Leitsatz (amtlich)
Liegen in einem Verfahren zur elterlichen Sorge gegensätzliche Anträge der beiden Elternteile und Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung vor, ist darüber in einer einheitlichen Entscheidung zu befinden.
Normenkette
BGB §§ 1671, 1666
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Beschluss vom 21.12.2012; Aktenzeichen 102 F 3476/11) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Nürnberg vom 21.12.2012 aufgehoben.
2. Die Sache wird an das AG - Familiengericht - Nürnberg zurückverwiesen.
3. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.
4. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind seit Sommer 2011 endgültig getrennt lebende Eheleute.
Aus der Ehe sind die Kinder A, geboren am ..., und B, geboren ..., hervorgegangen.
A lebt seit der Trennung der Eltern im Haushalt des Vaters. In einem unter dem Az. 102 F 444/12 vom Vater erwirkten Beschluss vom 5.4.2012 hat das AG - Familiengericht - Nürnberg im Wege einer einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht für B auf den Vater übertragen. Im Anschluss daran lebt auch B im Haushalt des Vaters.
Im vorliegenden Hauptsacheverfahren hat die Antragstellerin im Schriftsatz vom 23.9.2011 beantragt, das Sorgerecht für die beiden Kinder A und B auf sie zu übertragen.
Mit Schriftsatz vom 16.12.2012 hat der Antragsgegner beantragt, den Antrag der Antragstellerin abzuweisen und das Sorgerecht für die beiden Kinder auf den Antragsgegner zu übertragen.
In der Folgezeit hat das AG - Familiengericht - Nürnberg u.a. die Kinder und mehrfach die Eltern angehört und ein Gutachten der Sachverständigen ... vom 20.7.2012 erholt.
In einer ebenfalls vom AG eingeholten Stellungnahme des Jugendamtes der Stadt Nürnberg vom 14.12.2012 hat das Jugendamt abschließend ausgeführt, dass die festgestellten massiven Konflikte zwischen den Eltern einen Risikofaktor für die Entwicklung beider Kinder darstellten und die Frage aufwerfen würden, inwieweit damit die Gefahr einer Kindeswohlgefährdung besteht und die Gefährdungsschwelle des § 1666 BGB bereits erreicht oder schon überschritten ist.
Bei der letzten Anhörung durch das Familiengericht haben die Eltern ihre Anträge, das Sorgerecht für beide Kinder jeweils auf sich zu übertragen, wiederholt.
Am 21.12.2012 hat das AG - Familiengericht - Nürnberg folgenden Beschluss erlassen:
1. Der Antrag der Antragstellerin auf Übertragung der elterlichen Sorge wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
In den Gründen des Beschlusses ist u.a. davon die Rede, dass die Mutter erreichen wolle, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide Kinder auf sie zurückübertragen wird. Der Antrag des Vaters, die elterliche Sorge für beide Kinder auf ihn zu übertragen, wird nicht angesprochen.
Unter Einbeziehung auch der Feststellungen der Sachverständigen könne derzeit ein Aufenthaltswechsel beider Kinder zur Mutter nicht verantwortet werden, da dadurch eine starke Traumatisierung zumindest bei A zu befürchten und eine Trennung der Kinder nicht zu verantworten sei. Abschließend heißt es in der Begründung der Entscheidung:
"Von seiten des Jugendamts wurde angeregt, ein Verfahren auf Prüfung der Gefährdung des Kindeswohles nach § 1666 BGB einzuleiten. Das Gericht beabsichtigt, dieser Anregung nachzukommen. Es muss geprüft werden, ob aufgrund der immer deutlicher werdenden Instrumentalisierung der Kinder durch den Vater und seine Herkunftsfamilie ein weiteres Verbleiben der Kinder trotz äußerlich geordneter Umstände erzieherisch zu vertreten ist, oder ob die Kinder nicht fremd untergebracht werden müssten, um eine nachhaltige Entwicklungsgefährdung und Gefährdung des Kindeswohles zu vermeiden.
Diese Prüfung wird in einem neu einzuleitenden Verfahren durchgeführt.
Vom Ergebnis dieser Prüfung ist es abhängig, ob der derzeitige Status, nämlich der Aufenthalt beider Kinder beim Vater, auf Dauer Bestand haben wird. Das Gericht kann sich hier nur den Ausführungen des Sachverständigen anschließen, die in der mündlichen Verhandlung vom 14.12.2012 klar erklärt hat, dass es nur und ausschließlich die Eltern in der Hand haben, durch eine Änderung ihrer Kommunikation und ihrer Art des Umgangs miteinander dafür zu sorgen, dass eine weitere Traumatisierung der Kinder unterbleibt und beide Kinder die Möglichkeit haben, wieder vertrauensvolle Kontakte zu beiden Elternteilen aufzubauen, wobei Aufgabe beider Elternteile auch sein muss, auf ihre Herkunftsfamilien entsprechend einzuwirken."
Der Beschluss vom 21.12.2012 wurde der Antragstellerin und deren Bevollmächtigten am 16.1.2013 zugestellt.
Mit einem am 13.2.2013 eingegangenen Schriftsatz vom 11.2.2013 hat die Antragstellerin gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 27.2.2013 begründet.
Sie hat zunächst beantragt den Beschluss des AG Nürnberg vom 21.12.2012...