dem § 26 BRAGO (S. 232) und die RVG-VV Nr. 2603 dem § 132 Abs. 2 BRAGO (S. 208). Mehrfach ist auch darauf hingewiesen, dass die §§ 133 Satz 1 und 133 Satz 3 BRAGO inhaltlich ins RVG übernommen werden (S. 200, 202, 203).
Im Gegensatz hierzu wird § 133 Satz 2 BRAGO nicht erwähnt. Dies rechtfertigt den Schluss, dass der Gesetzgeber bewusst auf die Übernahme dieser Vorschrift verzichtet hat und damit allein die Recht sanwal t sgebühren in Beratungshilfesachen unverändert lassen, die Berechnung der Telekommunikationspauschale aber an der Normalgebühr orientieren wollte.
Es erscheint auch nicht angemessen, bei Auslagen des Rechtsanwalts, auch wenn diese pauschaliert sind, danach zu unterscheiden, ob er in einem "normalen" Verfahren tätig wurde oder im Beratungshilfeverfahren.
Nach alledem ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Zu einer Kostenentscheidung besteht kein Anlass. Erinnerung und Beschwerde sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 RVG).
Fundstellen
JurBüro 2007, 190 |
JurBüro 2007, 192 |
JurBüro 2007, 209 |
MDR 2007, 805 |
AGS 2007, 253 |
RVGreport 2007, 150 |
OLGR-Süd 2007, 191 |
www.judicialis.de 2006 |