Leitsatz (amtlich)
Abkömmlingen der Personen, auf die sich ein Registereintrag bezieht, steht ein unbeschränktes Einsichtsrecht in die Sammelakten zu diesem Registereintrag zu.
Normenkette
PStG §§ 6, 62
Verfahrensgang
AG Amberg (Aktenzeichen UR III 8/17) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts Amberg vom 11. März 2018 geändert.
Das Standesamt S... wird angewiesen, dem Antragsteller unbeschränkte Einsicht in die vollständige Sammelakte zum Heiratseintrag Nr. ..... vom 8. März 1953 zu gewähren.
Gründe
I. Der Betroffene wurde am ..... in N... als Sohn der M... R..., geb. A...und des G... J... R...geboren. Der Großvater mütterlicherseits des Betroffenen, J... A...A...hatte zunächst am 16. Dezember 1945 in V... Frau K... P... L..., geb. G... geehelicht. Nachdem diese Ehe durch seit 27. Mai 1949 rechtskräftiges Urteil des OLG D... geschieden war, heiratete er am 29. Dezember 1953 in S... C... B....
Mit Schreiben vom 8. Dezember 2017 hat sich der Betroffene an das Amtsgericht Amberg gewandt und beantragt, das Standesamt S... anzuweisen, ihm gemäß § 76 Abs. 3, § 62 Abs. 1 und 2 PStG Einsicht in die Sammelakte zur Heiratsurkunde seiner Großeltern zu gewähren. Dort interessiere er sich insbesondere für das Urteil des OLG D... vom 27. Mai 1949, welches die erste Ehe seines Großvaters mit K... A..., geb. G..., verwitwete L... geschieden habe. Er interessiere sich für die Geschichte seiner Familie und wolle die Scheidungsgründe erfahren. Sein Großvater sei am 18. November 1970 in A... (jetzt H...), seine geschiedene Frau am 1. Oktober 1985 in V... verstorben. Es gebe keine noch lebenden Nachkommen oder Ehegatten. Das Amtsgericht H... habe in einem vergleichbaren Fall mit Beschluss vom 10. Februar 2011 unbeschränkte Einsicht gewährt (60 UR III 209/10). Der von den Behörden aus Nr. 65.2 PStG-VwV gezogene Schluss sei für ihn nicht nachvollziehbar. Das KG habe im selben Sinn entschieden (1 W 508/13, StAZ 2015, 207).
Das Standesamt und die Standesamtsaufsicht beim Landratsamt A... sind dem Antrag entgegengetreten und haben geltend gemacht, dass nach § 61 PStG nur solche Daten mitgeteilt werden könnten, die zum Zwecke der Beurkundung der Eheschließung erhoben worden seien. Nr. 65.2 PStG-VwV räume lediglich Behörden ein weitergehendes Einsichtsrecht ein, soweit sie dieses zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Der Scheidungsgrund gehöre nicht zu den beurkundungsrelevanten Daten. Die gewünschten Auskünfte müssten vorrangig bei dem OLG D... (10 U 68/48) bzw. dem Landgericht (2 R 525/47) erholt werden.
Mit Beschluss vom 11. März 2018, auf den Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht Amberg den Antrag zurückgewiesen. Zwar sei nach § 62 Abs. 2 PStG Abkömmlingen der Personen, auf die sich ein Registereintrag bezieht, Einsicht in die Sammelakten zu gewähren, damit seien aber nur die beurkundungsrelevanten Teile der dort nach § 6 PStG aufzubewahrenden Dokumente gemeint.
Gegen diesen ihm am 15. März 2018 zugestellten Beschluss hat der Betroffene mit Schreiben vom 5. April 2018, beim Amtsgericht eingegangen am 9. April 2018, Beschwerde eingelegt, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt, hilfsweise Einsicht in die beurkundungsrelevanten Seiten der Sammelakte beantragt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er seine Ausführungen zum Begriff der Sammelakte. Seine Mutter hat am 1. September 2018 erklärt, mit der begehrten Einsichtnahme einverstanden zu sein. Wegen der Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf seine Schriftsätze vom 5. April und 30. Juni 2018 verwiesen.
Das Amtsgericht Amberg hat mit Beschluss vom 10. April 2018 der Beschwerde der Beschwerde nicht abgeholfen und das Rechtsmittel dem Senat vorgelegt.
Die Standesamtsaufsicht A... und das Standesamt S... treten der Beschwerde entgegen. Sie verweisen auf die geänderte datenschutzrechtliche Lage und auf den besonderen, Sammelakten zukommenden Schutz. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schreiben vom 21. und 25. Juni 2018 Bezug genommen.
II. Die Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Nach § 62 Abs. 1 PStG sind auf Antrag den Personen, auf die sich ein Registereintrag bezieht, sowie deren Ehegatten, Lebenspartner, Vorfahren und Abkömmlingen Personenstandsurkunden zu erteilen. Nach § 62 Abs. 2 gilt Absatz 1 entsprechend für Auskunft aus den und Einsicht in die Sammelakten. Da der Beschwerdeführer unbestritten zu den Angehörigen der Person zählt, auf die sich der verfahrensgegenständliche Heiratseintrag bezieht, gewährt ihm das Gesetz einen Anspruch auf Einsicht in die Sammelakten zu diesem Heiratseintrag, ohne dass er wie "andere Personen" (§ 62 Abs. 2 Satz 2 PStG) und Behörden (§ 65 Abs. 1 Satz 2 PStG) ein rechtliches Interesse geltend machen müsste. Das Gesetz unterscheidet in seinem Wortlaut nicht zwischen solchen Teilen der Sammelakten, die Bedeutung für die jeweilige Registereintragung hatten, und anderen. Auch § 6 PStG sagt nur ganz allgemein, dass Dokumente, die einzelne Beurkundungen betreffen, in beson...