Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahrlässige Trunkenheit im Verkehr
Leitsatz (amtlich)
Der Grenzwert für die absolute Fahruntüchtigkeit von Fahrern motorisierter Krankenfahrstühle (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FeV), die nach dem Pflichtversicherungsgesetz zu versichern und mit einem Versicherungskennzeichen gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (FZV - in der Fassung vom 16.7.2009) zu versehen sind, beträgt 1,1 Promille.
Normenkette
StGB § 316; FeV § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2; FZV § 26 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 04.08.2010; Aktenzeichen 2 Ns 703 Js 67486/09) |
Tenor
I. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts vom 4. August 2010 wird als unbegründet verworfen.
II. Der Revisionsführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I. Das Amtsgericht N. hat den Angeklagten am 28.7.2009 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu je 25 Euro verurteilt.
Die 8. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth hat zunächst mit Urteil vom 1.12.2009 auf die (auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte) Berufung der Staatsanwaltschaft das amtsgerichtliche Urteil im Rechtsfolgenausspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 25 Euro verurteilt wird. Außerdem hat es gegen den Angeklagten ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Die (unbeschränkte) Berufung des Angeklagten wurde als unbegründet verworfen.
Mit seiner damaligen Revision beantragte der Verurteilte, das Urteil des Landgerichts N. vom 1.12.2009 aufzuheben und ihn freizusprechen, hilfsweise, das genannte Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth zurückzuverweisen. Letzteren Antrag hatte auch die Generalstaatsanwaltschaft N. gestellt.
Mit Beschluss vom 9.4.2010 (2 St OLG Ss 52/10) hat der Senat auf die Revision des Angeklagten das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 1.12.2009 mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.
Die 2. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth hat mit Urteil vom 4.8.2010 auf die Berufung der Staatsanwaltschaft das Urteil des Amtsgerichts N. vom 28.7.2009 im Rechtsfolgenausspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 25 Euro verurteilt wird und die Berufung des Angeklagten als unbegründet verworfen. In der Urteilsbegründung hat die Strafkammer die Verurteilung wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr bestätigt und die beim Führen des motorisierten Krankenfahrstuhls des Angeklagten die für das Führen von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss geltende Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille zugrunde gelegt. Alkoholbedingte Fahrfehler, die auf eine relative Fahruntüchtigkeit des Angeklagten hindeuten könnten, hat die Berufungskammer nicht festgestellt.
Der Angeklagte rügt mit seiner erneuten Revision die Verletzung materiellen Rechts. Er meint, der objektive Tatbestand der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr liege bei dem ihm zur Last gelegten Führen seines elektrisch betriebenen Krankenfahrstuhls unter Alkoholeinfluss nicht vor, weil die Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit wie bei Fahrradfahrern bei 1,6 Promille anzusetzen sei, die er nicht überschritten habe.
Die Generalstaatsanwaltschaft N. hat beantragt, die Revision des Angeklagten als unbegründet zu verwerfen.
II. Die Revision ist zulässig (§§ 333, 341 Abs. 1, 344, 345 SPO) aber offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Der Schuldspruch wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB ist rechtlich nicht zu beanstanden.
1.1. Nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts fuhr der Angeklagte am 20.5.2009 gegen 21.10 Uhr mit seinem mittels Elektromotor angetriebenen dreirädrigen Krankenfahrstuhl des Herstellers S., Versicherungskennzeichen ..., bei einer (um 21.29 Uhr festgestellten) mittleren Blutalkoholkonzentration von 1,25 Promille von seiner Garage in N., L., auf dem dortigen Radweg in die ca. 300 m entfernte Tankstelle in der G.-Straße in N. zum Zwecke des Zigarettenholens. Seine Fahruntüchtigkeit habe er bei kritischer Selbstprüfung erkennen können und müssen.
Die technischen Daten des Fahrzeugs hat das Berufungsgericht wie folgt festgestellt: Höchstgeschwindigkeit 15 km/h, Länge 1.495 mm, Breite 755 mm, Höhe 1.020 mm, Leergewicht 94 kg, Zulässiges Gesamtgewicht 300 kg. Das Fahrzeug verfügt über eine Beleuchtungsanlage, Fahrtrichtungsanzeiger, Bremseinrichtung und sogar über einen Rückwärtsgang.
Zum Betrieb im Straßenverkehr ist eine Haftpflichtversicherung (Versicherungskennzeichen) erforderlich, welche auch vorhanden war. Es liegt eine Betriebserlaubnis gemäß § 21 StVZO vom 22.6.2004 vor.
1.2. Der Angeklagte hat sich der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB strafbar gemacht. Denn er hat auf einem öf...