Leitsatz (amtlich)
1. Zur Schriftform bei der Berufungseinlegung nach § 314 Abs. 1 StPO gehört, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, schon im Zeitpunkt des Eingangs der Erklärung bei Gericht hinreichend zuverlässig entnommen werden können. Außerdem muss feststehen, dass es sich nicht um einen Entwurf handelt, sondern dass das Schriftstück mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist. Soweit Schriftform, aber nicht Unterzeichnung vorgeschrieben ist, ist eine handschriftliche Unterzeichnung nicht unbedingt notwendig.
2. Auch ein handschriftliches, mit Telefax übermitteltes Schreiben, das den Namen und die Anschrift des Absenders trägt, ersichtlich vollständig ist, aber kein Handzeichen oder einen sonstigen das Schreiben abschließenden Namenszug des Absenders enthält, kann hierfür genügen.
Normenkette
StPO § 314 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 10.09.2007; Aktenzeichen 6 Ns 353 Js 26383/06) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss der 6. Strafkammer des LG Nürnberg-Fürth vom 10.9.2007 aufgehoben.
II. Die Staatskasse hat die notwendigen Auslagen des Angeklagten im Beschwerdeverfahren zu tragen.
Gründe
I. Das AG Nürnberg hat den Angeklagten am 18.7.2007 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln und vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer verbotenen Waffe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt. Mit am 25.7.2007 eingegangenen handschriftlichen Fax-Schreiben, das mit der Anschrift des Verurteilten versehen ist, jedoch keine Unterschrift trägt, wurde Berufung gegen das Urteil unter Angabe des Aktenzeichens eingelegt.
Mit Beschluss vom 10.9.2007 hat die 6. Strafkammer des LG Nürnberg-Fürth die Berufung gegen das Urteil des AG Nürnberg vom 18.7.2007
kostenfällig als unzulässig verworfen. Zur Begründung ist angeführt, das Schreiben vom 25.7.2007 sei nicht unterschrieben, so dass die Schriftform des § 314 Abs. 1 StPO nicht eingehalten sei.
Gegen diesen, dem nunmehrigen Verteidiger am 12.9.2007 zugestellten Beschluss hat der Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom 14.9.2007, eingegangen beim LG Nürnberg-Fürth am selben Tag, Beschwerde eingelegt. Dieser beruft sich darauf, dass zur Schriftform nicht notwendig auch eine Unterzeichnung gehöre.
II. Die statthafte (§ 322 Abs. 2 StPO), form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde (§§ 306 Abs. 1,311 Abs. 2 StPO) ist begründet.
Die Berufung muss bei dem Gericht des ersten Rechtszugs binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftstelle oder schriftlich eingelegt werden (§ 314 Abs. 1 StPO).
Zur Schriftform gehört, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, schon im Zeitpunkt des Eingangs der Erklärung bei Gericht hinreichend zuverlässig entnommen werden können. Außerdem muss feststehen, dass es sich nicht um einen Entwurf handelt, sondern dass das Schriftstück mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist. Soweit Schriftform, aber nicht Unterzeichnung vorgeschrieben ist, ist eine handschriftliche Unterzeichnung nicht unbedingt notwendig (BVerfG NJW 1963, 755; BGH NStZ-RR 2000, 305 OLG Zweibrücken, IMStZ 1984, 576; Meyer/Goßner, StPO, Einleitung Rz. 128). Ausgehend vom Zweck des Schriftformerfordernisses, nämlich der Gewährleistung der willentlichen Äußerung eines nicht nur im Entwurfsstadium befindlichen Schriftsatzes, muss daher das Gericht prüfen, ob in dem nicht handschriftlich unterzeichneten Schriftstück selbst Anzeichen für ein bewusstes und gewolltes Inverkehrbringen erkennbar sind (BVerfG NJW 2002, 3534). Solche Anzeichen sind etwa Nennung von Daten, die in der Regel nur den Betroffenen bekannt sind.
Ausgehend von diesen Überlegungen ist in der Rechtsprechung zwischenzeitlich weitgehend anerkannt, dass auch ein mit Computerfax eingelegtes Rechtsmittel, das keine Unterschrift enthält, aber etwa mit dem maschinenschriftlichen Namen des Absenders versehen ist, gegebenenfalls mit dem Zusatz, dass dieses Schreiben aus dem PC versandt wurde und deshalb keine Unterschrift enthalte (BVerfG NJW 2002, 3534; OLG München NJW 2003, 3429; Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., Einleitung Rz. 139a), eine wirksame Rechtsmitteleinlegung darstellen kann.
Der Beschluss des LG, der nur auf die fehlende Unterschrift abstellt, greift daher zu kurz. Die Strafprozessordnung unterscheidet zwischen Schriftlichkeit und dem Erfordernis einer Unterschrift, (vgl. etwa § 172 Abs. 3 S. 1 StPO; für die Revisionseinlegung einerseits § 314 Abs. 1 StPO und für die Revisionsbegründungsschrift andererseits § 345 Abs. 2 StPO). Auch die den Angeklagten erteilten Rechtsmittelbelehrungen nach Formblatt StP 132 enthalten keinen Hinweis auf die Notwendigkeit einer Unterschrift.
Das Schreiben des Verurteilten enthält neben dessen Namen und vollständiger Handschrift im oberen Teil das vollständige Aktenzeichen und die Erklä...