Leitsatz (amtlich)
In markenrechtlichen Auseinandersetzungen besteht mangels analoger Anwendbarkeit von § 12 Abs. 2 UWG keine Dringlichkeitsvermutung.
Bei der fortdauernden Verletzung von Schutzrechten ergibt sich die Dringlichkeit regelmäßig aus der Sache selbst. Ist jedoch die Verletzungshandlung eingestellt worden, obliegt es der Antragstellerpartei, Tatsachen dazu vorzutragen, inwieweit dennoch die Angelegenheit so dringlich ist, dass ihr nicht zugemutet werden kann, den Weg des Hauptsacheverfahrens einzuschlagen und in diesem auf den Erlass eines Vollstreckungstitels zu warten.
Normenkette
USWG § 12 Abs. 2; ZPO §§ 935, 940
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 19 O 5904/18) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18.09.2018, Az. 19 O 5904/18, wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Rahmen eines Verfügungsverfahrens um markenrechtliche Unterlassungsansprüche wegen eines Fotos auf der Homepage des Antragsgegners. Dieses Foto ist in schlecht erkennbarer Form in der Rubrik "Mieten" und der Unterrubrik "Technische Daten" abgebildet (Anlage ASt 12).
Mit Anwaltsschreiben vom 29.08.2018 mahnte die Antragstellerin den Antragsgegner ab. Der Antragsgegner lehnte zwar mit Anwaltsschreiben vom 07.09.2018 die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung ab, tauschte jedoch das streitgegenständliche Foto aus (Anlage ASt 5).
Mit Beschluss vom 18.09.2018 wies das Landgericht Nürnberg-Fürth den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Der Antrag sei unbegründet, da ein Verfügungsanspruch nicht schlüssig vorgetragen worden sei. Denn das streitgegenständliche Foto stelle unter Berücksichtigung des Gesamteindrucks der Homepage aus Sicht des verständigen potentiellen Durchschnittsabnehmers keinen kennzeichenmäßigen Gebrauch des Unternehmenskennzeichens der Antragstellerin für die Bewerbung der Dienstleistung des Antragsgegners dar. Wegen des weiteren Inhalts wird auf den Beschluss des Erstgerichts Bezug genommen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin in ihrer sofortigen Beschwerde. Sie beantragt unter Abänderung des Beschlusses des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18.09.2018:
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, wegen jeder Zuwiderhandlung
untersagt
unter dem Zeichen "C." Dienstleistungen anzubieten, die es Dritten ermöglichen Speisen und/oder Getränke anzubieten und/oder diese Dienstleistungen unter diesem Zeichen zu bewerben, wenn dies geschieht wie nachfolgend eingeblendet:
((Abbildung))
Wegen des Vorbringens wird auf die Schriftsätze der Antragstellerin nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 567 Abs. 1 Nr. 2, 569 ZPO). Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Denn es fehlt vorliegend bereits an einem für den Erlass einer einstweiligen Verfügung notwendigen Verfügungsgrund, weshalb es dahinstehen kann, ob ein Verfügungsanspruch gegeben ist.
1. Eine Dringlichkeitsvermutung besteht für kennzeichenrechtliche Auseinandersetzungen nicht, die Vorschrift des § 12 Abs. 2 UWG ist bei Kennzeichenverletzungen nicht anwendbar.
a) Die analoge Anwendbarkeit des § 12 Abs. 2 UWG auf markenrechtliche Unterlassungsansprüche wird nicht einheitlich beurteilt. Teilweise wird auch in aktuelleren Entscheidungen eine analoge Anwendbarkeit bejaht (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 12. Oktober 2017 - 2 U 162/16, Rn. 48). Die überwiegende Meinung in der neueren Rechtsprechung (vgl. OLG München, Urteil vom 24. August 2006 - 6 U 4455/05, Rn. 4; OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. Januar 2015 - 20 U 114/14, Rn. 21; OLG Frankfurt, Urteil vom 08. Juni 2017 - 6 U 249/16, Rn. 18 - ELVAPO/EVAPO) und in der Literatur (vgl. Singer, in Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 8. Aufl. 2017, Kapitel 45, Rn. 47; Feddersen, in Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Aufl. 2016, 54. Kapitel, Rn. 19 ff.; Köhler, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl. 2018, § 12 Rn. 3.14) lehnt jedoch die analoge Anwendung ab.
b) Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Sollte sich aus dem Urteil des OLG Nürnberg vom 27. 11. 2001 - 3 U 3017/01 - NIKE-Sportschuhe etwas anderes ergeben, hält der Senat daran nicht mehr fest.
Zum einen fehlt es an der für die Analogie notwendigen planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat die Dringlichkeitsvermutung anlässlich der Übernahme des § 16 UWG a. F. in das Markengesetz nicht auf das Markenrecht ausgedehnt, obwohl der Streit, in welchem Umfang eine Analogie zu § 25 UWG...