Leitsatz (amtlich)
1. Gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers des Familiengerichts über einen Antrag auf Bestimmung des Kindergeldberechtigten gem. § 64 Abs. 2 S. 3 EStG findet die Beschwerde nach § 58 Abs. 1 FamFG statt.
2. Das Familiengericht ist nicht zur Bestimmung des Kindergeldberechtigten berufen, wenn das Kind sich im Haushalt eines Berechtigten aufgehalten hat und zwischen den Berechtigten lediglich umstritten ist, in wessen Haushalt das Kind im maßgeblichen Zeitraum aufgenommen war.
Normenkette
EStG § 64 Abs. 2 Sätze 2-3; RPflG § 11 Abs. 1; FamFG § 58 Abs. 1; EStG § 64 Abs. 2 S. 1, Abs. 3
Verfahrensgang
AG Cham (Beschluss vom 23.12.2010) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - Abteilung für Familiensachen - Cham vom 23.12.2010 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.848 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin und der Antragsgegner unterhielten eine nichteheliche Lebensgemeinschaft. Aus dieser ist das Kind T. hervorgegangen, das am 10.4.2005 zur Welt kam. Von November 2007 bis Oktober 2008 erhielt die Antragstellerin das Kindergeld für T. In diesem Zeitraum lebten die Eltern bereits getrennt. Die Familienkasse fordert nun das an die Antragstellerin ausbezahlte Kindergeld zurück. Da die Antragstellerin behauptet, dass T. in dem genannten Zeitraum bei ihr gelebt habe, der Antragsgegner dies bestreitet und vorträgt, T. habe sich in dem genannten Zeitraum bei ihm aufgehalten, hat die Familienkasse Schwandorf die Antragstellerin mit Schreiben vom 6.4.2010 aufgefordert beim AG einen Antrag auf Berechtigtenbestimmung zu stellen. Dem ist die Antragstellerin nachgekommen und hat mit Schriftsatz vom 28.4.2010 beim AG Cham einen entsprechenden Antrag stellen lassen.
Nach Einholung der Stellungnahme der Familienkasse vom 3.8.2010 und der des Jugendamtes des Landratsamtes Cham vom 16.8.2010, in der dieses darauf hinwies, dass es wegen der widersprüchlichen Angaben der Antragstellerin und des Antragsgegners den überwiegenden Aufenthalt T.'s nicht klären könne, wies das AG Cham den Antrag der Antragstellerin zurück. Zur Begründung führte es aus, es sei nicht möglich, eine eindeutige Zuordnung der Kindergeldberechtigung für den Zeitraum November 2007 bis Oktober 2008 zu treffen. Außerdem finde § 64 Abs. 2 S. 3 EStG in den Fällen, in denen eine Bezugsberechtigung rückwirkend zu bestimmen sei, keine Anwendung.
Gegen diesen Beschluss, der der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 27.12.2010 zugestellt worden ist, hat diese im Namen der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 19.1.2011, der vorab als Telefax am 20.1.2010 beim AG Cham eingegangen ist, Beschwerde eingelegt. Sie rügt, das AG hätte die zum Aufenthalt des Kindes angebotenen Zeugen vernehmen müssen, dann wäre eine Zuordnung möglich gewesen. Nicht ersichtlich sei, weshalb § 64 Abs. 2 S. 3 EStG hier nicht zur Anwendung kommen solle.
II.1.Da das Verfahren in der ersten Instanz nach dem 31.8.2009 eingeleitet worden ist, ist auf dieses das am 1.9.2009 in Kraft getretene neue Recht anwendbar (Art. 111 Abs. 1 FGG-RG).
Die von der Antragstellerin eingelegte Beschwerde ist statthaft. Die Bestimmung des Kindergeldberechtigten nach § 64 Abs. 2 S. 3 EStG ist nach dem neuem Recht eine Unterhaltssache (§ 231 Abs. 2 FamFG). Da diese nicht in den Katalog der Familienstreitsachen aufgenommen ist (§ 112 Nr. 1 FamFG), handelt es sich dabei um eine Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Zuständig für die Entscheidung über den Antrag auf Bestimmung des Kindergeldberechtigten ist der Rechtspfleger (§ 25 Nr. 2a RPflG). Da durch die Entscheidung des Rechtspflegers der Verfahrensgegenstand erledigt wird, handelt es sich bei dieser Entscheidung um eine Endentscheidung (§ 38 Abs. 1 FamFG), so dass gegen diese gem. § 11 Abs. 1 RPflG, § 58 Abs. 1 FamFG das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben ist (KG Rpfleger 2010, 664).
Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt worden ist, der Beschwerdewert von 600 EUR erreicht ist und die Antragstellerin durch die erstinstanzliche Entscheidung beschwert ist (§ 64 Abs. 1, Abs. 2, § 65 Abs. 1, § 63 Abs. 1, § 61 Abs. 1 FamFG, § 59 Abs. 1 FamFG, § 64 Abs. 2 S. 4 EStG). In der im angefochtenen Beschluss enthaltenen Rechtsbehelfsbelehrung wird die Beschwerdeeinlegungsfrist mit 4 Wochen angegebenen. Dies ist unzutreffend; denn die Beschwerdeeinlegungsfrist beträgt gem. § 63 Abs. 1 FamFG einen Monat. Da die Beschwerde innerhalb der angegebenen 4-Wochen-Frist eingelegt worden ist und damit die 1-Monatsfrist eingehalten ist, wirkt sich die unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung jedoch nicht aus.
2. Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg; denn das AG hat den Antrag der Antragstellerin im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen, da im vorliegenden Fall die Bestimmung des Kindergeldberechtigten nicht durch das Familiengericht zu erfolgen hat.
Gemäß § 64 Abs. 2 S. 3 EStG...