Leitsatz (amtlich)
1. Ansprüche nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen hat – vom Ausnahmefall des § 11 StrEG abgesehen – nur der frühere Beschuldigte selbst, nicht aber ein Drittgeschädigter.
2. Entschädigung steht dem Beschuldigten nur insoweit zu, als er durch die Strafverfolgungsmaßnahme in eigenen Rechten beeinträchtigt wurde; einen bloßen „Reflexschaden” als Folge einer Maßnahme gegen Dritte bekommt er nicht ersetzt.
3. Wird durch eine Strafverfolgungsmaßnahme eine GmbH geschädigt, deren Alleingesellschafter der Beschuldigte ist, so kommt ein eigener Anspruch des entschädigungsberechtigten Beschuldigten („gesellschafterfreundlicher Durchgriff”) nur dann in Betracht, wenn die Maßnahme dessen eigenen Rechte, nicht jedoch schon dann, wenn sie allein Rechte der Gesellschaft beeinträchtigt hatte (hier: Beschlagnahme von GmbH-Eigentum).
4. Im gerichtlichen Verfahren nach § 13 StrEG kann der Berechtigte nur solche Ansprüche geltend machen, die er bereits im vorgeschalteten Justizverwaltungsverfahren angemeldet hatte.
Normenkette
StrEG §§ 2, 10, 13
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 4 O 3139/02) |
Tenor
Die Beschwerden des Klägers gegen die Beschlüsse des LG Nürnberg-Fürth vom 29.4.1002 (Versagung von Prozesskostenhilfe; Ablehnung der Befreiung vom Gebührenvorschuss) werden zurückgewiesen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe ist zulässig (§ 127 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 n.F. ZPO), ebenso die Beschwerde gegen die Ablehnung der Befreiung vom Gebührenvorschuss (§§ 6, 65 GKG). Beide Rechtsmittel haben jedoch keinen Erfolg.
I. Sachverhalt
Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth – Zweigstelle Erlangen – ermittelte gegen den jetzigen Kläger wegen Verdachts der Ausspähung von Daten. Auf Grund eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses des AG Erlangen durchsuchte die Kriminalpolizei am 2.5.1996 die Wohn- und Geschäftsräume des Beschuldigten in R.D. 4. Dort betrieb der Beschuldigte als Alleingesellschafter und zugleich Geschäftsführer die ASD A.S.D. GmbH (im Folgenden: ASD GmbH). Bei der Durchsuchungs-Aktion beschlagnahmte die Polizei u.a. drei Personalcomputer, zwei Monitore, zwei Tastaturen, einen DAT-Streamer, einen Nadeldrucker, ein Modem, eine PC-Maus sowie Computersoftware (Disketten und CDs). Nach Abschluss der Ermittlungen erhob die Staatsanwaltschaft gegen den Beschuldigten Anklage. Der Angeklagte wurde jedoch vom AG Erlangen am 12.5.1999 freigesprochen. Die Berufung der Staatsanwaltschaft blieb ohne Erfolg.
Der Kläger erhielt die beschlagnahmte Software im November 1999 zurück, die übrigen Gegenstände im zweiten Halbjahr 2000. Inzwischen befand sich die ASD GmbH in Liquidation; nach Angaben des Klägers hatte sie bereits im Mai 1996, kurz nach der Beschlagnahmeaktion, ihren Geschäftsbetrieb eingestellt.
Im Rahmen des Berufungsurteils entschied das LG Nürnberg-Fürth, dass der Angeklagte für den durch die Beschlagnahmemaßnahme entstandenen Schaden aus der Staatskasse zu entschädigen sei (LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 9.6.2000 – 10 Ns 902 Js 142273/96).
Im Betragsverfahren nach § 10 StrEG (Az. 10 AR 232951/00) verlangte der Kläger mit Antrag vom 11.6.2001 eine Entschuldigung von 6,6 Mio. DM. Der Generalstaatsanwalt in Nürnberg lehnte den Antrag mit Bescheid vom 14.1.2002, zugestellt am 18.1.2002, ab.
Am 16.4.2002 (Eingang bei Gericht) erhob der Kläger Klage „wegen Entschädigung nach dem StrEG”. Er beantragte, den Freistaat Bayern zur Zahlung von 793.422,58 Euro zu verurteilen (davon 5.834,35 Euro für den Wertverlust der beschlagnahmten Gegenstände, 37.588,23 Euro für nutzlos aufgewendete Programmierer-Kosten, 750.000 Euro für den entgangenen Gewinn). Außerdem beantragte er Prozesskostenhilfe sowie Befreiung von der Vorauszahlung der Gerichtsgebühren.
Mit jeweils gesondertem Beschluss lehnte das LG Nürnberg-Fürth am 29.4.2002 die beiden zuletzt genannten Anträge ab. Gegen beide Beschlüsse legte der Kläger Rechtsmittel ein.
In seiner Beschwerdebegründung trägt der Kläger ergänzend vor, dass ihm durch die Einstellung des Geschäftsbetriebs der ASD GmbH auch noch ein Geschäftsführergehalt von 109.723,24 Euro entgangen sei. Anscheinend will er diesen Nachtrag nur als zusätzliche Untermauerung seines Klageantrags verstanden wissen; jedenfalls blieb der ursprünglich formulierte Klageantrag unverändert. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte geht der Senat davon aus, dass der Kläger diesen zuletzt vorgetragenen Anspruch auch letzter Stelle geltend machen will (ein Offenlassen der Reihenfolge wäre unzulässig; vgl. BGH v. 10.11.1986 – II ZR 140/85, MDR 1987, 384 = NJW 1987, 1077 [1078]; Zöller/Greger, 23. Aufl., § 253 ZPO Rz. 15 m.w.N.).
II. Entscheidungsgründe
Das LG hat die Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt, weil die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO). Hinsichtlich des Wertersatzes für die beschlagnahmten Büro-Gegenstände (nachfolgend Nr. 1), der Aufwendungen für die beiden Programmierer (Nr. 2) und des entgangenen Gewinns aus dem ge...