Leitsatz (amtlich)

Bei der familienpsychologischen Begutachtung in Kindschaftssachen hat der Sachverständige gemäß § 407 a Abs. 3 ZPO das Gericht zu informieren, wenn die voraussichtlichen Kosten außergewöhnlich hoch sind. Das wird man (derzeit) bei Begutachtungen ohne Fahrtaufwendungen bei ca. 9.000,00 EUR annehmen können.

 

Normenkette

ZPO § 407a Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Erlangen (Aktenzeichen 3 F 508/14)

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Erlangen vom 26.03.2018 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Mit seiner Beschwerde wendet sich der Antragsteller gegen die Zurückweisung seiner Erinnerung gegen den Kostenansatz des Amtsgerichts in einem Umgangsverfahren.

Das Amtsgericht hat in dem knapp 4 Jahre andauernden Verfahren, dessen Gegenstand die Umgangsregelung für ein zu Beginn des Verfahrens 8-jähriges Kind war, mit Beschluss vom 11.06.2014 ein Sachverständigengutachten zu der Frage in Auftrag gegeben, welcher Umgang des Kindesvaters am besten dem Kindeswohl entspricht. Mit der Begutachtung wurde der am Gerichtsort ansässige Inhaber des Lehrstuhls für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, Herr Prof. Dr. G... S..., beauftragt. Der Sachverständige teilte dem Gericht mit, dass er eine seiner Mitarbeiterinnen in die Begutachtung einbeziehen werde, wogegen keine Einwände erhoben wurden, führte Gespräche mit den Beteiligten und erfasste deren Persönlichkeit, beobachtete die Interaktion des Kindes mit beiden Eltern an jeweils zwei Terminen, explorierte das Kind und führte weitere Gespräche mit den Eltern (einzeln und gemeinsam) sowie mit drei nicht am Verfahren beteiligten Personen. Insgesamt setzte er in seiner Rechnung einen Zeitaufwand von 98:55 Stunden an, wovon 39 Stunden auf die schriftliche Abfassung des Gutachtens und 6 Stunden auf das Korrekturlesen entfielen. Die Vergütung stellte er mit Schreiben vom 12.03.2015 in Höhe von 9.891,67 EUR für den Zeitaufwand, 283,95 EUR insbesondere für Schreibauslagen (269.000 Zeichen) und Kopierkosten, sowie 1.933,37 EUR an Umsatzsteuer mit insgesamt 12.108,99 EUR in Rechnung. Für weitere Stellungnahmen und die mündliche Erörterung des Gutachtens wurden nochmals Vergütungen in Höhe von 476,00 EUR, 297,50 EUR und 476,00 EUR geltend gemacht.

Mit Beschluss vom 22.03.2018 hat das Gericht die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben und den Verfahrenswert auf 5.000,00 EUR festgesetzt. Die Hälfte der Gerichtskosten in Höhe von 73,00 EUR und der Sachverständigenkosten in Höhe von insgesamt 13.358,49 EUR wurde mit Kostenrechnung vom 26.03.2018 dem Antragsteller mit einem Betrag von 6.715,75 EUR in Rechnung gestellt.

Der Antragsteller zweifelte diese Rechnung an und wandte sich gegen den Ansatz der Sachverständigenkosten. Den Stunden zur Exploration stimme er zu. Sehr hoch erscheine ihm die Anzahl der Stunden für das Anfertigen des Gutachtens, der Sachverständige sei selbst Bindungsforscher, der sich in der Materie sehr gut auskennen müsste. Ihm seien Kosten von 2.500 EUR bis 3.000 EUR prognostiziert worden - der Antragsteller war im Hauptverfahren vertreten durch einen Fachanwalt für Familienrecht - und er sei trotz seiner angespannten Lage immer bereit gewesen, an der Begutachtung teilzunehmen.

Der Sachverständige erklärte hierzu, der Aufwand begründe sich aus dem Umfang des Gutachtens, das 150 Standardseiten a 1.800 Anschläge (das teils ohne Zeilenabstand geschriebene Gutachten umfasst 99 Seiten) umfasse, wobei der Beurteilungs- und Beantwortungsteil ca. 33 Standardseiten betrage. Ausgehend von den aktuellen Berechnungsformeln des Bayerischen Landessozialgerichts sei der Zeitaufwand für das Schreiben des Gutachtens sehr gering angesetzt. Der erforderliche Zeitaufwand sei durch fachliche Erfordernisse gerechtfertigt.

Der Vertreter der Staatskasse stützt sich ebenfalls auf die Rechtsprechung des Bayerischen Landessozialgerichts und erklärt, die angesetzte Stundenzahl sei allein schon anhand der abgerechneten Gutachtensseiten plausibel. Nach seiner Kenntnis seien die Gutachterkosten in dieser Höhe auch keineswegs unüblich. Es bestehe für das Gericht keine Pflicht, die Beteiligten über das Kostenrisiko aufzuklären. Der Kostenansatz sei weder sachlich noch rechnerisch zu beanstanden.

Das Amtsgericht hat unter Bezugnahme auf diese Stellungnahme die Erinnerung des Antragstellers mit Beschluss vom 20.06.2018 zurückgewiesen. Gegen diesen dem Antragsteller formlos übersandten Beschluss wendet er sich mit seiner am 13.07.2018 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde. Er beruft sich auf §§ 407a, 404a ZPO und rügt, der Sachverständige habe ihn zu keiner Zeit über die Höhe der zu erwartenden Kosten informiert, was seiner Meinung nach gegen die Verpflichtung aus § 407a Abs. 3 (gemeint offensichtlich a. F., jetzt Abs. 4) verstoße. Auch Schreiben des Sachverständigen an das Gericht könne kein solcher Hinweis entnommen werden. Der Sachverständige sei durch die Datenerhebung über seine wirtschaftlichen Verhältnisse bestens informiert gewesen. Der ...

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