Verfahrensgang

LG Ansbach (Beschluss vom 01.07.1994; Aktenzeichen 3 O 353/93)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Rechtspflegers bei dem Landgericht Ansbach vom 1. Juli 1994 wird zurückgewiesen.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 1.327,15 DM festgesetzt.

 

Gründe

Zwischen den Parteien des Hauptprozesses fand vor dem Amtsgericht Weißenburg ein selbständiges Beweisverfahren (Aktenzeichen H 11/91) statt. Es wurde am 19. Juni 1991 beantragt und endete mit der Mitteilung des erholten schriftlichen Gutachtens an die Parteien am 16. September 1991. Die Kläger erhoben am 20. April 1993 Klage zum Landgericht Ansbach. Im Prozeß stützten sie ihre Schadensersatzansprüche u. a. auf das selbständig erholte Gutachten. Am 27. April 1994 schlossen die Parteien einen Prozeßvergleich. Die Kosten des Rechtsstreits hoben sie gegeneinander auf. Die Gerichtskosten des selbständigen Beweisverfahrens betragen 2.654,30 DM (= 102,– DM Verfahrensgebühr + 2.552,30 DM Sachverständigenentschädigung). Sie wurden von den Klägern entrichtet. Mit Beschluß vom 1. Juli 1989 wies das Landgericht Ansbach deren Antrag auf Ausgleichung der im selbständigen Beweisverfahren angefallenen Gerichtskosten ab. Hiergegen richtet sich die befristete Erinnerung. Das Rechtsmittel gilt nach Vorlage durch das Landgericht als sofortige Beschwerde (§ 11 Abs. 2 Satz 5 RPflG). Diese ist zulässig (§§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 2 Satz 2, 569, 577 Abs. 2 ZPO; § 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 RPflG), aber nicht begründet.

Die Gerichtskosten des selbständigen Beweisverfahrens sind außergerichtliche Kosten des (nachfolgenden) Hauptprozesses. Zu dessen Gerichtskosten zählen sie nicht. Das hat der Senat für das bis zum 1. April 1991 geltende Beweissicherungsverfahren bereits mit seinem Beschluß vom 18. September 1989 (Aktenzeichen: 9 W 3094/89) entschieden. Die Neufassung der §§ 485 ff. ZPO durch das Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1990 rechtfertigt keine andere Beurteilung (so auch: LG Bielefeld JB 1993, 45, 46 = Rpfleger 1992, 406, 407; Stein/Jonas/Bork, 21. Aufl., § 91 ZPO Rnr. 20; Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, 52. Aufl., § 91 ZPO Rnr. 199, 200; Thomas-Putzo, 18. Aufl., § 494 a ZPO Rnr. 4; Ingenstau-Korbion, 18. Aufl., § 18 VOB/B Rnr. 101; Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 7. Aufl., Rnr. 118; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, 15. Auflage, § 119 V 1. Seite 692; anderer Ansicht: OLG Düsseldorf BauR 1994, 406; SchlHOLG JB 1991, 962, 963; Zöller-Herget, 18. Aufl., § 91 ZPO „Selbständiges Beweisverfahren”).

Auch das selbständige Beweisverfahren und der Hauptprozeß sind eigenständige gerichtliche Verfahren. Entgegen der Ansicht des OLG Düsseldorf (BauR 1994, 406, 407) hat das Beweisverfahren durch die Neuregelung aufgrund des Rechtspflege-Vereinfachungsgesetzes seine frühere prozeßrechtliche Selbständigkeit nicht weitgehend eingebüßt, weshalb seine Gerichtskosten in einem vom Hauptsacheprozeß losgelösten Verfahren angefallen sind (Mümmler JB 1992, 476; vgl. auch LG Bielefeld JB 1993, 45, 46). Die verfahrensmäßige Unabhängigkeit des Beweisverfahrens verdeutlichen die §§ 486, 493 ZPO. Abs. 1 der erstgenannten Vorschrift weist die Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens dem bereits mit dem Hauptprozeß befaßten Gericht zu, weil bei diesem der entsprechende Antrag gestellt werden muß. Daraus erhellt, daß das selbständige Beweisverfahren ein eigenständiges Verfahren neben dem Rechtsstreit (Hauptprozeß) darstellt (vgl. OLG Nürnberg NJW 1989, 235). Die Verwertung des Beweisergebnisses in einem bereits anhängigen oder künftigen Prozeß ist nicht zwangsläufig. Daran hat die Neufassung des § 493 ZPO nichts geändert. Absatz 1 dieser Bestimmung stellt die selbständige Beweiserhebung einer Beweisaufnahme vor dem Prozeßgericht nur gleich, wenn sich eine Partei im Prozeß auf Tatsachen beruft, über die selbständig Beweis erhoben worden ist. Nur dann wird fingiert, daß das Prozeßgericht im Verhältnis der Prozeßparteien die Beweiserhebung (schon) veranlaßt hat (Cuypers NJW 1994, 1985, 1991). Zwar steht es nicht mehr im Belieben des Beweisführers oder des Gegners, ob er sich auf das Ergebnis der selbständigen Beweisaufnahme berufen will oder nicht (Rosenberg/Schwab/Gottwald, 15. Aufl., § 119 IV, S. 692). Während die Verwertung der Beweisergebnisse früher von der Initiative einer Partei abhing, steht es den Parteien nach der Neufassung nicht mehr frei, sich auf die im selbständigen Beweisverfahren durchgeführte Beweisaufnahme zu berufen. Vielmehr ist das hier erzielte Beweisergebnis bei streitigem Tatsachenvortrag wie ein im Hauptprozeß gewonnenes zu behandeln (Begründung RegE, BT-Drucks. 11/3621 S. 24; MünchKomm ZPO-Schreiber, § 493 ZPO Rnr. 1). Das darf indes nicht den Blick darauf verstellen, daß die Beweisverwertung im Prozeß von Amts wegen nur erfolgt, wenn eine Partei Tatsachen behauptet, über welche selbständiger Beweis erhoben worden war ...

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