Leitsatz (amtlich)
Hat der Sachverständige die Anzeigepflicht nach § 407a Abs. 3 S. 2 ZPO verletzt und lässt sich nicht feststellen, dass die Begutachtung bei pflichtgemäßer Anzeige fortgeführt worden wäre, kann der Sachverständige als Vergütung nicht mehr als 120 % des Vorschusses verlangen.
Normenkette
ZPO § 407a Abs. 3 S. 2; ZSEG § 3
Verfahrensgang
LG Weiden i.d.OPf. (Aktenzeichen 1 OH 992/00) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Staatskasse wird der Beschluss des LG Weiden vom 21.12.2001 dahin gehend abgeändert, dass die dem Sachverständigen B. zu gewährende Entschädigung auf 18.000 DM festgesetzt wird.
II. Die weiter gehende Beschwerde der Staatskasse wird zurückgewiesen.
III. Die Beschwerde des Sachverständigen B. gegen den Beschluss des LG Weiden vom 21.12.2001 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Nach Vorstellung der Antragsteller waren an ihrem Anwesen durch Bauarbeiten auf dem der Antragsgegnerin gehörenden Nachbargrundstück Risse entstanden. Zur Klärung über die Ursache der Risse sowie Art und Kosten einer Schadensbehebung beantragten die Antragsteller Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens. Den Gegenstandswert bezifferten sie vorläufig mit 50.000 DM.
Das LG beschloss am 23.11.2000 die Erstattung eines Gutachtens durch den Sachverständigen B. Mit Schreiben vom 18.5.2001 teilte der Sachverständige dem Gericht mit, dass mit Kosten von ca. 15.000 DM zu rechnen sei und der einbezahlte Kostenvorschuss von 5.000 DM damit nicht ausreichen werde. Das LG gab den Antragstellern daraufhin mit Beschluss vom 22.5.2001 Einzahlung eines weiteren Kostenvorschusses von 10.000 DM auf und teilte dem Sachverständigen mit, dass bis zur Zahlung des Vorschusses keine weiteren Arbeiten durchgeführt werden sollten. Die Antragsteller zahlten den weiteren Vorschuss ein, worüber der Sachverständige vom Gericht unterrichtet wurde.
Unter dem 30.7.2001 erstellte der Sachverständige sein Gutachten, das zum Ergebnis kommt, dass nur ca. 11 % der beim Anwesen der Antragsteller vorhandenen Risse auf die Nachbarbebauung zurückzuführen sind und der Sanierungsaufwand ca. 5.000 DM beträgt.
Für das Gutachten hat der Sachverständige 28.987,65 DM in Rechnung gestellt. Nachdem der Vertreter der Staatskasse Bedenken wegen der Überschreitung des Vorschusses und der Stundenzahl angemeldet hatte, setzte das LG mit Beschluss vom 21.12.2001 die dem Sachverständigen zu gewährende Entschädigung auf 21.993,82 DM fest.
Gegen diesen Beschluss haben die Staatskasse unter dem 7.6.2002 und der Sachverständige unter dem 26.8.2002 Beschwerde eingelegt. Die Staatskasse erstrebt Herabsetzung der Vergütung auf 15.000 DM, der Sachverständige Heraufsetzung auf 28.987,65 DM. Das LG hat den Beschwerden nicht abgeholfen.
II. Die Beschwerden sind zulässig (§ 16 Abs. 2 GKG). In der Sache selbst hat die Beschwerde der Staatskasse einen Teilerfolg. Ansonsten sind die Rechtsmittel unbegründet.
1. Für die in der Kostenrechnung vom 30.7.2001 genannten Leistungen kann der Sachverständige wegen Verletzung der Mitteilungspflicht gem. § 407a Abs. 3 S. 2 ZPO lediglich eine Entschädigung von 18.000 DM beanspruchen.
a) Nach der genannten Vorschrift sind Sachverständige gehalten, rechtzeitig einen Hinweis zu geben, wenn die voraussichtlichen Kosten einen angeforderten Vorschuss erheblich übersteigen. Gegen diese Verpflichtung hat der Sachverständige verstoßen. Eine Überschreitung des Vorschusses um rd. 93 % ist in jedem Fall erheblich. Bei einer sich abzeichnenden Kostensteigerung diesen Umfangs war es geboten, den Parteien Gelegenheit zu geben, eine eigenständige Entscheidung darüber zu treffen, ob die Begutachtung fortgeführt werden soll. Dass aus Sicht des Sachverständigen eine Fortführung der Rechtsprechung sinnvoll war und im Interesse der Parteien lag, ist nicht ausschlaggebend, denn auf seine Meinung kam es nicht an.
b) Die schuldhafte Verletzung der Anzeigepflicht nach § 407a Abs. 3 S. 2 ZPO führt dann nicht zu einer Kürzung der Entschädigung, wenn bei Würdigung aller Umstände unter Anlegung eines objektiven Maßstabs davon auszugehen ist, dass es auch bei pflichtgemäßer Anzeige zu einer Fortsetzung der Tätigkeit des Sachverständigen gekommen wäre; dies muss allerdings positiv angenommen werden können, weil das Risiko der Unaufklärbarkeit den Sachverständigen trifft (vgl. BayObLG BayObLGZ 1997, 353; Meyer/Höver/Bach, ZSEG, 22. Aufl., § 3 Rz. 10.1, Rz. 10.2).
Im vorliegenden Fall lässt sich nicht abschätzen, ob die Antragsteller eine Fortsetzung der Begutachtung gewünscht hätten, wenn sie darüber informiert worden wären, dass dafür nahezu das Doppelte des bereits gezahlten Vorschusses anfällt. Zwar gingen die Antragsteller von einem ihnen zu erstattenden Schaden von rd. 50.000 DM aus und hätten Kosten von rd. 30.000 DM noch immer darunter gelegen. Andererseits waren die Antragsteller nicht rechtsschutzversichert und hätten sie angesichts der Höhe des weiter aufzubringenden Betrags und des damit gesteigerten Kostenrisikos möglicherweise versucht, eine Einigung mit der Gegenseite zu f...