Leitsatz (amtlich)

Werden eine OHG und ihre Gesellschafter als Streitgenossen wegen einer Gesellschaftsschuld in Anspruch genommen, können sie im Falle ihres Obsiegens von der unterlegenen Klägerseite keine Erstattung der Umsatzsteuer verlangen, die sie ihrem gemeinsamen Prozessbevollmächtigten schulden, sofern die vorsteuerabzugsberechtigte OHG - wie im Regelfall - im Innenverhältnis der Streitgenossen die gesamten Kosten des gemeinsamen Prozessbevollmächtigten zu tragen hat.

 

Normenkette

ZPO § 91 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

LG Ansbach (Aktenzeichen 3 O 1400/05)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 2.7.2007 geändert.

II. Die von der Klagepartei an die Beklagtenpartei zu erstattenden Kosten werden auf 2.368.60 EUR festgesetzt.

III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 310.65 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Frage, ob die vom Prozess bevollmächtigten der Beklagten nach Nr. 7008 RVG-VV berechnete Umsatzsteuer von der Klägerin zu erstatten ist, obwohl die Beklagte zu 1) vorsteuerabzugs berechtigt ist. Die Klägerin hatte die Beklagte zu 1), eine OHG, und deren Gesellschafter, die Beklagten zu 2) und 3), auf Schadensersatz verklagt, weil ein von ihr bei der Beklagten zu 1) aufgrund eines Lagervertrages eingelagertes Bohrwerk verschwunden ist. Die Klage wurde mit Endurteil vom 23.5.2007 rechtskräftig abgewiesen.

Kostenfestsetzungsantrag vom 28.5.2007 machten die vom selben Prozessbevollmächtigten vertretenen Beklagten gemeinsam u.a. Umsatzsteuer i.H.v. 384,29 EUR geltend (Nr. 7008 RVG-VV). Das LG folgte diesem Antrag im Wesentlichen und lehnte mit Kos-tenfestsetzungsbeschluss vom 2.7.2007 die Festsetzung der Umsatzsteuer lediglich insoweit ab als sie auf die Beträge entfiel, um die sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 RVG-VV erhöht hatte. Gegen diesen ihr am 9.7.2007 zugestellten Beschluss legte die Klägerin am 12.7.2007 sofortige Beschwerde ein.

Die Klägerin macht mit ihrem Rechtsmittel geltend, die Frage der Erstattung der Umsatzsteuer hänge davon ab, welcher der Beklagten von dem Prozessbevollmächtigten in Anspruch genommen werde. Dies sei vom Prozessbevollmächtigten glaubhaft zu machen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf die Beschwerdebegründung vom 12.7.2007 Bezug genommen.

Die Beklagten berufen sich demgegenüber in ihrer Erwiderung vom 28.8.2007, auf die ebenfalls verwiesen wird, darauf, dass auch die nicht vorsteuerabzugsberechtigten Beklagten zu 2) und 3) den gemeinsamen Prozessbevollmächtigten beauftragt hätten und deshalb diesem die gesetzlichen Gebühren nebst Umsatzsteuer schuldeten. Es gebe - auch im Gesellschaftsvertrag - keine Vereinbarung, nach der die Beklagte zu 1) die Beklagten zu 2) und 3) von den Verfahrenskosten freizustellen habe.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 104 Abs. 3 Satz 1,§§ 567 ff. ZPO) und hat auch in der Sache Erfolg. Die Klägerin ist nicht zur Erstattung der Umstazsteuer verpflichtet.

1. Nach § 91 Abs. 2 ZPO gehören die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei zu den ihr in allen Prozessen zu erstattenden Kosten. Nach § 104 Abs. 2 Satz 2 ZPO genügt für die Berücksichtigung von Umsatzsteuerbetragen die Erklärung des Antragstellers im Kostenfestsetzungsverfahren, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen könne. Solche Erklärungen liegen hier nur für die Beklagten zu 2) und 3), nicht aber für die Beklagte zu 1) vor.

Ist, wie im vorliegenden Fall, ein Teil der obsiegenden Streitgenossen vorsteuerabzugsbe-rechtigt, der andere nicht, kommt es darauf an, wer im Innenverhältnis welche Kosten tragen muss (BGH v. 25.10.2005 - VI ZB 58/04, BGHReport 2006, 202 = MDR 2006, 476 = NJW 2006, 774; OLG Hamm OLGReport Hamm 2004,12; OLG Stuttgart v. 11.6.2001 - 8 W 80/99, OLGReport Stuttgart 2001, 390; OLG Köln JurBüro 2001,428; KG v. 28.10.1997 - 1 W 1070/97, KGReport Berlin 1998, 83 = NJW-RR 1998, 860; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 91 Rz. 13 "Umsatzsteuer"; Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl., § 91 Rz. 23;; von Eicken/Madert, NJW 1996, 1649/1652; Hansens JurBüro 1994, 263/268 f. je m.w.N.; a.A. ohne klare Begründung St/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 194 Rz. 9, § 100 Rz. 14). Eine ohne Berücksichtigung des Innenverhältnisses zu den anderen Auftraggebern erfolgende Festsetzung würde die Zubilligung eines Erstattungsanspruchs in Höhe nur fiktiv geschuldeter, in Wahrheit aber von einem Streitgenossen getragender Kosten bedeuten (KG, a.a.O.). Auch sonst können Streitgenossen ihre Kosten nicht unabhängig vom Innenverhältnis festsetzen lassen (Belz in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 91 Rz. 90 m.w.N.)

Umsatzsteuerbeträge sind, wie andere Kostenpositionen auch, nur erstattungsfähig, wenn aufgrund konkreter Umstände - eine Erklärung nach § 104 Abs. 2 Satz 2 ZPO genügt im Regelfall - davon ausgegangen werden kann, dass sie beim Kostengläubiger wirklich einen Belastungsposten darstellen. Erhält der Kostengläubiger d...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge