Leitsatz (amtlich)
1. Ist bei Durchführung des Versorgungsausgleichs nach altem Recht ein Anrecht unberücksichtigt geblieben, weil es übersehen oder verschwiegen worden ist, kann der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich nicht nach § 51 VersAusglG korrigiert werden. Das Anrecht kann auch nicht nachträglich gem. § 20 VersAusglG ausgeglichen werden.
2. Zur Bestimmung einer wesentlichen Wertveränderung nach § 51 Abs. 3 VersAusglG.
Normenkette
VersAusglG §§ 51, 20
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Beschluss vom 22.08.2012; Aktenzeichen 102 F 3558/10) |
Tenor
1. Dem Antragsteller wird gegen die Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
2. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG Nürnberg - Abteilung für Familiensachen - vom 22.8.2012 - 102 F 3558/10, wird zurückgewiesen.
3. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
5. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.235,54 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der am ... 1946 geborene Antragsteller und die am ... 1945 geborene Antragsgegnerin, die beide die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, haben am 3.11.1967 in A., Republik Kasachstan, die Ehe geschlossen. Aufgrund des Antrags des Antragstellers vom 28.5.2002, der der Antragsgegnerin am 15.7.2002 zugestellt worden ist, wurde die Ehe mit Endurteil des AG Nürnberg vom 2.7.2003 - 102 F 1921/02, geschieden. Das Scheidungsurteil ist seit dem 2.7.2003 rechtskräftig.
Der Versorgungsausgleich wurde gem. § 628 Abs. 1 Nr. 4 ZPO a.F. abgetrennt und mit Beschluss vom 26.11.2004, rechtskräftig seit 8.1.2005, dahingehend geregelt, dass vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der Landesversicherungsanstalt Oberfranken und Mittelfranken auf das der Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Rentenanwartschaften von monatlich 185,99 EUR, bezogen auf den 30.6.2002, übertragen wurden. Bei diesem Ausgleich sind die Anwartschaften des Antragstellers und der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie die Anwartschaft der Antragsgegnerin bei der Bayerischen Versorgungskammer, Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden, berücksichtigt worden.
Vor ihrer Übersiedlung nach Deutschland haben der Antragsteller und die Antragsgegnerin in Russland gearbeitet. Während die vom Antragsteller aufgrund dieser Tätigkeit erworbenen Anwartschaften bei der Berechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt wurde, war dies bezüglich der von der Antragsgegnerin erworbenen Anwartschaften nicht der Fall. Sie erhält seit November 2003 eine Rente aus dem Rentenfonds der Russischen Föderation, die nicht in den Versorgungsausgleich eingeflossen ist. Diese Rente betrug 2003 1.661 Rubel 09 Kopeken. Da die Überweisung der Rente nach Deutschland nicht unerhebliche Gebühren verursacht, wird die Rente auf einem Sparbuch in Russland gutgeschrieben und von der Antragsgegnerin, wenn sich jeweils ein höherer Betrag angesammelt hat, dort abgehoben, wobei Flugkosten i.H.v. rund 800 EUR entstehen. Außerdem fallen jährlich Kosten für eine Lebensbescheinigung an, die die russische Rentenversicherung fordert (Fahrtkosten nach München zum Konsulat 29 EUR; Gebühr für Bescheinigung 20 EUR; Übermittlungskosten 12 EUR).
Mit dem vorliegenden Antrag macht der Antragsteller wegen der Nichtberücksichtigung der russischen Rente der Antragsgegnerin die Abänderung der Entscheidung zum Versorgungsausgleich vom 26.11.2004 - 102 F 1921/02, geltend mit dem Ziel, dass der Versorgungsausgleich insgesamt so geregelt wird, wie es rechtens ist.
Mit Beschluss vom 22.8.2012 hat das AG den Antrag des Antragstellers abgewiesen und ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das AG ausgeführt, eine Änderung komme nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 51 VersAusglG nicht vorliegen würden. Auch ein Anspruch auf eine schuldrechtliche Ausgleichsrente nach § 20 VersAusglG bestehe nicht. Dieser Anspruch scheitere bereits an der Geringfügigkeitsgrenze des § 18 Abs. 2 VersAusglG. Am Ende der Ehezeit hätte der Ausgleichswert nur ca. 20 EUR betragen. Hinzu komme, dass die Antragsgegnerin erhebliche Kosten aufwenden müsse, um in den Genuss der Rente zu gelangen.
Gegen diese Entscheidung, die der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 8.10.2012 zugestellt worden ist, hat diese im Namen des Antragstellers mit Schriftsatz vom 8.11.2012, der am 10.11.2011 beim AG Nürnberg eingegangen ist, Beschwerde eingelegt und diese sogleich begründet. Mit Schriftsatz vom 9.11.2012, der vorab als Telefax am gleichen Tag beim AG eingegangen ist, hat sie darüber hinaus unter Hinweis darauf, dass sie am Abend des 8.11.2012 die Beschwerde an das Faxgerät des AG Nürnberg mit der Faxnummer 321-2877 gesendet, das Faxgerät aber nicht funktioniert habe, und Vorlage einer entsprechenden eidesstattlichen Versicherung gegen die Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt...