Leitsatz (amtlich)
Der Insolvenzverwalter über das Vermögen eines Unternehmens kann einen Wirtschaftsprüfer wirksam von seiner Schweigepflicht entbinden, die gegenüber diesem Unternehmen besteht; eine (zusätzliche) Erklärung des früheren gesetzlichen Vertreters ist nicht erforderlich. Schriftliche Unterlagen des Wirtschaftsprüfers unterliegen dann nicht mehr dem Beschlagnahmeverbot.
Die Verschwiegenheitspflicht des Wirtschaftsprüfers bezieht sich ausschließlich auf vertrauliche Informationen, die ihm zur Erfüllung seiner Aufgaben von dem mit ihm in Vertragsbeziehung stehenden Unternehmen bekannt geworden sind.
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Entscheidung vom 23.04.2009; Aktenzeichen 12 KLs 507 Js 1811/07) |
Tenor
Die Beschwerde des Vxxx Bxxx, Vxxx bxxx Wxxx e.V. gegen die Entscheidung des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 23. April 2009, dass vorliegend eine wirksame Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht nach §§ 53 Abs. 2 Satz 1, 53a Abs. 2 StPO erfolgt sei, wird kostenpflichtig als unzulässig verworfen.
Die Beschwerde des Vxxx Bxxx, Vxxx bxxx Wxxx e.V. gegen den Beschlagnahmebeschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 23. April 2009 (Az.: 12 KLs 507 Js 1811/07) wird kostenpflichtig als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Vor der 12. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth findet seit dem 2.4.2009 die Hauptverhandlung gegen die Angeklagten Sxxx, Dxxx, Mxxx und Bxxx wegen Betruges statt. Laut Anklagevorwurf sollen sich die Angeklagten Dxxx, Sxxx und Mxxx entschlossen haben, sich durch den Vertrieb von Anlageprogrammen für Kapitalanleger eine dauerhafte Einnahmequelle zu verschaffen. Sie gründeten zu diesem Zweck am 10.10.2002 eine Genossenschaft (Vxxx Gxxx fxxx Vxxx e.G., im Folgenden: Vxxx) mit Sitz in Nxxx. Die Angeklagten Dxxx und Sxxx fungierten bei Gründung als Vorstände der Genossenschaft, der Angeklagte Mxxx als Aufsichtsratsvorsitzender. Später waren die vier Angeklagten in wechselnder Besetzung jeweils als Vorstände tätig. Dem Vorwurf der Anklage nach sollen die Angeklagten von Anfang an planvoll die von den Anlegern eingesammelten Gelder nicht satzungsgemäß verwendet haben, sondern für eigene Zwecke oder Zwecke Dritter verbraucht haben, wobei der Angeklagten Bxxx hierbei lediglich Beihilfetätigkeit vorgeworfen wird. Wegen der Einzelheiten des dem Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalts wird auf die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth vom 23.2.2009 und den Nichtabhilfebeschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 5.5.2009 Bezug genommen.
In einem Schreiben an das Landgericht Nürnberg-Fürth vom 16.4.2009 hat der inzwischen bestellte Insolvenzverwalter über das Vermögen der Vxxx Prof. Dr. Uxxx, erklärt, dass er die Wirtschaftsprüfer des Vxxx Bxxx von der Schweigepflicht gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 StPO entbinde.
Im Termin der Hauptverhandlung am 23.4.2009 wurde der als Wirtschaftsprüfer für die Vxxx tätig gewesene und für den Vxxx Bxxx angestellte Dipl.-Kfm. Hxxx Mxxx als Zeuge vernommen. Thema der Vernehmung waren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Genossenschaft bzw. die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung, Inhalt, Ablauf und Ergebnis der bei ihr durchgeführten Jahresabschlussprüfungen inklusive der Gründungsprüfung. Nachdem der Zeuge sich unter Berufung auf sein Schweigerecht aus § 53 StPO geweigert hatte, auszusagen, wurde ihm mitgeteilt, dass der Insolvenzverwalter der Genossenschaft eine Entbindung von der Schweigepflicht erklärt habe und dass das Gericht nunmehr von der Verpflichtung zur Aussage ausgehe. Daraufhin erfolgte die Zeugenaussage im Termin.
Im selben Termin führte der Zeuge ferner Unterlagen betreffend die Jahresabschlussprüfung bei der Vxxx mit sich. Auch die Herausgabe dieser (und weiterer nicht mitgeführter) Unterlagen wurde zunächst verweigert, woraufhin die Kammer mit Beschluss vom 23.4.2009 (vollzogen am 23. und 24: 4.2009) die Beschlagnahme sowohl der mitgeführten Unterlagen, als auch weiterer beim Vxxx Bxxx in Mxxx befindlicher Unterlagen anordnete. Wegen des genauen Inhalts des Beschlagnahmebeschlusses wird auf den angefochtenen Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 23.4.2009 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 28.4.2009 hat Dipl.-Kfm. Hxxx Mxxx, der im Briefkopf als "Wirtschaftsprüfer und Steuerberater" sowie als Verbandsdirektor und geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Vxxx Bxxx e.V. bezeichnet ist, und unter Verwendung von Briefpapier dieses Vereins Beschwerde eingelegt. Er hat die Entscheidung des Landgerichts, dass eine wirksame Entbindung von der Schweigepflicht vorliege angegriffen, zum anderen den Beschlagnahmebeschluss.
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat den Beschwerden nicht abgeholfen. Auf den Nichtabhilfebeschluss vom 5.5.2009 wird ebenfalls Bezug genommen.
II.
Aufgrund der eindeutigen Bezugnahme auf seine Stellung als Vertreter des Vxxx Bxxx e.V. ist davon auszugehen, dass Dipl.-Kfm. Mxxx die Beschwerde namens des Vereins und nicht in eigener Person erhoben hat. Dem entspricht auch die Zielrichtung des Rechtsmittels, mit dem die Besc...