Leitsatz (amtlich)

1. Bei dem Verfahren auf Bestimmung des Kindergeldberechtigten gem. § 64 Abs. 2 Satz 3 EStG handelt es sich um eine Unterhaltssache nach § 231 Abs. 2 FamFG und zugleich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit.

Bei der Bestimmung des Kindergeldberechtigten ist für die Eröffnung der Beschwerde daher ein Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als 600 EUR erforderlich.

2. Nach § 64 Abs. 2 S. 1 EStG steht nach dem Obhutsprinzip demjenigen das Kindergeld zu, in dessen Haushalt das Kind aufgenommen ist. Nach der Systematik des § 64 EStG handelt es sich hierbei um einen vorrangigen Anspruch, über den die Familienkassen in eigener Zuständigkeit zu entscheiden haben.

 

Verfahrensgang

AG Gera (Beschluss vom 13.09.2012; Aktenzeichen 2 F 657/12)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Abteilung für Familiensachen - Gera vom 13.9.2012 - 2 F 657/12 - wird verworfen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 300 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller ist der Vater des am 5.12.1991 geborenen Antragsgegners, der bis zum 14.9.2009 in Obhut der Kindesmutter lebte. Am 15.9.2009 nahm der Antragsteller seinen Sohn in seinem Haushalt auf. Im Zeitraum vom 1.10.2010 bis einschließlich September 2011 bezog der Antragsteller das Kindergeld für den Antragsgegner, nachdem ihn die Familienkasse ... als Bezugsberechtigten bestimmt hatte. Der Antragsgegner war jedoch in diesem Zeitraum bereits nicht mehr beim Antragsteller wohnhaft. Über seinen tatsächlichen Aufenthaltswechsel wurde die Familienkasse nicht informiert. Auf die Bitte des Antragsgegners bezog der Antragsteller das Kindergeld weiterhin und reichte es nach eigenen Angaben an den Sohn weiter.

Mit Bescheid vom 19.3.2012 hob die Familienkasse ... die Bezugsberechtigung des Antragstellers rückwirkend zum 1.10.2010 mit der Begründung auf, der Antragsgegner sei zu diesem Zeitpunkt in den Haushalt der Kindesmutter zurück gewechselt, so dass sie als Kindergeldberechtigte zu bestimmen sei. Gleichzeitig wurde der Antragsteller aufgefordert, das zu Unrecht bezogene Kindergeld i.H.v. 2.024 EUR für den Zeitraum von Oktober 2010 bis August 2011 an die Unterhaltskasse zurück zu zahlen. Mit dem durch eine handschriftliche Bestätigung des Antragsgegners belegten Einwand, er habe das bezogene Kindergeld an den Antragsteller vollständig ausgekehrt, fand der Antragsteller gegenüber der Rückforderung kein Gehör.

Im Hinblick auf seinen gegen den Rückforderungsbescheid erhobenen Einspruch gegenüber der Familienkasse wurde der Antragsteller mit deren Schreiben vom 18.4.2012 darauf hingewiesen, dass "der Sachverhalt noch zu seinen Gunsten entschieden werden könne, wenn der Nachweis erbracht werde, dass das Kind im Streitzeitraum nicht im Haushalt eines Elternteils gelebt habe, kein Elternteil Barunterhalt geleistet habe und beim Familiengericht die Bestimmung des Kindergeldberechtigten nach zuvor erfolgter Antragstellung auf den Antragsteller falle (§ 64 Abs. 3 EStG)".

Die Mutter des Antragsgegners reagierte auf die Aufforderung des Antragstellers, zu bestätigen, dass sie mit der Weiterleitung des vom Antragsteller bezogenen Kindergeldes für den streitgegenständlichen Zeitraum an den Sohn einverstanden gewesen sei, nicht.

Der Antragsteller hat sodann - nach dem Umzug des Antragsgegners nach ... - am 21.5.2012 beim AG Gera einen Antrag auf Bestimmung des Bezugsberechtigten des Kindergeldes rückwirkend für den Zeitraum 1.10.2010 bis 31.7.2011 gem. § 64 Abs. 3 EStG gestellt.

Nach einem Hinweis vom 10.7.2012, dass das AG eine Entscheidung über die Bezugsberechtigung nach § 64 Abs. 3 EStG rückwirkend zum 1.10.2010 nicht treffen könne, da eine solche bereits durch die Familienkasse vorgenommen worden sei und deshalb die Zurückweisung des Antrages beabsichtigt sei, wies das Familiengericht - Rechtspflegerin - Gera den Antrag der Antragstellers zurück. Zur Begründung führte es aus, eine Kindergeldbestimmung der Kindergeldkasse zugunsten der Kindesmutter ab Oktober 2010 sei erfolgt, so dass eine Zuständigkeit des AG für eine rückwirkende Abänderung nicht gegeben sei. Außerdem finde § 64 Abs. 2 S. 3 EStG in den Fällen, in denen eine Bezugsberechtigung rückwirkend zu bestimmen sei, keine Anwendung. Den Streitwert des Verfahrens hat das AG nach § 51 Abs. 3 FamGKG auf 300 EUR festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss, der der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 19.9.2012 zugestellt worden ist, hat diese im Namen des Antragstellers mit Schriftsatz vom 19.10. Januar 2011, der vorab als Telefax am gleichen Tag beim AG Gera eingegangen ist, Beschwerde eingelegt. Sie rügt, es sei nicht nachzuvollziehen, wie angesichts des Vortrages des Antragstellers und der vorgelegten Unterlagen nachträglich eine rückwirkende Bestimmung der Kindesmutter als Bezugsberechtigte durch die Familienkasse habe erfolgen können. Gemäß § 64 EStG habe das Familiengericht eine anderweitige Bestimmung zu treffen.

D...

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