Leitsatz (amtlich)
Im Geltungsbereich des neuen RVG löst eine bei Gericht eingereichte Schutzschrift in der Regel eine volle Verfahrensgebühr aus (1,3 Gebühr gem. VV 3100), wenn der Gegner später einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellt.
Dies gilt nur dann nicht, wenn die Schutzschrift auf Grund eines Auftrags zu einer reinen Einzeltätigkeit und damit nicht auf Grund einer generellen Beauftragung für ein zukünftiges einstweiliges Verfügungsverfahren gefertigt und eingereicht wird (in diesem Fall 0,8 Verfahrensgebühr gem. VV 3403).
Normenkette
RVG § 2 Abs. 2 S. 1; VV 3100
Verfahrensgang
LG Regensburg (Beschluss vom 16.12.2004; Aktenzeichen 3 O 2135/04) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1) wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Regensburg vom 16.12.2004 abgeändert.
Die von dem Antragsteller der Antragsgegnerin zu 1) zu erstattenden Kosten werden auf 532,90 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.9. 2004 festgesetzt.
II. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den o.g. Beschluss wird zurückgewiesen.
III. Der Antragsteller trägt die Kosten der Beschwerdeverfahren.
IV. Der Beschwerdewert beträgt 532,90 EUR.
V. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrte beim LG Regensburg mit am selben Tag eingegangenem Schriftsatz vom 13.9.2004 den Erlass einer einstweiligen Verfügung, durch die den beiden Antragsgegnerinnen das Betreten des Grundstücks und der Räume eines vormals gepachteten Hotels untersagt werden sollte. Die Antragsgegnerin zu 1) war die Verpächterin des Hotels, die Antragsgegnerin zu 2) ist eine Grundstücksnachbarin.
Bereits am 10.9.2004 hatte die Antragsgegnerin zu 1) beim LG eine Schutzschrift in dieser Angelegenheit eingereicht.
Das LG vermerkte auf dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung das Vorhandensein der Schutzschrift, stellte fest, dass eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht veranlasst sei und bestimmte Termin auf 27.9.2004. Am 22.9.2004 wurde der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgenommen. Mit Beschluss vom 27.9.2004 wurden dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Am 10.9.2004 hatte die Ehefrau des Antragstellers beim AG Kelheim den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt, wonach die hiesige Antragsgegnerin zu 1) verpflichtet werden sollte, der dortigen Antragstellerin den Zugang zum Hotel zu verschaffen und die neuen Schlüssel auszuhändigen. Eine entsprechende einstweilige Verfügung wurde noch am selben Tag vom AG erlassen.
Im Anschluss an diese einstweilige Verfügung findet sich in den Akten dieselbe Schutzschrift der Antragsgegnerin wie im hiesigen Verfahren, die deren Prozessbevollmächtigter - allerdings im Hinblick auf einen möglichen Antrag des hiesigen Antragstellers - auch zum AG Kelheim eingereicht hatte. Gegen die dortige einstweilige Verfügung legte die Antragsgegnerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, Widerspruch ein. In der mündlichen Verhandlung vor dem AG erklärten die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt. Das AG erlegte in seinem Beschluss nach § 91a ZPO der Verfügungsklägerin die Kosten des Verfahrens auf, da diese nicht Pächterin des Objekts gewesen sei. Das Verfahren wurde mit Verfahrens- und Terminsgebühr abgerechnet.
Im hiesigen Verfahren verlangt die Antragsgegnerin zu 1) aufgrund der eingereichten Schutzschrift eine Verfahrensgebühr gem. VV 3100 RVG. Dem tritt der Antragsteller mit dem Argument entgegen, die Schutzschrift sei bereits Gegenstand des amtsgerichtlichen Verfahrens gewesen, sie könne deshalb nicht auch noch im landgerichtlichen Verfahren eine Verfahrensgebühr auslösen. Allenfalls stehe der Antragsgegnerin eine 0,8 Gebühr zu.
Die Rechtspflegerin beim LG Regensburg hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16.12.2004 der Antragsgegnerin zu 1) eine 0,8 Verfahrensgebühr gem. VV 3403 RVG für die Fertigung und Einreichung der Schutzschrift zuerkannt. Auf die Gründe des Beschlusses wird verwiesen. Gegen diesen Beschluss haben die Antragsgegnerin zu 1), die weiterhin eine 1,3 Gebühr verlangt, und der Antragsteller, nach dessen Meinung eine Verfahrensgebühr überhaupt nicht angefallen ist, fristgerecht sofortige Beschwerden eingelegt.
II. 1. Beide sofortigen Beschwerden sind zulässig.
Zwar liegt die Beschwer der Antragsgegnerin zu 1) unter 200 EUR - beantragt wurden 532,90 EUR, festgesetzt wurden demgegenüber 336,86 EUR -. Das Nichterreichen der an sich nötigen Beschwerdesumme (§ 567 Abs. 2 ZPO) macht das Rechtsmittel jedoch nicht unzulässig. Da der Wert der Beschwerde des Antragstellers die Beschwerdesumme erreicht, ist nämlich die Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1) als Anschlussbeschwerde zu werten, für die wiederum die Beschwerdesumme ohne Bedeutung ist (vgl. zum Ganzen: Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 26. Aufl., § 104 Rz. 45; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 26. Aufl., § 567 Rz. 22).
2. Die Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1) ist begründet, die des Antragstellers dagegen unbe...