Leitsatz (amtlich)
Wenn eine Partei die Gestellung eines sachverständigen Zeugen zu einem Gerichtstermin für erforderlich halten durfte, kann sie die Erstattung der hierdurch entstandenen Auslagen bis zu der Höhe verlangen, in der der sachverständige Zeuge bei einer Heranziehung durch das Gericht nach dem JVEG zu entschädigen gewesen wäre.
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 04.04.2011) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 4.4.2011 abgeändert.
II. Die von den Antragsgegnern als Gesamtschuldner an den Antragsteller nach dem Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 25.2.2011 zu erstattenden Kosten werden auf 1.220,94 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 9.3.2011 festgesetzt.
III. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
IV. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
V. Der Beschwerdewert beträgt 657,68 EUR.
Gründe
I. Die zulässige Beschwerde ist nur teilweise begründet.
1. Der Antragsteller durfte die Gestellung des Sachverständigen T. zum Verhandlungstermin am 25.2.2011 für erforderlich halten, so dass die ihm dadurch entstandenen Auslagen dem Grunde nach erstattungsfähig sind. Die Antragsgegner hatten in der Widerspruchsbegründung vom 28.12.2010 geltend gemacht, dass der Antragsteller die Nutzung der Pachträume dadurch unmöglich gemacht habe, dass er mit der Folge eines Wasserschadens das Wasser abgestellt habe. Dies wollte der Antragsteller durch die Aussage von T. widerlegen. Im auf einstweilige Verfügung gerichteten Verfahren erfolgt die Beweisaufnahme im Wege der Glaubhaftmachung (§ 936, § 920 Abs. 2 ZPO), so dass nur präsente Beweismittel statthaft sind (§ 294 Abs. 2 ZPO). Der Antragsteller musste sich nicht darauf beschränken, lediglich eine schriftliche eidesstattlich versicherte Erklärung von T. vorzulegen. Dass es schließlich nicht zu dessen Vernehmung kam, spielt für die maßgebliche Betrachtung ex ante keine Rolle (vgl. zum Ganzen Zöller/Herget, 28. Aufl. 2010, § 91 ZPO Rz. 13 "Zeugenauslagen"; MünchKomm/Giebel, 3. Aufl. 2008, § 91 ZPO Rz. 149; OLG Koblenz: Beschl. v. 27.3.1986 - 14 W 269/86, MDR 1986, 856; Beschl. v. 2.6.1997 - 14 W 292/97, MDR 1997, 888; Beschl. v. 29.7.1997 - 14 W 436/97, Rz. 4 nach juris).
2. Die Höhe der erstattungsfähigen Kosten der Gestellung bestimmt sich wie bei einer vom Gericht herangezogenen Person nach dem JVEG (Zöller/Herget, a.a.O.; OLG Frankfurt, Beschl. v. 7.3.1983 - 20 W 80/83, JurBüro 1983, 1253). Eine solche Begrenzung ist zum Schutz der Gegenpartei unerlässlich und für die Entschädigung einer Partei in § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO ausdrücklich vorgesehen (OLG Hamburg, Beschl. v. 20.1.1975 - 8 W 5/75, MDR 1975, 499). Es ist auch nicht einzusehen, weshalb eine von einer Partei gestellte Person höher entschädigt werden sollte als eine gerichtlich geladene (OLG Hamburg, a.a.O.). In Betracht käme eine Abgrenzung danach, ob die Veranlassung einer gerichtlichen Ladung gangbar gewesen wäre (vgl. KG, Beschl. v. 11.2.1975 - 1 W 1352/74, NJW 1975, 1423). Sie ist aber deshalb untauglich, da die hypothetische Beurteilung, ob das Gericht die Ladung tatsächlich ausgesprochen hätte, häufig nicht möglich sein wird.
3. Der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige T. wäre bei seiner Heranziehung durch das Gericht gem. § 8 Abs. 1 u. 2, § 9 Abs. 1, § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 JVEG zu entschädigen gewesen. Es ist davon auszugehen, dass er nicht nur zu seinen Tatsachenwahrnehmungen, sondern auch zu auf seiner Sachkunde beruhenden Schlussfolgerungen befragt worden wäre (vgl. Zöller/Greger, 28. Aufl. 2010, § 414 ZPO Rz. 3).
Aus § 9 Abs. 1 JVEG und seiner Anlage 1 ergibt sich die Honorargruppe 4 (Heizungstechnik, Wasserversorgung) und damit ein Stundenhonorar von 65 EUR. Der Zeitaufwand bei Gericht von 9.45 Uhr bis 13.15 Uhr ist nachvollziehbar, da auf 10.30 Uhr terminiert war und die Sache um 12.45 Uhr aufgerufen wurde. Für einschließlich Fahrtzeit 4,5 Stunden errechnet sich somit ein Gesamthonorar von 292,50 EUR. Der Fahrtkostenersatz für 21 km à 0,30 EUR hätte sich auf 6,30 EUR belaufen (§ 5 Abs. 2 S 1 Nr. 2 JVEG). Der Gesamtentschädigung von 298,80 EUR ist lediglich noch die Umsatzsteuer von 56,77 EUR hinzuzurechnen, da weitere besondere Aufwendungen gem. § 12 JVEG nicht angefallen sind.
Dem Antragsteller sind also 355,57 EUR zu erstatten und nicht der ihm vom Sachverständigen in Rechnung gestellte Betrag von 657,68 EUR.
II. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen gem. § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Fundstellen
NJW-RR 2011, 1292 |
MDR 2011, 889 |
AGS 2011, 515 |
NJW-Spezial 2011, 430 |
RVGreport 2011, 434 |
PAK 2012, 20 |