Leitsatz (amtlich)
1. Tilgt bei einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft die Organgesellschaft Umsatzsteuerschulden der Organträgerin, so ist eine wirksame Insolvenzanfechtung der Zahlung ggü. der Finanzbehörde nicht vom Erlass eines Haftungsbescheides abhängig.
2. Gegen den anfechtungsrechtlichen Rückforderungsanspruch des Insolvenzverwalters nach Anfechtung wegen inkongruenter Deckung kann die Finanzbehörde nicht mit einem Haftungsanspruch gegen die Organgesellschaft aufrechnen.
Normenkette
InsO §§ 38, 96 Abs. 1 Nr. 1, § 131 Abs. 1 Nr. 2, § 143 Abs. 1 S. 1; AO §§ 73, 191, 218-219; UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 27.11.2008; Aktenzeichen 4 O 4589/08) |
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 27.11.2008, Az. 4 O 4589/08, wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird unter Abänderung des Beschlusses des LG Nürnberg-Fürth vom 27.11.2008 sowohl für das erstinstanzliche Verfahren, als auch für den Berufungsrechtszug auf 70.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die zulässige Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Zur Begründung wird auf den Hinweis des Senats vorn 11.2.2009, zu dem sich die Parteien äußern konnten, Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Der Senat hält an der darin zum Ausdruck gekommenen Beurteilung des Falles auch nach nochmaliger Überprüfung aufgrund des Schriftsatzes des Beklagten vom 18.2.2009 fest.
Die in der Stellungnahme des Beklagten angeführten §§ 3 Abs. 1 und 37 Abs. 1 AO beinhalten lediglich allgemeine Begriffsbestimmungen der Steuern und Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, zu denen auch der Haftungsanspruch gehört. Diese Normen verhalten sich aber nicht zu der hier entscheidungserheblichen Frage, ob die Entstehung des in § 37 Abs. 1 AO genannten Haftungsanspruches des Erlasses eines Haftungsbescheides bedarf. Gerade diese Rechtsfrage hat - wie steh aus dem Hinweis des Senats ergibt - der BFH dahingehend entschieden, dass es für die Entstehung des Haftungsanspruchs als abstakten, materiell-rechtlichen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis nicht des Erlasses des Haftungsbescheids bedarf (Urteil vom 15.10.1996. VII R 46/96, BeckRS 1996 23000584). Der Haftungsbescheid konkretisiert lediglich den bereits entstandenen Haftungsanspruch und bildet gem. § 218 AO die Grundlage für die Verwirklichung dieses Anspruchs. Die vom Beklagten geäußerte Rechtsmeinung, der Haftungsanspruch sei ohne Haftungsbescheid "nicht wirklich, nichtig und damit außer der Welt" findet weder im Gesetz noch in der obergerichtlichen Rechtsprechung eine Stütze.
Auch die allgemeinen Ausführungen des Beklagten zur Eventualaufrechnung können nicht überzeugen. Eine (Eventual-) Aufrechnung gegen den anfechtungsrechtlichen Rückgewähr-anspaich scheitert - wie bereits im Hinweis des Senats unter Mitteilung der Kommentierung im Münchener Kommentar und der Rechtsprechung des BGH dargelegt - an § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Hierauf geht der Beklagtnicht näher ein.
II. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und erfordert keine Entscheidung des Senats durch Urteil zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Deshalb konnte die Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss ergehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
NWB 2009, 3014 |
StuB 2009, 786 |
WM 2009, 1520 |
ZInsO 2010, 207 |
NWB direkt 2009, 996 |
OLGR-Süd 2009, 568 |